2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Rainer Kraft
Rainer Kraft – Foto: paul@lsn.sarl

Rainer Kraft: nach China und Ghana jetzt Berburg

FuPa hat sich während der Wintervorbereitung mit dem weitgereisten neuen Trainer des FC Berdenia unterhalten

Die Vita des bereits Anfang Januar als neuen Berdenia-Coach vorgestellten Rainer Kraft – FuPa berichtete – lässt sich sehen. Schalke 04, VfB Stuttgart, Karlsruher SC oder auch der VfL Wolfsburg, für den er ein Projekt in China leitete, findet man genauso in seinem Lebenslauf wie die Stuttgarter Kickers aus seiner Heimatstadt oder zuletzt die Accra Lions, mit denen er in Ghana von der 2. in die 1.Liga aufstieg. Wie passt da ein luxemburgischer Zweitligist ins Bild? Wir haben nachgefragt.

Früh in der Berburger Wintervorbereitung kristallisierte sich bereits ein Themenbereich für den neuen Trainer heraus, nämlich an einer gewissen Abschlussschwäche musste gearbeitet werden: „Ich war schnell nah an der Mannschaft dran, da ich mir grundsätzlich viel Zeit nehme, mit den Spielern unter vier Augen zu reden. Das Team zeigte mir klipp und klar, wo Nachholbedarf bestand.“ Frühe Erkenntnisse lassen logischerweise mehr Zeit für Anpassungen.

„Für mich gilt, dass ich einfach gewinnen will“

Die Ausgangslage des FC Berdenia wird unter Rainer Kraft nicht nach unten angepasst. Mit der Vorgabe, einen Mittelfeldplatz zu erreichen ging man in die Spielzeit 2022-2023, in der man sich aber stets in der Aufstiegsregion bewegte. „Wenn man Vierter ist, dann setzt man sich sicherlich nicht zum Ziel, Achter zu werden, das ist klar“ so ein Rainer Kraft gegenüber FuPa, der sich durchaus bewusst ist, dass zwischen Vereinszielen und Zielen einer Mannschaft auch einmal eine gewisse Diskrepanz herrschen kann.

„Für mich gilt, dass ich einfach gewinnen will. Ich will das nächste Spiel gewinnen. Wohin das am Ende einer Saison führt, wie oft es passiert, dass man auch tatsächlich gewinnt, das muss man sehen. Ich würde niemals sagen, dass wir aufsteigen müssen. Ich will gewinnen, so habe ich das immer gehalten. Das klingt erst einmal sehr simpel, doch man muss das über die gesamte Saison sehen: wenn man z.B. den Aufstieg als Ziel ausgibt, dann aber früh sagen wir acht Punkte hinter dem Tabellenersten hinterherhinkt, dann ist die Saison quasi schon kaputt, wenn man es so formulieren möchte. Keiner hat dann mehr Lust, weil das Ziel nicht mehr zu erreichen ist.“

„Wir haben uns getroffen und es hat gepasst“

Dass Berburg in der Stuttgarter Region nicht gerade der bekannteste Fußballverein ist, sollte niemanden überraschen. Wie kam es also dazu, dass ein Schwabe bei einem luxemburgischen Zweitligisten anheuerte? „Nach so vielen Jahren im Business habe ich natürlich ein großes Netzwerk“ erläuterte ein stets besonnener Rainer Kraft die Basis.

„Ein sehr guter Freund, der in Saarbrücken tätig ist, rief mich an und informierte mich, dass Berburg einen Trainer suchen würde, da Roland Seitz den Verein verlassen habe. (…) Ich bekam dann die Telefonnummer von Raoul Schummer (d.Red.: der Präsident von Berdenia Berburg), ich habe mich gemeldet, wir haben uns getroffen und es hat gepasst.“ Schummer war dabei wichtig, dass der Wechsel von Roland Seitz zu Rainer Kraft eine gewisse Kontinuität versprach.

>> Fotogalerie von Rainer Krafts erstem Spiel mit Berburg

„Ich höre mir grundsätzlich alle Angebote an“

Vor seinem aktuellen Engagement beim FC Berdenia war Kraft in Ghana aktiv. „Im Frühjahr 2019 war ich als Projektleiter für den VfL Wolfsburg in China tätig. Während jener Zeit bekam ich einen Anruf, dass die Accra Lions, damals ein Zweitligist, einen Cheftrainer suchen würden. Ich höre mir grundsätzlich alle Angebote an und war noch nie beruflich in Afrika. Wir führten lange Gespräche mit den Verantwortlichen dort (…). Afrika war damals nicht meine erste Wahl muss ich ehrlich zugeben, habe aber zugesagt, da Vereine mit anderen Angeboten nicht in die Gänge kamen.“

Bevor sich der heute 60-Jährige endgültig entschied, wurde er für eine Woche vor Ort eingeladen, um sich alles anzuschauen. „Das hat dann alles gepasst und es wurden schließlich zweieinhalb Jahre daraus“ – einen Aufstieg in die ghanaische Premier League mit einer sehr jungen Mannschaft von nur knapp über 19 Jahren im Schnitt zu Saisonbeginn inbegriffen.

„Die Menschen müssen passen“

Nach Vertragsende in Ghana sorgten auch andere, private Prioritäten dafür, dass Rainer Kraft zurück nach Europa kam und erst im letzten Herbst begann er wieder, sich nach neuen Stellen umzuschauen.

„Mir geht es jetzt darum, auf dem Platz zu stehen. Es spielt für mich gar nicht so die Rolle, ob es sich um einen Zweitligisten in Luxemburg, einen Erstligisten in Afrika oder einen Drittligisten in Deutschland handelt. Die Menschen, mit denen man zusammenarbeitet, müssen passen, das ist mir sehr wichtig, da es sonst keinen Spaß macht. Dazu kommt, dass Berburg nun auch nicht komplett aus der Welt ist und ich in drei Stunden zuhause bin und ich habe außerdem nahe Verwandte, die in Trier leben.“

Ein Aufstieg in die BGL Ligue wäre historisch

Das Gesamtpaket hat für den weitgereisten Rainer Kraft beim FC Berdenia also gepasst, Geld war dabei nicht das wichtigste Argument. Wo die Reise mit seiner neuen Mannschaft hinführen wird, wird man im Verlauf der Rückrunde sehen. Im Idealfall könnte sich die Geschichte für Berburgs neuen Trainer wiederholen, sollte ihm der Aufstieg in die BGL Ligue gelingen – womit er dann beim FC Berdenia nach nur wenigen Monaten Historisches geschafft hätte, war das Erreichen der Ehrenpromotion für Berburg im Jahr 2020 ligatechnisch bereits das höchste der Gefühle. Doch bis es soweit ist, will Rainer Kraft vorerst „nur“ das nächste Spiel gewinnen.

Aufrufe: 04.2.2023, 09:00 Uhr
Paul KrierAutor