2024-05-02T16:12:49.858Z

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Erlebten zuletzt eine ereignisreiche Saison: Worms’ Sportvorstand Ibrahim Kurt (vorne) und sein scheidender Sportlicher Leiter Nobert Hess.	Archivfoto: pakalski-press/ Christine Dirigo
Erlebten zuletzt eine ereignisreiche Saison: Worms’ Sportvorstand Ibrahim Kurt (vorne) und sein scheidender Sportlicher Leiter Nobert Hess. Archivfoto: pakalski-press/ Christine Dirigo

Wormatia-Vorstand Kurt: "Mannschaft hat zu spät gezündet"

Worms’ Sportvorstand Ibrahim Kurt blickt im Interview auf die Saison der Wormatia zurück

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Worms. Sportlich hat die Wormatia eine Saison mit mehr Tiefen als Höhen hinter sich. Der Abstieg aus der Regionalliga und die Niederlage im Finale des Verbandspokals sorgten für Enttäuschung im Verein. Ein großer Umbruch steht bevor. Ibrahim Kurt, der Sportvorstand der Wormser, äußert sich im Gespräch mit dieser Zeitung zur abgelaufenen Saison, zur wirtschaftlichen Situation der Wormser und zur Kritik von Fans und Medien an seiner Person.

Die Wormatia hat turbulente Wochen und Monate hinter sich. Herr Kurt, was bleibt hängen von der Regionalliga-Saison 2022/2023?

Auf der einen Seiten bleibt sicherlich aufgrund der sportlichen Ergebnisse (Abstieg und Niederlage im Pokalfinale Anm. d. Red.) die Enttäuschung hängen. Auf der anderen Seite die Erkenntnis, dass wir uns in dieser Liga mit unseren Mitteln sehr strecken müssen und es mit etwas Spielglück trotzdem schaffen können in der Liga zu bleiben. Das haben die letzten Wochen leider zu spät gezeigt. Mit Blick auf frühere Regionalligajahre keine neue Erfahrung. Jetzt müssen wir uns wieder neu aufstellen und neu ausrichten. Konkret heißt das: Mehr auf Spieler in unserer Region und aus unserer Jugend zu setzen. Und das nun auch durchsetzen.

Sie haben die schwierige Ausgangslage angesprochen: Muss man nach so einer Saison, in der man in vielen Spielen über sich selbst gestolpert ist, konstatieren: Mehr ist am Standort Worms aktuell einfach nicht drin?

Die Regionalliga ist eine große Herausforderung und für mehr als Abstiegskampf dort muss alles optimal laufen. Auch das ist keine neue Erkenntnis, die gleiche Erfahrung haben schon meine Vorgänger mit höheren Etats gemacht. Trotzdem haben wir natürlich den sportlichen Anspruch, so hoch wie möglich zu spielen und wollen diese Herausforderung. Am Ende sieht man, es reicht mal mehr, mal weniger und manchmal eben nicht. Wer die Spiele verfolgt hat, kann, denke ich, zustimmen, dass der Klassenerhalt auch mit dieser Mannschaft gut möglich war. Aber ich glaube auch, 200.000 Euro mehr im Etat hätten die Klassenerhalt-Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht.

War die fehlende Konstanz das Zauberwort in der abgelaufenen Saison?

Wir wussten von vornherein, der Klassenerhalt wird ganz schwierig. Uns war bewusst, wo wir mit unserem Etat im Vergleich mit der Konkurrenz stehen und wie unterschiedlich deshalb die Möglichkeiten auf dem Transfermarkt sind. Der Etat stand nach dem Aufstieg auch erst spät wirklich fest. Und durch die wirtschaftliche Lage aufgrund des Krieges in der Ukraine war die Unterstützung einzelner Sponsoren dann nicht in den Umfang möglich, den wir uns erhofft hatten. Das war die Ausgangslage. Wir haben daher gehofft, die typische Euphorie eines Aufsteigers möglichst lange halten zu können und so möglichst viele Punkte gleich zu Beginn für das nötige Selbstvertrauen zu sammeln. Und natürlich, dass ein paar der Neuzugänge voll einschlagen und sich kein Leistungsträger schwer verletzt. So bekommst du dann Konstanz rein.

