Vom freudestrahlend intonierten „Spitzenreiter, Spitzenreiter“ der Spielerinnen von Eintracht Wetzlar, die sich zudem noch über ein 1:0 des FV Löchgau gegen den Meisterschaftskonkurrenten Schwaben Augsburg freuen durften, sind die Fußballfrauen des 1. FC Nürnberg weit entfernt. 1:3 (1:2) hatten sie wenige Minuten zuvor gegen den Tabellenersten der Regionalliga Süd verloren, hatten dabei aber nicht nur „die Grenzen aufgezeigt bekommen, wie einfach und effektiv Fußball gespielt werden kann“ (Trainer Kevin Schmidt), sondern sehen sich vor dem Endspurt der letzten fünf Spiele wieder mit einem Thema konfrontiert, das man erledigt geglaubt hatte: Abstiegskampf.
Mehr Punkte holen und dabei auch ordentlich Fußball spielen — unter dieser Prämisse war Schmidt nach der Winterpause als vierter Trainer der Clubfrauen innerhalb von zwei Jahren angetreten; voller Elan für die neue Herausforderung und mit der Begeisterung seiner 26 Jahre. Aber nur fünf Punkte aus den bisher sechs Spielen sind beileibe nicht das, was er und die Mannschaft sich vorgestellt und vorgenommen haben. Eine Zwischenbilanz, die gerade noch mit durchwachsen durchgeht.
„Phasenweise gut spielen allein nützt halt nichts, Tore machen das Spiel aus“, sagt er, macht aus seiner Unzufriedenheit kein Hehl und kommt zu der gleichen Erkenntnis wie seine Vorgänger: „Wir scheitern zu oft an uns selbst.“ Zu wenig sind 18 Treffer in 17 Spielen für gehobene Ansprüche, das mittelfristig avisierte Ziel 2. Bundesliga erfordert noch langen Atem von allen Beteiligten, weil es den überwiegend jungen Spielerinnen bei allem technischen Rüstzeug und Talent an der erforderlichen Routine, vor allem jedoch an Durchsetzungsvermögen in den entscheidenden Offensivszenen mangelt.
Und das nicht nur gegen die starken Hessen, die auswärts bisher erst eine Niederlage kassiert haben und zudem etwas gutzumachen hatten: Ein 0:5 nämlich beim letzten Auftritt in Nürnberg im Oktober 2013. Eine Wiederholung dieses Überraschungscoups zeichnete sich diesmal nicht einmal ansatzweise ab, zumal der Club mit Katharina Rupp (Saisonende nach Riss des Syndesmosebandes), Nicole Munzert (Knöchelverletzung) und Kim Urbanek (Fußverletzung) drei Stammspielerinnen ersetzen musste. Da reichte guter Wille allein nicht, mündete viel zu oft in Stückwerk, weil sich die Ballverluste häuften.
Wetzlar spielte schnörkellos, glänzte mit Zweikampfstärke und Effizienz, erfolgverheißende Annäherungsversuche der Clubfrauen Richtung Gästetor blieben Mangelware, während die Abwehr eine Menge Arbeit zu leisten hatte. So gab das 1:0 Wetzlars, von Jacqueline Klippert in der 18. Minute per sehenswertem Distanzschuss erzielt, die Richtung vor. Nahezu aus dem Nichts und mit Hilfe von Wetzlars Janine Dutschmann, der für dieses Spiel notgedrungen zur Torfrau umfunktionierten Feldspielerin, landete ein Eckball von Leonie Vogel zwar direkt zum 1:1 (38.) im Netz, aber der Gast reagierte prompt: Rebecca Konhäuser setzte sich am rechten Flügel durch und düpierte mit ihrem Flachschuss aus spitzem Winkel zum 2:1 (41.) Michelle Pistoia, die sich über kritische Situationen vor ihrem Tor nicht zu beklagen brauchte.
Vor allem die weiten Diagonalpässe sorgten wiederholt für Gefahr, sehr zum Verdruss des Trainers, hatte er doch in der Vorbereitung speziell diese Angriffsvariante angesprochen. So fiel das 3:1 (65.) durch Schermuly nicht zufällig nach diesem Muster und beendete auch die letzten Hoffnungen der Gastgeber auf einen Punkt.
Die Offensivbemühungen wurden zwar in Halbzeit zwei etwas intensiviert, ihnen fehlte jedoch die Präzision, so dass nur eine klare Chance für Luisa Richert, die im Mittelfeld rackerte und um Struktur bemüht war, heraussprang. Ihr Schuss landete jedoch genau in den Armen der Ersatzfrau im Tor (62.). Die Clubfrauen treten also weiter auf der Stelle, müssen auch im zweiten Jahr in der Regionalliga bangen, noch in den Abstiegskampf verwickelt zu werden. Auf vier Punkte ist der Vorsprung auf Rang zehn, den ersten Abstiegsplatz im Zwölferfeld, inzwischen geschmolzen, den Eintracht Frankfurt (17) nach dem 1:0 über Derendingen innehat.
Keineswegs ein sicheres Polster, wie Trainer Schmidt weiß, „denn in dieser Liga, in der jeder jeden schlagen kann, müssen wir immer auch nach unten schauen.“ Angesichts des schwierigen Restprogramms mit nur noch zwei Heimspielen ist daher beim Schlusslicht 1. FFC Frankfurt III am Sonntag ein Auswärtssieg fast so etwas wie Pflicht.