2024-05-02T16:12:49.858Z

Querpass
– Foto: Paul Krier

Niederkorn träumt vom nächsten Coup gegen die Rangers

Fußball-Europa-League: Früherer Zweitligatrainer des FC St. Pauli und zwei Dortmunder Talente treffen mit ihrem Luxemburger Club nun auf schottischen Rekordmeister. - UPDATE: Auch Johannes Steinbach und Jeunesse Esch sind weiter.

So schön kann eine Niederlage sein: Das 1:2 gegen den irischen Vertreter Cork City sorgte für Begeisterung im Süden von Luxemburg und reichte Progrés Niederkorn am Donnerstagabend, um in die zweite Qualifikationsrunde zur Europa League einzuziehen, schließlich hatte das Team des gebürtigen Frankfurters und früheren Zweit- und Drittligatrainers des FC St. Pauli und des FSV Frankfurt, Roland Vrabec, das Hinspiel auf der Grünen Insel in der Woche zuvor mit 2:0 gewonnen.

Nun geht es bereits am kommenden Donnerstag, 20.45 Uhr, weiter – mit dem Gastspiel beim schottischen Rekordmeister Glasgow Rangers. Erinnerungen werden nun wach an den 4. Juli 2017: Vor 5534 Zuschauern im hauptstädtischen Josy-Barthel-Stadion bezwang Progrés seinerzeit die Schotten sensationell mit 2:0 und schaltete sie damit nach dem 0.1 im Hinspiel aus. „Diese Partie hat unseren Verein verändert“, stellt Club-Präsident Fabio Marochi fest. Er komme viel durch Europa, und „seitdem wissen auf einmal relativ viele Leute, wo Niederkorn liegt“.

Durch die Erfolge in der Europa-League-Vorqualifikation gegen das Team von Cardiff Metropolitan University und nun gegen Cork flossen bereits knapp 500 000 Euro an Prämien der Uefa in die Kassen von Progrés. „Das ist Geld, was wir nicht unbedingt eingeplant haben. Es hilft uns aber weiter, unseren Standard zu halten und sogar auszubauen“, sagte Marochi kurz nach dem Abpfiff der Partie, welche vor 1927 Zuschauern im zumindest für die ersten internationalen Runden tauglichen Differdinger Stadion des Lokalrivalen FC 03 stattfand. Für das Rückspiel gegen die Rangers am Donnerstag, 1. August, 20 Uhr, muss Progrés indes erneut in die Hauptstadt ausweichen.

Auf der Suche nach einem Coach, der die immer größer werdende Zahl der Vollprofis im Kader auch vormittags trainieren kann, streckte Marochi („Ich bin ein großer Fan der Bundesliga“) seine Fühler vor einigen Wochen nach Deutschland aus. In den Gesprächen des zuletzt beim liechtensteinischen Verein FC Vaduz in der zweiten Schweizer Liga tätigen Roland Vrabec habe er „schnell gemerkt, dass die Chemie zwischen uns stimmt“.

Torwart lobt die "deutsche Mentalität" des Trainers

Der ab November 2013 und ab Sommer 2016 bis zu seinen Beurlaubungen für jeweils rund ein dreiviertel Jahr beim FC St. Pauli und dann beim FSV Frankfurt tätige Vrabec sieht das Engagement im beschaulichen Großherzogtum keinesfalls als Karriereknick: „Der Verein ist sehr ambitioniert. Wir haben hier einiges vor, und sehen unsere Chance, näher an die Spitze heranzurücken.“ Der lothringische Torwart Sebastian Flauss, der dem phasenweise nervös wirkenden Niederkorner Team am Donnerstag viel Sicherheit verlieh, lobt den neuen Trainer. „Er ist ein super Coach. Er vermittelt uns die deutsche Mentalität und arbeitet sehr professionell“, betont der 29-Jährige, früher unter anderem auch in Diensten des 1. FC Saarbrücken und der SV 07 Elversberg.

Die Dominanz des Serienmeisters F91 Düdelingen, der nach dem K.o. in der Champions League gegen die Malteser vom FC La Valetta (2:2, 1:1) nun genauso wie Niederkorn in der Europa League weiterspielt und hier bereits am Dienstag im Hinspiel beim nordmazedonischen Vertreter KF Shkëndija antritt, scheint in Luxemburg nach zahlreichen Spielerabgängen vorüber. „Wir setzen uns nicht unter Druck, würden aber schon gerne mal wieder einen Titel erreichen“, lässt Vereinsboss Marochi durchblicken. Der letzte von drei Meistertiteln liegt bereits 38 Jahre zurück, und nach 1978 wurde der Landespokal nicht mehr gewonnen.