Dieser Wunsch blieb unerfüllt. Schon in der Hinrunde verletzte sich die Stamm-Innenverteidigung um Jean-Yves Mvoto und Tevin Ihrig (beide Saisonaus nach schweren Knieverletzungen Anm. d. Red.).

Es ist keine Ausrede, sondern einfach eine Tatsache, dass mit Jean und Tevin eben zwei entscheidende Spieler ausgefallen sind. Ihre Erfahrung und Sicherheit hätten unserer Mannschaft, obwohl es Ramzi Ferjani und dann auch Niklas Jeck gut gemacht haben in der Abwehr, über die Saison gesehen, sehr gut getan.

Waren diese Ausfälle Schlüsselmomente im Jahr, die den Ausgang der Saison besonders beeinflusst haben?

Das waren sicher Schlüsselmomente, ja. Ein weiterer war in der finalen Saisonphase der Ausfall von Kapitän Sandro Loechelt. Auch seine Qualitäten haben in den entscheidenden Momenten spürbar gefehlt. Dazu fiel Daniel Kasper auch viel länger aus, als zunächst gedacht. Mit einem größeren Etat kannst du auf solche Ausfälle anders reagieren oder besser vorsorgen und diese mit höherer Wahrscheinlichkeit kompensieren. Wir standen in solchen Momenten vor der Frage, wie wir das auffangen sollen?

Gegen Ende der Saison hat das Team eine Aufholjagd gestartet, Stichwort Stürmer Nils Fischer, die am Ende nicht mit dem Klassenerhalt belohnt wurde, aber die Frage aufgeworfen hat: Kann die Mannschaft doch mehr?

Sie hat bewiesen, dass sie absolut regionalligatauglich ist. Es ist sehr schade, dass der Knoten bei Nils Fischer so spät geplatzt ist und die Mannschaft erst in der Schlussphase richtig gezündet hat. Das zeigt wieder einmal, dass eine Mannschaft eben Zeit und Erfolgserlebnisse braucht, um sich zu finden und wie schwer es deswegen ist, eine neue Mannschaft zu formen.

Die schwerste Phase der Saison durchlief die Wormatia im Frühjahr mit Heimniederlagen gegen die direkte Konkurrenz. Anschließend wurde auch die Kritik der Fans an der Leistung der Mannschaft und der Zusammenstellung des Kaders richtig laut.

Es ist ja klar, dass die Fans wegen der Resultate unzufrieden und enttäuscht sind. Sie fiebern mit. Ich mache ihnen wegen der Kritik gar keinen Vorwurf. Gerade weil uns auch intern absolut klar war, in diesen Heimspielen müssen wir zwingend punkten.

Aber die Kritik richtete sich auch an ihre Person?

Für uns galt es, den maximalen Erfolg rauszuholen und uns deshalb auf unsere Aufgaben zu konzentrieren. Ich habe mich zwar schon gefragt, warum sich der verständliche Ärger nach den Niederlagen so stark auf mich richtet. Aber das bringt nichts in so einer Situation. Ich war dann eben der Blitzableiter.

Die Kritik zielte vor allem auf die Kaderplanung ab. Die Fans vermissten bei vielen Spielern die Leidenschaft und den maximalen Willen, sich für die Wormatia einzusetzen.

Ich muss an dieser Stelle vielleicht einmal klarstellen: Die Kaderplanung, also das Sichten und Verpflichten von Spielern, ist in erster Linie Aufgabe der Sportlichen Leitung (Norbert Hess, Anm. d. Red.) und des Trainerteams. Natürlich steuere auch ich meine Meinung bei und bin in Einzelfällen auch mal stärker involviert. Aber die grundsätzliche Entscheidung, ob ein Spieler verpflichtet wird, liegt nicht bei mir. Meine Aufgabe als Sportvorstand ist es, im Hintergrund für die richtigen Rahmenbedingungen zu sorgen, auch im Gespräch mit Sponsoren. Dazu gehört auch die Mitwirkung bei der Besetzung des Betreuerstabs, des Trainerpostens und jetzt des Sportlichen Leiters. Da geht es auch nicht nur um die erste Mannschaft, sondern auch darum, dass alle anderen Abteilungen funktionieren.

