2024-04-29T14:34:45.518Z

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Tägliches Training: Kai Fritz (l.) übt mit Nachwuchstorhütern der SpVgg Unterhaching.
Tägliches Training: Kai Fritz (l.) übt mit Nachwuchstorhütern der SpVgg Unterhaching. – Foto: rmf

Unterhachings Erfolgs-Konzept: So funktioniert die Keeper-Ausbildung

"Wir holen die Jungs anders ab"

Ein neu ausgerichtetes und in Deutschland derzeit einzigartige Vorgehensweise in der Torhüter-Ausbildung bei der SpVgg Unterhaching findet derzeit bundesweit Beachtung.

Unterhaching – Die SpVgg Unterhaching hat sich die Ausbildung seiner Torhüter schon immer auf die Fahne geschrieben. Angefangen von den selbst in der Jugend ausgebildeten Torhütern Michael Zetterer (aktuell SV Werder Bremen) und Nico Mantl (RB Salzburg). Oder auch Philipp Heerwagen, Gerhard Tremmel und Stefan Marinovic, die dann etwas später über den Weg der Hachinger Profimannschaft zu einer steilen Karriere ansetzten. Sie alle schafften den Sprung in Europas höchste Fußball-Ligen.

Der Hauptverantwortliche: Michael Gurski, Torwarttrainer der SpVgg Unterhaching.	Foto: Imago
Der Hauptverantwortliche: Michael Gurski, Torwarttrainer der SpVgg Unterhaching. Foto: Imago – Foto: Sven Leifer

Die erfolgreiche Ausbildungshistorie bei der SpVgg schreibt derzeit das nächste Kapitel. Und zwar mit einem neuen und in Deutschland derzeit einzigartigen Konzept im Rahmen der vereinseigenen Torwart-Akademie. „Wir holen die Jungs anders ab“, beschreibt Initiator und Hauptverantwortlicher Michael Gurski das Alleinstellungsmerkmal des Konzepts. In der bereits zuvor schon existierenden Hachinger Torwart-Akademie hat Gurski nach zwei Jahren Vorbereitungszeit 2022 mit der konkreten Umsetzung des neuen Modells begonnen. „Wir wollen die Schlagzahl erhöhen und noch mehr Torhüter als bisher nach oben bringen“, beschreibt Gurski das anspruchsvolle Ziel.

Ein echter Vollprofi: René Vollath, die Nummer eins der SpVgg Unterhaching.	 Foto: Sven Leifer
Ein echter Vollprofi: René Vollath, die Nummer eins der SpVgg Unterhaching. Foto: Sven Leifer – Foto: Sven Leifer

Die Ausbildung der Torhüter hat bereits über Unterhaching hinaus Beachtung gefunden. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat zuletzt unter dem Konzept „Ausbildung und Heranführung von Talenten in den Profibereich“ sogenannte Micro-Torwartgruppen ins Leben gerufen. Und diese spezielle Gruppe trainiert bei der SpVgg. Im Unterhachinger Sportpark treffen sich regelmäßig Torwart-Trainer aus der Region, um die Arbeit auf dem Trainingsplatz rund um Torwarttrainer Gurski zu beobachten und um sich darüber auszutauschen.

René Vollath steht während einer Übungseinheit auf dem Hachinger Trainingsplatz. Der 32-Jährige versucht, Nachwuchsmann Lenny Haas torwartspezifische Bewegungen zu erklären. Die aktuelle Nummer eins der SpVgg ist mit Elan bei der Sache, der 15-Jährige lauscht gespannt Vollaths Worten. „Mir gefällt das Training sehr gut“, erzählt das Torwart-Talent nach einer Übungsform mit Paraden von Schüssen aus der kurzen Distanz bei Kai Fritz, dem dritten Torhüter der Akademie. Gurski widmet sich derweil einer komplexen Übungsform mit Passen, Flanken, Torschüssen, Abfangen von hohen Bällen sowie mit Paraden. „Klar schaut man hoch zur Nummer eins bei den Profis, weil er das selbst in seinen Spielen so anwendet. Ich kann hier sehr viel mitnehmen“, sagt Haas.

Bei der SpVgg Unterhaching wird täglich mit Torhütern aller Altersgruppen trainiert.

