Die Hände hatte er in die Hüften gestemmt, und die Augen funkelten. Fast war man geneigt zu sagen: gut, dass die gegnerischen Spieler bereits in der Kabine waren. Wer weiß: sonst wäre ihnen Giuseppe Ricciardi womöglich auch hier noch, 50 Meter abseits des Rasens und eine gute Viertelstunde nach dem Abpfiff, in den Weg gegrätscht.
Wie würden sich die Verbandsliga-Fußballer von Calcio Leinfelden-Echterdingen nach ihren zwei zuletzt völlig missratenen Auftritten präsentieren? Welche Reaktion zeigt die Mannschaft auf das 1:6-Desaster vor Wochenfrist in Ilshofen? Das waren die spannenden Fragen gewesen. Die Antworten gab der Aufsteiger am Samstagnachmittag. An dem zwang der ambitionierte Liganeuling den bisherigen Tabellendritten TSG Backnang auf eigenem Platz mit 2:1 in die Knie. Es handelte sich um keine Darbietung für Ästheten, aber eine des Willens und der Entschlossenheit, die eine klare Botschaft beinhaltete. Diese lautet: Krise? Welche Krise? Wir hatten und haben keine Krise.
„In Ilshofen haben wir kollektiv versagt“, sagte der Kapitän Ricciardi, „heute aber hat die Mannschaft Charakter gezeigt und als Team gewonnen.“ In die gleiche Kerbe schlug der Trainer Cataldo Diletto, er mit spürbarer Genugtuung. „Die Mannschaft ist, wie für jeden zu sehen war, intakt – es gibt keinen Bruch“, konstatierte er. Und dazu passte es denn auch, dass die Echterdinger am Ende hüpfend im Kreis mit beschwörenden „Calcio, Calcio!“-Rufen ihren siebten Saisonsieg feierten, zwei kickende Kollegen, die nur unter den Zuschauern geweilt hatten, inklusive.
Dass der Name Nektarios Malamidis auf dem Aufstellungsbogen fehlte, hatte bei aufmerksameren Beobachtern bereits die Antennen nach oben gehen lassen. Just einer jener beiden Spieler, die Diletto am vorherigen Spieltag quasi öffentlich abgewatscht hatte, indem er sie bereits nach 19 Minuten vom Platz holte. Dieser Vorfall also doch nicht abgehakt? Gar schon wieder ein eigentlicher Leistungsträger, der im Streit die Brocken hingeworfen hat? Irrtum. Der Abwehrchef tauchte später dick eingepackt auf und bestätigte so die offizielle Version vom grippalen Infekt.
Schwerer wiegt die Angelegenheit bei Denis Berger. Was den einstigen Zweitliga-Profi betrifft, werden keine Zeit und Medikamente mehr helfen. Der 33-Jährige hat den Verein im Vorfeld der Partie über sein Karriereende informiert – und zwar sein sofortiges. Ein Ausstieg aus „familiären Gründen“, wie der Spieler selbst sagt. Berger wird im Dezember zum zweiten Mal Vater. Der fußballerische Aufwand sei ihm eigentlich schon seit längerem zu groß. Laut Diletto „ist das sehr schade, doch unter Freunden muss man eine solche Entscheidung respektieren“.
Es war dies nebst einem späten Gelb-Rot-Platzverweis von Niko Zalac der Wermutstropfen, der in den Freudenkelch träufelte. Auf dem Feld hatte Berger freilich auch in den vergangenen Partien schon ausgesetzt. Dort vertraute Diletto aktuell neunfach der jüngsten Pleitenstartelf – für neun seiner Akteure also die Gelegenheit zur prompten Rehabilitation. Die entsprechende Absicht demonstrierte Calcio von der ersten Sekunde an. Kämpfen, kratzen, beißen: das war die Devise. Das Ensemble der vielen fußballerisch überdurchschnittlich Begabten offenbarte, angeführt von einem rackernden Ricciardi, dass es sich bei Bedarf auch auf die rustikaleren Tugenden versteht.
Und irritieren ließen sich die Gastgeber dabei diesmal auch durch einen erneuten Rückstand nicht. Nach dem 0:1 von Luca Jungbluth schüttelten sie sich nur kurz und schlugen zurück. Vorausgegangen war dem Treffer ein vom Gegner abgefangener Pass Volkan Candans, worauf die Backnanger schnell konterten (31.).
Hervorheben konnte man schließlich zwei Spieler, die zuletzt nur Nebenrollen bekleidet hatten. Erstens: Mahir Ege. Der Youngster, in der Aufstiegssaison noch Stammkraft, seit dem Sommer aber im forcierten internen Konkurrenzkampf ins zweite Glied gerutscht, nutzte seine neue Chance. Er wartete in der Abwehrzentrale mit einer höchst konzentrierten Leistung auf. Nicht zuletzt dank Ege kamen die Gäste in der streckenweise hektisch-zerfahrenen Partie zu kaum weiteren nennenswerten Tormöglichkeiten.
Zweitens: Shkemb Miftari. Der nach wie vor Führende der Ligaschützenliste vermochte seine persönliche Flaute zwar nicht zu beenden. Auch im fünften Spiel nacheinander gelang ihm kein Tor. Doch agierte er in einer deutlich ansteigenden Form und bereitete beide Calcio-Treffer vor. Das Strickmuster war dabei zweimal das gleiche: gewonnener Miftari-Zweikampf auf der Außenbahn, Miftari-Flanke in den Strafraum – dort besorgten dann Gökhan Gümüssu beziehungsweise Sidy Niang den Rest (34./54.).
Nebenbei obsiegte Miftari damit in gewisser Weise auch im Torjägerduell – dies allerdings kampflos. Der Backnanger Ballermann vom Dienst, Mario Marinic, hatte wegen einer Bänderdehnung im Knie kurzfristig passen müssen. Gestik und Mimik von Ricciardi und Co. freilich verrieten: auch wenn der Mann dabei gewesen wäre, er hätte an diesem Spieltag einen schweren Stand gehabt.
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