Aber sind Sie nicht die Person, die die sportlichen Geschicke des Vereins als Sportvorstand am Ende verantwortet?

Natürlich, am Ende stehe ich mit meiner Unterschrift für alle Personalentscheidungen in der Verantwortung. Aus der will ich mich gar nicht herausreden, schließlich habe ich auch Personalien mitentschieden. Ich bin kein bezahlter Sportvorstand, der in die Tiefe gehen und im Detail arbeiten kann. Ich engagiere mich ehrenamtlich 20 bis 25 Stunden pro Woche. Auch ein Norbert Hess hat einen Hauptberuf und sich abseits davon stark engagiert und viel Zeit geopfert. Andere Vereine sind hier hauptamtlich aufgestellt und haben andere Möglichkeiten. Da kommen wir wieder zum Ausgangspunkt, dass die Regionalliga mit unseren Rahmenbedingungen eine große Herausforderung ist.

Also ist das der Spagat in dem sich die Wormatia, ein emotionaler Verein, mit einer großen Historie und anspruchsvollen Fans aktuell bewegt? Zwischen eigenen hohen Ansprüchen und Kontrahenten mit besseren Rahmenbedingungen?

Man muss das Gefälle in der Liga anerkennen. Homburg hat sich für den DFB-Pokal qualifiziert, im Kicker meinte deren Sportvorstand die 200.000 Euro Prämie reichen für zwei Spieler. Unser Etat lag bei 600.000 Euro – für den kompletten Kader inklusive Trainer- und Betreuerteam. Da erkennt man, hier werden fast schon Äpfel mit Birnen verglichen. Was nicht heißt, dass wir chancenlos sind und nicht alles versuchen um Erfolg zu haben. Natürlich gibt es die, die mehr fordern, aber der großen Mehrheit ist diese Realität sehr bewusst. Man hat gerade in den letzten Wochen gesehen, dass unsere Zuschauer einfach nur die Basics fordern: Einsatz, Laufbereitschaft, Kampf. Dann wird die Mannschaft auch bei einer Niederlage gefeiert und wenn es am Ende nicht reicht, obwohl sie alles versucht hat, dann ist es halt so. Das geht auch mit kleinem Etat.

Die Kritik an ihrer Person ist auch in den letzten Saisonwochen nicht abgeebbt. Wie gehen Sie damit um?

Ich habe das Amt des Sportvorstands übernommen, weil ich gefragt wurde und mich die Mitglieder in dieses Amt gewählt haben. Im September sind Neuwahlen. Wer es sich zutraut und überzeugt ist, mehr bewegen zu können, kann den Vorstand kontaktieren und sich dort zur Wahl stellen. Ich bin Sportvorstand, weil die Mitglieder mir diese Verantwortung übertragen haben und ich das gerne mache. Ich bin nicht der Typ, der vor dieser Verantwortung flieht. Deshalb werde ich auch nicht vorzeitig die Flinte ins Korn werfen und Peter Tretter beim Neuaufbau im Stich lassen.

Sie haben die Medien für die Berichterstattung rund um ihre Person kritisiert. Was werfen Sie ihnen vor?

Die Berichterstattung hat sich sehr auf meine Person konzentriert. Mit Blick auf die Aufgabenteilung, die ich vorhin erläutert habe, hat mich das schon sehr irritiert. Es ist die Aufgabe der Medien, auch kritisch zu sein. Aber ich hätte mir gewünscht, direkt gefragt zu werden, wenn es bei Themen und Aspekten auch um meine Person ging. Deshalb empfand ich die Berichterstattung als etwas einseitig und ich wäre gerne auf die eine oder Behauptung eingegangen, damit der Betrachter ein Gesamtbild bekommt und sich informierter eine Meinung bilden kann.

Das Interview führte Stefan Mannshausen.

Aufrufe: 013.6.2023, 06:00 Uhr
Stefan MannshausenAutor