Genau das ist der Grundgedanke dieses Konzepts. Bei der SpVgg wird täglich mit Torhütern aller Altersgruppen trainiert. Mindestens zweimal die Woche stehen mit Gurski, Vollath und Fritz alle drei Torwart-Trainer bei einem Training auf dem Platz. In diesen speziellen Einheiten mit einer Dauer zwischen 30 und 45 Minuten befinden sich dann alle Trainingsteilnehmer der jeweiligen Gruppe auf dem Feld. Altersgerecht wird jede Gruppe auf jeweils drei bis fünf Torhüter aufgeteilt. Derzeit kommen alle 22 Schlussmänner des Vereins runter bis zur E-Jugend ab dem Einstiegsalter von zehn Jahren in den Genuss dieses kostenlosen Angebots.

Torhüter werden mit ihrem Trainer nicht in eine Ecke des Platzes abgeschoben

Schnelligkeit, Ausstrahlung und Coaching fallen als die zentralen Begriffe, wenn man mit Gurski über die Philosophie im „360-Grad-Paket“ spricht. So wie es in einem Mannschaftstraining bei manch anderen Vereinen nicht selten gehandhabt wird, soll hier kein Schützling mit seinem Torwarttrainer in eine Ecke des Platzes abgeschoben und von der Mannschaft komplett separiert werden. Die Lehrinhalte aus den mehrwöchig angelegten und individuell auf den jeweiligen Torhüter abgestimmten Trainingsplänen sollen unter dem Beisein aller drei Trainer vermittelt werden.

Konstantin Heide (16) aus der Hachinger U17 , ist zum deutschen Junioren-Nationalspieler gereift

„Detail-Coaching ist das Entscheidende“, betont Gurski. Einen Schuss gehalten zu haben oder nicht: Dieses Kriterium soll jedenfalls nicht zum primären Ausbildungsinhalt bei der Hachinger Torwart-Akademie gehören. „In meinen Augen ist das der größte Entwicklungskiller überhaupt“, sagt Vollath. Jüngste Beispiele zeigen, dass die Arbeit Früchte trägt. Konstantin Heide (16), der bei in der B-Junioren-Bundesliga für die Hachinger U17 hält, ist zuletzt zum deutschen Junioren-Nationalspieler gereift. Und Verpflichtungen von externen Torhütern aus der Region wie die von Henry Höcker aus Grünwald stimmen Gurski positiv, dass sich das Konzept der Torwart-Akademie mittlerweile auch außerhalb des Sportparks in der Region herumgesprochen hat.

Regelmäßig Einsätze in der nächsthöheren Altersklasse

Innerhalb des Vereins will man mit diesem Modell alle Torhüter im Blick behalten. Und anhand mehrwöchig angelegter Trainingspläne auch gewährleisten, dass sich alle Keeper weiterentwickeln und dafür auch auf die nötigen Einsatzzeiten kommen. Eine vermeintliche Nummer zwei soll deshalb zum Beispiel regelmäßig Einsätze in der nächsthöheren Altersklasse erhalten. Alles offen und transparent in direkter Absprache mit den jeweiligen Cheftrainern.

„Bitte sofort reingrätschen, wenn etwas unklar ist“, schreit Gurski über den Trainingsplatz in Richtung der fachkundigen Beobachter. Diese offene und transparente Herangehensweise rund um den Torwart-Routinier mit 22 Jahren Erfahrung als Profi in den höchsten Ligen kommt gut an bei den Torwart-Talenten, die auch in Sachen Fitness und Ernährung geschult werden sollen. „Ich kann hier auch mal eine Gegenfrage stellen. Und die Trainer achten darauf, wie man sich entwickelt“, befindet Haas. Auch innerhalb der Profimannschaft greift das Konzept. U19-Schlussmann Hannes Heilmair (18) sowie Fabian Scherger (20) kamen bereits zu Spielzeiten. Neue Gesichter aus der Hachinger Torhüter-Talentschmiede dürften alsbald wieder in Profiligen zu sehen sein. Zweifel daran gibt es beim Torwart-Akademie-Leiter jedenfalls keine. „Ich lebe das Konzept voll“, sagt Gurski. (ROBERT M. FRANK)

Aufrufe: 09.12.2022, 05:54 Uhr
Robert M. FrankAutor