2024-05-10T08:19:16.237Z

Ligabericht
Emotionaler Abschied: Beim „Dachauer Hallenmasters“ verabschiedeten sich im Januar über 600 Zuschauer von Herbert Reischl. Der sportliche Leiter des ASV Dachau starb im Alter von 45 Jahren. FOTO: NORBERT HABSCHIED
Emotionaler Abschied: Beim „Dachauer Hallenmasters“ verabschiedeten sich im Januar über 600 Zuschauer von Herbert Reischl. Der sportliche Leiter des ASV Dachau starb im Alter von 45 Jahren. FOTO: NORBERT HABSCHIED

Herbert Reischl: Vereinslegende über den Tod hinaus

ASV Dachau - Superhelden sterben nie

Vor einem Jahr starb Herbert Reischl. Ein Mann, der mit seinem Antrieb menschlich und sportlich ein Vorbild war. Der ASV Dachau war seine Lebensaufgabe. Sein Tod hat eine Lücke hinterlassen, die der Verein nicht mehr schließen kann.
Herbert Reischl hat den ASV Dachau gelebt. Knapp zwei Jahrzehnte lang war er der Mann für alles. Der Hebertshauser war einer der Typen, von denen es im Amateurfußball immer weniger gibt. Er war für den Verein da. Rund um die Uhr. Erst als Spieler, später als Spielertrainer und sportlicher Leiter. Wann immer es ging, verbrachte er seine Zeit beim ASV Dachau. Jungen Spielern, denen zwei Trainingseinheiten pro Woche nicht reichten, bot er ein Fördertraining an. „Am liebsten stehe ich halt noch immer auf dem Platz“, sagte er über seine Liebe zum Fußball.
Im Winter stellte Reischl Jahr für Jahr das „Dachauer Hallenmasters“ auf die Beine. Am 29. November 2016 verschickte er noch um 23 Uhr einen Spielplan für das Turnier. Zum letzten Mal. Am darauf folgenden Tag starb er völlig überraschend. Herbert Reischl wurde nur 45 Jahre alt. Beim ASV Dachau versuchen Freunde und Vereinsmitglieder seitdem, seine Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen. „Wir wollen den Verein so aufrecht erhalten, wie Herbert ihn gelebt hat. Aber die Lücke, die er hinterlassen hat, werden wir nie schließen können“, sagt Abteilungsleiter Michael Dietrich. Erinnerungen an einen Mann, der im Dachauer Amateurfußball viel bewegt hat.


Gerhard Mann


Beim ASV Dachau war Gerhard Mann in den 90er Jahren einer der besten Stürmer. Er lernte Herbert Reischl beim Fußball kennen. Die beiden verband mehr als nur der Sport. Sie waren sehr gute Freunde. „Herbert war ein Macher, ein Abenteurer, der immer nach seinen Prinzipien gelebt hat. Er hat sich vor keiner Herausforderung gedrückt. Er war einer, den du nachts anrufen konntest und wusstest: Der Herbert ist für dich da.
Ich habe lange überlegt, welche Geschichte ihn als Menschen am besten beschreiben kann. Wir waren oft gemeinsam im Urlaub unterwegs. Nachts beim Lagerfeuer ist er mit seiner Axt in den Wald gegangen. Er wollte neues Holz holen. Herbert hat dann einen ganzen Baum angeschleppt. Er meinte, dass sonst nur Zahnstocher rumliegen. Dieses Erlebnis steht für sich. Herbert hat immer alles mit 120 Prozent gemacht. Das hat ihn ausgezeichnet.“


Stefan Hofer


Herbert Reischl holte Stefan Hofer 2010 als Spielertrainer von Eintracht Karlsfeld zum ASV Dachau. „Wenn ich den Herby mit nur einem Wort beschreiben müsste, es wäre wohl „zupackend“. In jeder Hinsicht. Seine großen, starken Hände waren wie gemacht dafür. Das begann beim kräftigen Händedruck, der Vertrauen und Verlässlichkeit vermittelte. Herby war aber auch stets zur Stelle und fasste mit an, wann immer es etwas anzupacken gab.
Die Lücke, die sein Tod reißt, lässt sich nicht füllen – auch nicht mit vereinten Kräften. Ich habe mich oft gefragt, wie er all das schafft, was er ständig erledigt. Jetzt, da er tot ist, kommt mir der Gedanke, dass er in die kurzen 45 Jahre, die ihm blieben, so viel gepackt hat, wie die meisten von uns in 90 Jahren nicht auf die Reihe kriegen.“


