2024-05-02T16:12:49.858Z

Kommentar
Vereinsamte Sportanlagen: Deutschland im November 2020.
Vereinsamte Sportanlagen: Deutschland im November 2020. – Foto: André Nückel

Ein fatales Signal der Politik

Ein Kommentar zum Amateursport-Verbot von FuPa-Redakteur Mathias Willmerdinger

Klar, die Politik musste reagieren: Mit mittlerweile über 20.000 Neuinfektionen täglich, da können sich die Volksvertreter nicht einfach zurücklehnen und die Sache laufen lassen. Aber: Nun die Axt wieder an den Freizeit- und Amateursport anzulegen, ist die falsche Herangehensweise und ein fatales Signal der Politik. Sport ist nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung.

Ein starkes Immunsystem ist vor allem in der dunklen und kalten Jahreszeit wichtig, darüber gibt es keine zwei Meinungen. Wie aber bitteschön sollen die Menschen nun ihre Abwehrkräfte stärken, wenn sie im November zuhause rumsitzen sollen? Sportvereine übernehmen in unserer Gesellschaft eine elementar wichtige Funktion, um das Volk fit zu halten. Eingestellt! Für den kompletten November müssen alle Sportanlagen dicht machen.

Es fehlt mal wieder an der Verhältnismäßigkeit: Gottesdienste, die sich erwiesenermaßen als Infektionsherde entpuppt hatten, sind hingegen weiterhin erlaubt. (Quelle: Achte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 30.10.2020) Sieht man sich die Altersstruktur der Kirchengänger an, wird schnell klar: Mit der älteren Generation will es sich die Politik lieber nicht verscherzen, dafür opfert man lieber Kinder und Amateurvereine, die weit weniger Lobby besitzen. Sie sind wohl am ehesten vernachlässigbar, wenn es um Wählerstimmen geht. Symbolpolitik vom feinsten!

Penibel die Auflagen umgesetzt - das wird nun bestraft.

Fußballvereine haben von der Politik strengste Auflagen auferlegt bekommen - und der überwiegende Großteil hat die Maßnahmen mit unglaublich hohem Arbeitsaufwand und Eifer gewissenhaft umgesetzt. Die Amateurkicker konnten nach langen Monaten endlich ihren Sport - unter freiem Himmel wohlgemerkt - wieder ausüben. Es war richtig und wichtig vom Bayerischen Fußballverband (BFV), den Spielbetrieb in den Amateurklassen und im Jugendbereich wieder aufzunehmen. Quälend lange sträubte sich die Bayerische Staatsregierung dagegen, Sport im Freien wieder zuzulassen. Am Amateurfußball wurde ein Exempel statuiert, die Politik wollte eine harte Hand demonstrieren.

Das führte zu grotesken Situationen: Während um uns herum in Hessen, Baden-Württemberg oder Österreich bereits wieder vor Zuschauern gespielt wurde, mussten die Kicker im Freistaat weiter die Füße still halten. lnfektionen rund um Fußballspiele sind nicht überliefert. Trotzdem zeigt nun die Politik mit dem Finger ausgerechnet wieder auf die Sportvereine: Schön und gut euer Engagement, aber war alles für die Katz`, ihr sperrt euren Laden jetzt wieder zu! Gratulation, so sorgt man natürlich dafür, dass sich auch in Zukunft viele Freiwillige finden werden, die ein Ehrenamt ausüben wollen!

Kindern wird ein Fixpunkt im Leben genommen.

Aber am meisten leidet der Nachwuchs unter den nicht nachvollziehbaren Maßnahmen. Die Kinder dürfen in die Schule oder den Kindergarten gehen, aber gemeinsam Fußball spielen dürfen sie nicht. Als wäre der Sport die Wurzel des Übels! Gerade für Kinder aus sozial schwächerem Umfeld wäre Fußballtraining so wichtig. Es geht ja bekanntlich nicht nur darum, Spaß im Umgang mit dem runden Leder zu haben. Der Fußball hat auch eine erzieherische Funktion. Die Kinder lernen spielerisch, im Team zu agieren, mit Niederlagen umzugehen, und so weiter, und so fort. Ist bei der aber Politik anscheinend noch nicht angekommen! Nimmt man den Kindern jetzt den Sport im Verein weg, verwehrt man ihnen einen wichtigen Fixpunkt im Leben. Von den psychologischen Folgen ganz zu schweigen. Kinder bekommen durchaus mit, was im Moment passiert. Die Maske ist Teil des Alltags, selbst in der Schule. Sport als Ausgleich und Anker in einer verrückten Zeit wäre nun noch wichtiger.

Und die Aussichten sind düster: Wir stehen erst am Anfang eines langen Winters. Dass auf absehbare Zeit Sporthallen geöffnet werden, ist äußerst unwahrscheinlich. Ob dann die Kinder irgendwann im Frühjahr auf den Fußballplatz zurückkehren werden, oder ob eine ganze Generation dem Fußball verloren geht? Darüber kann zum jetzigen Zeitpunkt nur gemutmaßt werden. Der Breitensport hat eine nicht zu unterschätzende gesundheitliche und gesellschaftliche Funktion. Ihn jetzt zu beschneiden, ist absolut unverständlich und töricht zugleich. Körperliche Ertüchtigung hat den Menschen bisher in den seltensten Fällen geschadet.

Ein Hinweis noch in eigener Sache: Kommende Woche erscheint ein Kommentar von Redakteur Helmut Weigerstorfer, der einen anderen Standpunkt vertritt!

Aufrufe: 07.11.2020, 06:00 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor