2024-05-02T16:12:49.858Z

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Der Trikotwechsel ist beschlossene Sache: David Pütz(rechts) wird in Zukunft regelmäßig auf dem Platz der Westkampfbahn auflaufen.
Der Trikotwechsel ist beschlossene Sache: David Pütz(rechts) wird in Zukunft regelmäßig auf dem Platz der Westkampfbahn auflaufen. – Foto: JÉRÔME GRAS
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Der 1. FC Düren wird vom Jäger zum Gejagten

Bors, Brasnic, Pütz: Mittelrheinligist hat seinen Kader in der Sommerpause mit mehreren Regionalliga-Spielern verstärkt

Als Dirk Ruhrig vor ein paar Tagen seine Planung für die kommende Saison in der Fußball-Mittelrheinliga abgeschlossen hatte, schaute er sich den Kader des 1. FC Düren an – und war durchaus zufrieden. Das offizielle Ende der Bastelarbeiten war das nicht, eine Unterschrift fehlte dem neuen Sportdirektor noch. Die folgte am Mitttwochabend. David Bors ließ dem inoffiziellen Ja-Wort wie erwartet auch noch eine Unterschrift folgen, eine halbe Stunde später wurde der frühere Angreifer von Alemannia Aachen dann vorgestellt

Kein Angebot der Alemannia

Der siebte Zugang ist wohl der klangvollste, auf seiner Visitenkarte steht seit geraumer Zeit „Torjäger“. Mit dieser Empfehlung war der 25-Jährige in der vergangenen Saison auch an den Tivoli gewechselt. Nach nur vier Spielen endete für ihn die Spielzeit vor elf Monaten vorzeitig und bitter. Beim Training riss das Kreuzband. Die Leidenszeit begann, und sie verlängerte sich. Als er im März das Individualtraining aufgenommen hatte, stoppte ihn die Coronavirus-Pandemie.

Mit Alemannias sportlicher Leitung blieb er in Kontakt, aber: „Es gab nie ein Angebot von Alemannia, es wurde nie über Zahlen gesprochen. Es gab immer nur Vertröstungen, weil es keinen Etat gab“, sagt er. Aachens Sportdirektor Thomas Hengen arbeitete mit seinen deutlich reduzierten Möglichkeiten seine Prioritätenliste ab, und da stand der langzeitverletzte Stürmer nicht auf einem der vorderen Plätze.

Bors vermisste die Wertschätzung, hörte sich andere Vorschläge an, er hätte auch zum amtierenden Regionalliga-Meister SV Rödinghausen wechseln können. Bors sagt aber, er sei ein „Kölsche Jung“, der die Heimatluft brauche. Das „Dürener Projekt“, wie er es nennt, habe ihn schnell begeistert. „Der Club hat ein überzeugendes Konzept, will in drei Jahren in der Regionalliga etabliert sein.“ Der Aufstieg soll in der nächsten Saison erfolgen. Der Angreifer sieht seinen Neustart in der 5. Liga nicht als Rückschritt. „Ich bin ein Kind des Bolzplatzes. Mir ist es egal, ob ich auf Asche oder Rasen, ob ich in der 4. oder 5. Liga spiele.“

Bei der Vorstellungsrunde des FCD am Mittwoch waren sechs weitere Spieler an seiner Seite, die wie Bors alle mindestens über Regionalliga-Erfahrung verfügen – sieht man von Yuta Tateno ab, der aus der U 19 hochgezogen wird. „Unser Trainer Giuseppe Brunetto und ich haben viele Gespräche geführt und für den Verein geworben. Das hat sich ausgezahlt“, sagt Ruhrig, der erst gar nicht versucht, die Erwartungshaltung herunterzuschrauben. „Um die Favoritenrolle kommen wir nicht herum. Unser Ziel ist es, mit dieser Mannschaft in die Regionalliga aufzusteigen.“ Das überrascht nicht, da die Dürener die abgebrochene „Corona-Saison“ nur knapp hinter dem FC Wegberg-Beeck beendet haben.

Der größte Konkurrent hat die Liga verlassen, aus der 4. Liga kommt kein Widersacher hinzu; der Westdeutsche Fußball-Verband hat beim außerordentlichen Verbandstag festgelegt, dass es keine Regionalliga-Absteiger gibt. Das sind gute Voraussetzungen, um das nächste Etappenziel zu erreichen. Hinzu kommt, dass der Kader in der verlängerten Sommerpause verstärkt wurde, wenn man die Ligenzugehörigkeit der Zugänge als Maßstab für die Qualität sieht.

Neben Bors wurde mit David Pütz ein weiterer Spieler vom Aachener Tivoli an die Dürener Westkampfbahn gelotst. Der Mittelfeldspieler hat schon früh signalisiert, dass er eine bessere Möglichkeit finden will, um Medizinstudium und Fußball zu kombinieren. Pütz trifft beim FCD auf weitere ehemalige Weggefährten, mit Marc Brasnic und Patrick Bade hat der 23-Jährige in der Jugend von Bayer Leverkusen gespielt.

Bade war in der vergangenen Saison zweiter Torhüter bei Rot-Weiß Oberhausen, seine Einsatzzeit fiel allerdings äußerst kurz aus. Brasnic kommt auf deutlich mehr Spiele, den großen Durchbruch hat aber auch der Torjäger aus Baesweiler nicht geschafft, der in der Saison 2014/15 in der A-Junioren-Bundesliga 27 Tore in 26 Begegnungen erzielt hatte. In seiner Vita stehen zehn Zweitliga-Spiele für den SC Paderborn, zuletzt stand er beim Nordost-Regionalligisten Berliner AK unter Vertrag. „Brasnic ist ein Spieler, der den Unterschied machen kann. Dass wir mit Bors einen zweiten Spieler dieser Kategorie verpflichten konnten, hat uns sehr gefreut“, sagt Ruhrig.

Den ersten Transfer, den der Sportdirektor des FCD eingefädelt hat, war aber ein anderer. Auf Wunsch des Trainers wurde Marvin Steiger verpflichtet, den Brunetto schon zu Regionalliga-Zeiten beim TV Herkenrath trainiert hat. Der 26-Jährige könnte in der Abwehr neben Mario Weber auflaufen, der die Mannschaft des Bonner SC in der Regionalliga über viele Jahre als Kapitän aufs Feld geführt hat. Schon im Winter gab es Kontakt, im Sommer wurde er intensiviert, und er endete mit einem Vertragsabschluss. Ein „interner“ Zugang ist Yuta Tateno. Der Japaner soll langsam an das Mittelrheinliga-Niveau herangeführt werden.

Der Sportliche Leiter sagt, dass er die hochklassigen Zugänge „für das Projekt begeistern“ konnte. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Dürener in diesen unsichereren Zeiten durchaus zahlungskräftig sind. Oder wie Ruhrig es formuliert: „Wir waren in der Lage – trotz der Corona-Krise – Verträge mit vernünftigen finanziellen Rahmenbedingungen zu verschicken.“

Auf der Seite der Abgänge stehen insgesamt zwölf Spieler (wir berichteten). „Wir haben unseren Kader von 27 auf 22 Plätze verkleinert. Trotzdem ist unser Team stärker geworden“, ist Ruhrig überzeugt.

In einer Woche ist Trainingsauftakt in Düren, Bors will dann voller Tatendrang in der Kabine sitzen. Die letzten Knietests sind gut verlaufen, das Gelenk reagiert bislang nicht auf die Belastung. „Wenn ich noch eine Woche länger Individualtraining benötige, wäre das auch kein Problem. Ich habe Geduld gelernt.“ Im Pokal-Halbfinale oder spätestens im Finale am 22. August will der Angreifer wieder in den Wettkampf zurückkehren. Möglicher Endspiel-Gegner der Dürener: Alemannia Aachen.

Aufrufe: 016.7.2020, 09:00 Uhr
Benjamin Jansen, Christoph Pauli | AZ/ANAutor