Tarik Sarisakal


Der Trainer des TSV Jetzendorf spielte zusammen mit Herbert Reischl beim ASV Dachau und unter Trainer Karsten Wettberg in der Regionalliga für den FC Augsburg. „Schon als Spieler war Herbert ein Vorbild. Er war für andere da. Sich selbst hat er aber nie geschont. Wenn du ihn im Training mal ausgespielt hast, wusstest du, dass er irgendwann wieder vor dir steht. Einen Moment mit ihm werde ich nie vergessen: Herbert ist immer über den Kampf gekommen. Aber gegen den SSV Ulm ist ihm an der Strafraumkante ein Ball auf die Pfanne gefallen, den er Philipp Laux direkt in den Winkel gejagt hat. Herbert wäre vor Freude fast aus dem Stadion gelaufen. Er hat beim Jubel einen Sprint über 50 Metern hingelegt und war nicht mehr einzuholen.“


Michael Dietrich


Der Abteilungsleiter des ASV Dachau kannte Herbert Reischl über 20 Jahre. In dieser Zeit ist eine tiefe Freundschaft entstanden. Gemeinsam haben sie die Fußballabteilung geleitet. „Herbert hat bereits als Spielertrainer mehr gemacht als andere. Er hat immer das große Ganze gesehen. Beim ASV Dachau war er die Lokomotive. Nachdem Abstieg in die Bezirksliga im Jahr 2012 war er der Einzige, der Optimismus ausgestrahlt hat. Er hat wieder eine Mannschaft aufgebaut. Wenn es sein musste, hat er selbst ein morsches Brett auf der Tribüne ausgetauscht.
Ich bin noch immer fassungslos, dass er nicht mehr da ist. Ich vermisse ihn jeden Tag. Noch heute fragen wir uns bei Entscheidungen: Was hätte der Herbert gemacht? Er war ein Mensch, den die Leute nicht vergessen werden. Das schaffen nicht viele in ihrem Leben. Er hätte nie gewollt, dass man ihn glorifiziert. Wenn man ihm Danke gesagt hat, hat er abgewunken und gesagt: Passt schon.“


Karsten Wettberg


Herbert Reischl spielte beim FC Augsburg unter Trainerlegende Karsten Wettberg. „Es war eine Genugtuung, mit Herbert Reischl arbeiten zu dürfen. Er war als Spieler sehr lernwillig und hat nie geglaubt, dass er schon fertig ist“, so die Trainerlegende.


Frank Peuker


Der Trainer des ASV Dachau kannte Herbert Reischl seit der E-Jugend. Später spielten sie gemeinsam für den FC Augsburg. „Bei einem Fangspiel beim Aufwärmen ist der Herbert mit einem Mitspieler zusammengerasselt. Er hat mehrere Zähne verloren. Zwei Wochen später war er mit neuen Zähnen wieder im Training“, erinnert sich Peuker. Reischl holte Frank Peuker in der Saison 2014/15 als Trainer zum ASV Dachau. „Es ist unvorstellbar, wie viele Stunden er für den Verein geopfert hat. Wir versuchen heute die Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen. Trotzdem fehlt er an allen Ecken und Enden. Heute merkt man, wie viel Arbeit er übernommen hat, von der man nie etwas mitbekommen hat. Wir haben die Verpflichtung, sein Erbe weiterzuführen. Ohne ihn wäre der ASV Dachau nicht dort, wo er heute steht.“


Jochen Jaschke


Der Trainer des TSV Eintracht Karlsfeld spielte lange Zeit für den ASV Dachau. "Auf den Herbert konntest du dich zu 100 Prozent verlassen. Ich konnte ihn immer anrufen, wenn ich einen Rat gebraucht habe. Das vermisse ich sehr. Er hat dir seine Meinung gesagt. Wenn er stolz auf dich war, aber auch dann, wenn du Mist gebaut hast. Er konnte sein Umfeld unglaublich gut motivieren. Ich erinnere mich noch an einen Moment, als er eine Sporttasche vor dem Spiel mit in die Umkleide gebracht hat. Keiner konnte sie hochheben. Bis auf den Herbert, der sie mit Ziegelsteinen vollgepackt hat. Als Mannschaft haben wir die Tasche dann gemeinsam hochheben können."


Florian Reischl


Florian Reischl hat zusammen mit seinem Bruder für den ASV Dachau in der Bezirksoberliga gespielt. Er war Kapitän, als Herbert Reischl Spielertrainer war. „Ich habe meinen großen Bruder und meine wichtigste Bezugsperson verloren. Er war ein Bär von einem Mann. Die Jahre mit ihm beim ASV Dachau waren meine schönsten im Fußball. Sein Tod hat mein Leben unglaublich verändert. Er war mein Vorbild. Dass er nicht mehr hier ist, hat mir gezeigt, wie schnell sich alles verändern kann. Er fehlt mir jeden Tag.“







Aufrufe: 01.12.2017, 14:05 Uhr
Christoph Seidl - Münchner MerkurAutor