Dabei hatten seine Spieler eine Hälfte lang beinahe alles versucht, um ihren Übungsleiter eindrucksvoll zu widerlegen. Mit einer komfortablen 3:1-Führung hatten sie sich in die Pause verabschiedet – und davor die so hoch eingeschätzten Gäste aus Oberfranken stellenweise regelrecht auseinander genommen. Nach kurzem beiderseitigem Abtasten schaltete der SC in den Spitzenreiter- Modus. Der Ball lief flott durch die eigenen Reihen und besonders das Offensiv-Quartett Sebastian Schulik, Martin Kirbach, Mario Swierkot und Sergio, der diesmal im linken Mittelfeld wirbeln durfte, setzte den Gästen mächtig zu. Der verdiente Lohn der Bemühungen folgte in der 17. Minute: Ein Friesener Abwehrspieler unterlief eine Flanke von Swierkot, und Schulik unterstrich mit einem Schuss ins kurze Ecke seine Torjägerqualitäten.
Wenig später klingelte es erneut im SV-Kasten. Nach einer Kopfballvorlage von Christoph Klier stocherte sein Innenverteidiger-Kollege Patrick Schmidt die Kugel über die Linie (23.). Mit dem 2:0 waren die Friesener so gar gut bedient, denn vorher hätten bereits Kirbach und Schulik die Führung noch höher schrauben müssen.
Umso verwunderlicher war es dann, als in der 31. Minute plötzlich Friesen jubelte. Linksverteidger Dominik Ruff hatte zuvor einen langen Ball mit vollem Körpereinsatz in der Mitte gegen einen heranrauschenden SV-Angreifer geklärt, der Ball plumpste aber Friesens Nico Fröba vor die Füße und die Nummer 9 der Gäste zog sofort ab. Heraus kam ein Schuss, der sicher nicht zur Kategorie „unhaltbar“ gehört und für SC-Keeper Nico Herzig den Anfang einer tragischen Pleiten- Pech und Pannen-Serie bedeutete.
Seine Vorderleute ließen sich durch diesen Rückschlag aber nicht aus dem Konzept bringen, sondern bestraften das Friesener Aufbegehren nur neun Minuten später. Nach einem Freistoß von Ruff stellte erneut Schmidt den alten Zwei-Tore-Abstand wieder her (40.), der dann auch bis zum Pausenpfiff Bestand haben sollte.
Viele der rund 280 Zuschauer im Waldstadion waren sich zu diesem Zeitpunkt einig, nicht nur ein inoffzielles Spitzenspiel, sondern sogar die wahrscheinlich beste erste Hälfte des SC Feucht in dieser Saison gesehen zu haben.
Wie es allerdings oft so ist mit den „besseren Hälften“– meist gehört dazu auch eine schlechtere. Zumindest war dies beim SC Feucht am Samstag so. Aus der Kabine kam eine andere Mannschaft zurück aufs Feld. Eine Mannschaft, die ihren Offensivdrang, ihre Spritzigkeit und vor allem ihre Souveränität in der Kabine vergessen hatte. Lethargisch trottete der SC fortan über den Platz, kam kaum noch gefährlich vor das Gästetor und verzettelte sich zunehmend in sinnfreie Aktionen à la „Hacke. Spitze, eins, zwei, drei“. So sah es auch Trainer Mösle, der seinen Schützlingen für den zweiten Durchgang ein miserables Zeugnis ausstellte: „Wir haben nach der Pause einfach das Fußballspielen eingestellt!“ Warumseine Mannschaft plötzlich nur noch im Leerlauf über den Platz trabte, konnte sich Mösle nach einer „kurzen Nacht“ allerdings auch nicht recht erklären. Seine Vermutung lautete: „Vielleicht war es die Selbstzufriedenheit.“
Trotzdemwäre wohl nicht viel passiert, hätte nicht sein Keeper Herzig einen derart rabenschwarzen Tag erwischt. Friesen, obwohl es ohne seinen besten Torschützen Frank Fugmann (19 Tore), nach Mittelfranken gereist war, steckte nämlich keineswegs auf und wurde für das Engagement in der 67. Minute erstmals belohnt. Aus einer Nicht-Chance machte Herzig, in dem er bei einer Flanke unmotiviert und planlos heraus lief, eine „1000-Prozentige“ für die Gäste, die sich der eingewechselte Hendric Marzog nicht entgehen ließ – 2:3!
Anders als im ersten Durchgang schlugen die Hausherren nun nicht mehr zurück, sondern luden die Friesener Comebacker munter weiter zur Attacke ein. Sonderlich gefährlich waren sie dabei jedoch nicht, so dass erneut Pechvogel Herzig den unfreiwilligen Vorbereiter geben musste. Einen Distanzschuss von Patrick Sudol klärte er in der 88. Minute nach vorne, statt den Ball festzuhalten oder ihn wenigstens zur Seite hin wegzufausten, und ermöglichte damit Fröba den viel umjubelten Ausgleich.
Mösle, seines Zeichens ehemaliger Profi-Keeper und immer noch Torwarttrainer, wollte hinterher auch gar nicht lange umdenheißen Brei herum reden: „Die Gegentore gehen klar auf Nicos Kappe, das weiß er auch. Aber das kann er verkraften, er hat uns schon oft die Punkte gerettet.“ Diesmal nicht, was angesichts des sonntäglichen Remis (2:2) zwischen den Verfolgern Buch und Röslau zum Glück für den SC nicht weiter ins Gewicht fällt. Der Sieben-Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten Vorwärts Röslau (45 Zähler) bleibt bestehen, und Feuchts Trainer-Prophet Mösle durfte sich gleich ein weiteres Mal bestätigt fühlen. Hatte er doch bereits vor Anpfiff der Partie im Nürnberger Knoblauchsland vorhergesehen: „Wenn Buch und Röslau Unentschieden spielen, ist doch für uns gar nichts passiert.“
Schiedsrichter: Sebastian Eder (Holzkirchen) - Zuschauer: 280