2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Vllaznim Dautaj hat aus seiner Erkrankung gelernt.
Vllaznim Dautaj hat aus seiner Erkrankung gelernt. – Foto: Marc Schütz/Klaus Schuster

»Ich hatte starkes Stechen im Herzen«

Was Vllaznim Dautaj, der Stürmer von Hassia Bingen, aus seiner Herzmuskelentzündung lernte

Alzey. Kuriert Erkältungen aus – das ist der eindringliche Appell von Vllaznim Dautaj an aller Sportlerinnen und Sportler. Eine Herzmuskelentzündung hat den Oberliga-Fußballer von Hassia Bingen darüber belehrt, sorgsamer auf die Gesundheit zu achten.

Herr Dautaj, Sie pausieren seit Juni. Was ist los?

Ja, leider. Im Juni hatte ich die Herzmuskelentzündung. Nachdem die überstanden war, stieg ich zu früh ins Mannschaftstraining bei Hassia Bingen ein und überforderte mich. Die Muskulatur, so weiß ich heute, war noch nicht stabil genug. Konsequenzen hatte es fürs Knie, an dem ich mir den Innenmeniskus verletzte. Das Problem musste operativ behoben werden. Jetzt hoffe ich, dass ich vielleicht Ende der Hinserie wieder spielen kann.

Sie sind 30 Jahre, spielen fast genauso lange Fußball. Hatten Sie schon mal eine so lange Verletzungspause?

Die längste war während meiner Regionalliga-Zeit bei Waldhof Mannheim. Damals war das Syndesmoseband gerissen. Die Situation damals ist mit der aktuellen aber nicht vergleichbar.

Wieso?

Beim Syndesmoseband wusste ich, dass ich nach drei, vier Monaten wieder auf dem Platz stehen würde und Fußball spiele. Das war bei dieser Herzmuskelgeschichte ganz anders. Da sagt Dir niemand, das braucht so und so lange, um zu heilen. Die Ärzte lassen das offen, der Heilungsprozess ist nicht vorhersehbar. Insofern bist Du als Sportler im Ungewissen und das quält.

Herzmuskelentzündung – was dachten Sie, als man Ihnen diese Diagnose eröffnete?

Schock. Aber nur kurz. Mir wurde schnell klar, dass diese Diagnose weitaus besser war, als das, was im Vorfeld vermutet worden war. Da verspürte ich eine Erleichterung.

Was war vermutet worden?

Ins Krankenhaus kam ich mit dem Verdacht auf Herzinfarkt. Ehe das ausgeschlossen war, hatte ich schwere Stunden. Da kreisen beispielsweise die Gedanken im Kopf, dass man nie wieder so Fußball spielen kann, wie ich das vorher gemacht hatte.

Wie haben Sie sich diese Herzmuskelentzündung eingehandelt?

Dafür war ich selber verantwortlich. Die Erkrankung ist Folge verschleppter Erkältungen. Ich habe diese Infekte nie richtig auskuriert. Ich stieg regelmäßig zu früh ins Training und ins Spiel ein. Das muss ich mir ankreiden. Heute kann ich nur jedem raten, sobald man sich erkältet hat, keinen Sport zu treiben. Macht nicht den gleichen Fehler, den ich gemacht habe.

Wie äußerte sich die Erkrankung?

Nachts habe ich ein sehr intensives Stechen im Herzen gehabt. Das war so schlimm, dass ich Atemnot bekam. Ich stand auf, lief ein bisschen durchs Zimmer, weil ich dachte, es käme vom Rücken. Es wurde zwar nicht besser, ich legte mich aber zurück ins Bett und schlief ein. Am nächsten Morgen, sonntags, war es besser. Ich habe mir nichts dabei gedacht, sonst wäre ich gleich ins Krankenhaus gegangen. So aber wartete ich auf Montag, ehe ich zum Hausarzt ging.

Und der meinte was?

Er machte mit mir ein EKG und nahm Blut. Als die Ergebnisse vorlagen, kam er total aufgelöst zu mir. Die Werte seien sehr, sehr schlecht, eröffnete er mir. Sie legten den Verdacht auf Herzinfarkt nahe. Er orderte sofort den Notarzt und einen Krankenwagen. Per Rettungshubschrauber ging es dann ins Krankenhaus nach Worms.

Und dort wurden dann die erforderlichen Untersuchungen gemacht?

Genau.

Sie sind 30 Jahre, was ging Ihnen während der Untersuchungen durch den Kopf?

Man liegt da, hängt an Schläuchen und Kabel. Da kreisen die Gedanken. Zum Beispiel sinniert man darüber, was alles hätte passieren können. Ich hätte nach der Attacke in der Nacht vielleicht gar nicht mehr aufwachen können. Besser wäre es gewesen, ich hätte mich schon sonntags zum Arzt fahren lassen. Oder wie das Leben danach weitergeht. Welche Konsequenzen ein Herzinfarkt für die Familie haben kann. Und auch fürs eigene Leben. In diesen Stunden gehen einem sehr viele Dinge durch den Kopf ...

Entsprechend erlösend war dann die Nachricht, dass Sie „nur“ eine Herzmuskelentzündung haben?

Ja. Da war klar, dass ich eine Zeitlang Ruhe halten müsste. Die Ärzte meinten auch, dass es ohne medikamentöse Behandlung ausheilen könnte. Ich musste mittelfristig keine Einschränkungen für meinen Alltag befürchten.

Als aktiver Sportler Ruhe halten – geht das überhaupt?

Wie gesagt, ich hatte zu früh angefangen und mir die Knieverletzung zugezogen. Im Nachhinein muss ich sagen, dass es wahrscheinlich glückliche Fügung war. Dadurch verlängerte sich die Rehabilitationsphase der Herzmuskelerkrankung. Das hat sicher nicht geschadet.

Zur Person

Der Alzeyer Vllaznim Dautaj ist inzwischen Stürmer des Oberligisten Hassia Bingen. Vorher schoss er RWO Alzey in die Verbandsliga.

Der ehemalige Regionalliga-Spieler von Waldhof Mannheim war fünf Jahre hintereinander Torschützenkönig in den Ligen, in denen er spielte.

Aufrufe: 019.10.2019, 18:00 Uhr
Claus RosenbergAutor