Nach dem Regen der letzten Tage scheint wieder die Sonne. Die vier Herren atmen durch und sammeln sich auf der Anhöhe, die den sandigen Nebenplatz einfasst. Auf der ihnen gegenüberliegenden Seite kauern Trainer und Ersatzspieler auf den Bänken im Schatten. An Ostern, erinnert sich einer in Jeansjacke, da hatte es auch schon mal dreißig Grad. Ja, früher, sagen die Gesichter in der Runde.
Früher war es auch beim ASC Boxdorf mal besser. Einer der erfolgreichsten Nürnberger Fußballvereine sei man gewesen, habe in den 70ern an der Tür zur vierten Liga geklopft, erzählt Benjamin Igel. Der Aufstellungsbogen verrät: Mit der Nummer zehn steht Igel, damals noch nicht geboren, heute in der Startelf. Doch auf dem B-Platz läuft das Derby gegen den 1. FC Kalchreuth bereits, er hat sich beim Aufwärmen verletzt.
Bis auf ein paar Tritte gibt es in der ersten Halbzeit nichts zu sehen, Igel hat also Zeit zu reden. Es geht dabei weniger um das Gestern als um das Morgen – und vor allem um diesen einen Namen, mit dem die Boxdorfer zuletzt für Aufsehen gesorgt haben.
„Wir wollen langfristig etwas aufbauen mit ihm“, sagt Igel über Alexander Eberlein. „Hier als Spielertrainer anzufangen, ist für ihn eine besondere Herausforderung.“ Igel weiß das, weil der Mann, um den es hier geht, mit seiner Schwester verheiratet ist. Man muss sich Eberlein nicht als einen altgedienten Recken vorstellen, der nun in einer unteren Klasse seine Karriere ausklingen lassen will. Der gebürtige Gründlacher ist 27, im besten Fußballeralter also, für die Münchner Löwen spielte er schon in Liga zwei, zuletzt war er Kapitän vom Drittligisten Wacker Burghausen. Dann entschied er, dass ein Leben nach dem Profifußball beginnen soll. Er kehrte zurück in die Heimat; erst zum TSV Buch, in die Landesliga, in der nächsten Saison folgt dann der Schritt zum Nachbarn: „Ein wenig hat die Entscheidung für Boxdorf schon auch mit mir zu tun“, sagt Igel, „aber entscheidend war unser Konzept für die kommenden Jahre.“
Jenes Konzept ist ein durchaus sympathisches in Zeiten, in denen bereits im Amateurfußball tradierte Vereinsbindungen aufgeweicht werden — auch, weil schon in unteren Klassen der ein oder andere Euro fließt. „Wir wollen Spieler, die aus Boxdorf und der näheren Umgebung stammen, wieder zurücklocken“, erklärt Igel. In Schwaig, Stadeln, Eltersdorf, Buch seien die verstreut, einige talentierte Fußballer darunter. „Manche haben schon signalisiert, dass sie sich das vorstellen können.“ Eberlein soll dabei Zugpferd und Anführer sein. Zudem, davon ist Igel überzeugt, sei der ASC eine gute Wahl, um erste Erfahrungen als Trainer zu sammeln: „Bei uns ist der Druck nicht so groß: In der Landesliga hat man nicht so lange Geduld, wenn es nicht gleich klappt mit den Ergebnissen. Das ist in der Kreisklasse oder Kreisliga anders.“
Kreisklasse oder Kreisliga — diese letzte Frage ist für Boxdorf noch zu klären, bevor der Neue kommt. Zur Winterpause hat man sie eigentlich schon so gut wie beantwortet: Zu groß war der Abstand auf das rettende Ufer. Zuletzt aber folgten sieben Punkte aus drei Spielen — darunter zwei Siege gegen Spitzenteams dieser Liga, in der ohnehin jeder jeden schlagen kann. Der Glaube keimte wieder auf. Am Ende dieses 24. Spieltags aber ist die Stimmung in Boxdorf wieder etwas trüber; so wie der Himmel, der zu Beginn der zweiten Hälfte zuzieht.
Denn das, was nach der Pause auf dem Platz passiert, ist für den ASC wenig erbaulich. Für die Führung der Gäste sorgt, wie für alles Erwähnenswerte in dieser Partie, ein ruhender Ball. Giering führt ihn aus dem Halbfeld so aus, wie man ihn auszuführen hat: lang gezogen aufs Eck. Keeper Bär kann aufgrund der heranrauschenden Angreifer erst spät reagieren. Drei Minuten später stellt der Kalchreuther Wallinger seinen Körper zwischen Gegenspieler und den Ball: Elfmeter, eine korrekte Entscheidung, auch wenn es die Boxdorfer nicht wahrhaben wollen. Lutz netzt das Spielgerät trocken ein. Dann gibt es noch eine halbe Stunde Zähes, bevor die erste Pleite des Jahres offiziell ist.
Zehn Punkte Rückstand sind es nach diesem Samstag, bei zehn ausstehenden Spielen: „Wir versuchen weiterhin, das Unmögliche zu schaffen. Sollten wir aber absteigen, ist das Ziel der sofortige Wiederaufstieg“, sagt Igel, der in der kommenden Saison für die Reserve zuständig sein wird. „Der Kader bleibt im Großen und Ganzen zusammen, unabhängig von der Ligenzugehörigkeit.“
Das gleiche gilt wohl auch für den Herrentreff auf der Anhöhe. „Wenn’s net läfft, dann läffts net“, stellt der Mann in Jeansjacke zum Abschied fest. Ja, da wird was dran sein, nicken die Köpfe in der Runde. Dann machen sich die vier fröstelnd auf den Heimweg.
Zwei Tage später, am Ostermontag, wird der ASC Boxdorf auch gegen den SC Germania verlieren (0:5). Die Familienzusammenführung wird kommende Saison wohl in der Kreisklasse stattfinden.