Auf dem Weg zu neuen Erfolgen sollen auch zwei deutsche Spieler helfen, die bei Borussia Dortmund ausgebildet wurden: Der heute 27-jährige Christian Silaj kam als BVB-Nachwuchshoffnung einst sogar in den DFB-Juniorenteams zum Einsatz, ging dann zum VfL Bochum II. Als der Zweitligist seine zweite Mannschaft auflöste, war der Mittelfeldspieler aber auf einmal vereinslos.

Mit Lampenfieber in den Ibrox-Park

Über das seinerzeit noch in der zweiten Luxemburger Liga spielende Titus Petingen – der in Schillingen lebende Spielerberater Nico Klemens stellte den Kontakt her – kämpfte sich Silaj wieder heran und kam in der Sommerpause genauso nach Niederkorn wie Kempes Waldemar Tekiela (21)– dessen erster Vorname auf den früheren argentinischen Weltmeister Mario Kempes zurückzuführen ist („Meine Mutter war ein Fan von ihm“). Nach einem schwierigen Jahr bei Borussia II in der Regionalliga West, das für ihn von Verletzungen geprägt war, will er nun in Luxemburg wieder festen Boden unter die Füße bekommen. Dem Duell nächste Woche im wohl sehr gut gefüllten, rund 50 000 Zuschauer fassenden Ibrox-Stadion blickte er bereits kurz nach dem Spiel gegen Cork City „mit Lampenfieber“ entgegen. Die Rangers werden seit rund einem Jahr von Liverpool-Legende Steven Gerrard trainiert. Präsident Marochi sieht das Team des schottischen Nobelclubs „besser als vor zwei Jahren“. Seinerzeit waren die Rangers gerade erst wieder ein Jahr erstklassig, nachdem man aus wirtschaftlichen Gründen in die vierte Liga zwangsversetzt worden war und in Windeseile den Durchmarsch geschafft hatte.

Doch in Niederkorn vertrauen sie auch den eigenen Stärken – und die Erinnerung an den 4. Juli 2017 wird ihnen helfen, viel Mut für die Begegnungen mit den Rangers zu schöpfen.

Extra:

Jeunesse Esch und Johannes Steinbach treffen nun auf Guimaraes

(AA) Neben Progrés Niederkorn und Meister F91 Düdelingen (siehe Artikel links) hat der Luxemburger Fußball noch ein weiteres Eisen im Feuer: Jeunesse Esch mit dem aus Bitburg stammenden und in Trier lebenden Verteidiger Johannes Steinbach trotzte dem kasachischen Team von FK Tobol Kostanay nach dem 0:0 im Hinspiel im Retourmatch ein 1:1 ab und kam aufgrund der Auswärtstorregel eine Runde weiter. Auch von der 1:0-Führung der favorisierten Gastgeber ließen sich die Gäste nicht beeindrucken und kamen durch einen von Mehmet Arslan verwandelten Foulelfmeter nach knapp einer Stunde zum verdienten Ausgleichstreffer. „Wir standen sicher, waren aber auch gefährlich im Spiel nach vorne. Es war eine starke Leistung von uns“, sagte der 27-Jährige. Die Reisestrapazen nach Zentralasien hatte er im Telefonat mit dem TV am Freitagmorgen schon gut weggesteckt – und das wohl auch wegen der Euphorie ob des nächsten Gegners: Steinbach blickt nämlich nun „einem absoluten Highlight in meiner Laufbahn als Fußballer“ entgegen: Am kommenden Donnerstag, 20 Uhr, trifft die Jeunesse im hauptstädtischen Josy-Barthel-Stadion im Hinspiel der zweiten Qualifikationsrunde auf das portugiesische Topteam von Vitoria Guimaraes.

Das von Jeff Strasser trainierte Fola Esch ist dagegen ausgeschieden: Nach dem 1:2 im Hinspiel bezog man im Rückspiel in Georgien eine Niederlage in gleicher Höhe gegen das Team von Chikhura Sachkhere.

Aufrufe: 019.7.2019, 09:27 Uhr
Andreas Arens Autor