2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Repräsentant beim FC Schalke 04: Ex-Profi Olaf Thon – hier vor einigen Tagen bei der Mitgliederversammlung des Vereins.
Repräsentant beim FC Schalke 04: Ex-Profi Olaf Thon – hier vor einigen Tagen bei der Mitgliederversammlung des Vereins. – Foto: imago images/RHR-FOTO

„Wir sind eine Mannschaft zum Anfassen“

Interview mit Fußballweltmeister Olaf Thon über die Traditionself des FC Schalke 04 und den Auftritt in Ostercappeln

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Fußballweltmeister Olaf Thon läuft am Samstag, 2. Juli, um 17 Uhr mit dem Traditionsteam des FC Schalke 04 in Ostercappeln auf. „Wir sind eine Mannschaft zum Anfassen“, sagt der Ex-Profi und heutige TV-Experte im Interview. Das Publikum kann sich also auf nahbare Schalker Legenden beim Vereinsgeburtstag des OFV Ostercappeln einstellen.

Herr Thon, worauf dürfen sich die Zuschauer am Samstag in Ostercappeln freuen?

Es ist ja eine ganze Menge geplant zum 101. Geburtstag des OFV Ostercappeln. Schön, dass wir mit unserem Spiel gegen die Altherren-Auswahl eingebunden sind in die Festwoche des Sports. Wir freuen uns darauf und stehen für Autogramme und für Gespräche über alte Schalker Zeiten oder auch über die neue Saison bereit. Wir sind meist eine Stunde vor Spielbeginn vor Ort und trinken dann noch einen Kaffee. Ob dabei, beim Warmmachen, in der Halbzeitpause oder nach dem Spiel: Wir stehen jederzeit für Autogramme oder Selfies zur Verfügung. Wir sind eine Mannschaft zum Anfassen, was heute im Profisport leider nicht mehr so möglich ist wie damals zu meiner Zeit, als die Anhänger noch einen viel engeren Kontakt zu uns Spielern hatten.

Wie oft kommt die Traditionself des FC Schalke denn zusammen?

Wir trainieren immer dienstags. Uns stehen die Plätze rund um die Schalker Arena zur Verfügung, bei Schlechtwetter nutzen wir eine Halle mit Kunstrasen. Und in der Regel spielen wir von Ende April bis Oktober jedes Wochenende. Wir machen etwa 30 Spiele pro Jahr. Vor Corona waren regelmäßig 16 bis 18 Spieler dabei. Seit der Pandemie merken wir, dass es schwieriger wird, ein Team zusammenzustellen. Aber wir sind guten Mutes. Die Traditionself hat 131 Mitglieder, davon sind 40 richtig aktiv.

Und wer ist der Fitteste bei den Schalker Oldies?

Das sind unsere Jüngeren, die zwar keine Profis waren, aber 20 bis 25 Jahre jünger sind als ich. Wir haben einige in unseren Reihen, die knapp unter 40 sind. Miguel Pereira ist auch sehr fit. Der gehörte zu den Eurofightern, kam aber damals nicht zum Einsatz. Insgesamt gibt es einen guten Mix, unser Altersschnitt liegt um die 50. Die Leistung ist heute nicht mehr entscheidend, das Dabeisein ist alles. Ich stelle die Mannschaft aber so auf, dass meistens die Traditionself gewinnt.

Geht es beim Traditionsteam immer nur um Fußball?

Da einige Spieler irgendwann nicht mehr in die Trikots passten, haben wir 2018 eine Gruppe innerhalb der Traditionself gegründet. Dicken-Gruppe nennen wir sie intern, eigentlich heißt sie Gesundheitsgruppe. Da treffen sich 16 Ex-Profis und gehen in den Wintermonaten sonntags laufen. Zweimal im Jahr machen wir außerdem einen Medizincheck auf dem Laufband. Insgesamt hat die Gruppe seit ihrer Gründung mehr als 80 Kilogramm abgenommen. Von den 16 Teilnehmern gibt es fünf, die jetzt über zehn Kilo weniger wiegen als vorher und das neue Gewicht bereits vier Jahre halten.

Und wie halten Sie sich persönlich fit?

Neben dem Fußball versuche ich Golf zu spielen, das ist mein zweites Hobby. Und ich gehe ein- bis zweimal pro Woche laufen. Ich denke, dass ich für meine 56 Jahre relativ fit bin. Das können Sie am Samstag beim Spiel in Ostercappeln ja verfolgen und begutachten.

Welche Rolle spielen Sie heute im Legendenteam?

Ich trage die Nummer zehn und spiele irgendwo im Mittelfeld, manchmal auch hinten. Es sind übrigens auch mal Frauen oder Kinder von Spielern dabei. Josefine Osigus, die Tochter von unserem Torhüter Christof Osigus, ist Jugendnationalspielerin und hat zuletzt bei uns mitgespielt.

Was bedeutet Ihnen die Traditionsmannschaft?

Tradition wird bei Schalke großgeschrieben. Schon in den 60er-Jahren wurde das Team ins Leben gerufen. Wir versuchen die Tradition fortzuführen und den Verein im In- und Ausland zu repräsentieren, wenn wir etwa von Fanclubs und bei Jubiläen eingeladen sind. Wir sind wegen des früheren Schalke-Sponsors Gazprom schon nach Russland gereist. Im Mai waren wir gerade in Polen, wo wir auch die Gedenkstätte Auschwitz besucht haben.

Ihr Verein ist zurück in der Bundesliga. Wie gut sehen Sie den FC Schalke für die neue Saison aufgestellt?

Neue Spieler wie Torhüter Alexander Schwolow, Ibrahima Cissé oder Tom Krauß müssen sich jetzt erst mal finden und sich einen Namen machen. Schön wäre es, wenn der neue Coach Frank Kramer, der auch noch nicht den großen Namen hat, irgendwann als großer Trainer gehen würde. Vielleicht nach zehn Jahren. Das brächte endlich mal Kontinuität auf der Trainerposition. Und das ist eine große Kunst auf Schalke, über mehrere Jahre einen Cheftrainer zu haben. Daran wird man aber gemessen.

Was trauen Sie den Profis in Königsblau zu?

Das Ziel ist klar der Klassenerhalt. Alles andere ist untergeordnet und wäre übertrieben.

Wie beurteilen Sie den Poker um Topstürmer Robert Lewandowski, der von Ihrem ehemaligen Club FC Bayern zum FC Barcelona wechseln möchte?

Keiner hätte gedacht, dass sich der Fall Lewandowski so entwickelt. Da hat der Verein unterschätzt, wie wichtig es ist, mit dem Spieler persönliche Gespräche über seine Ziele zu führen. Wenn man den weltbesten Fußballer in seinen Reihen hat und dieser trotz bestehenden Vertrags weg will, dann kann nicht alles super sein. Das kann man nicht nur mit der Sonne in Barcelona erklären. Das Problem hat natürlich nicht nur der FC Bayern, sondern alle absoluten Topmannschaften weltweit. Da muss man eine Strategie finden, die für alle passt. Ich denke, dass sich beide Seiten bei einer Ablösesumme von 50 Millionen Euro treffen werden. Dann war Lewandowski eine super Investition – und der Spieler kann sich am Ende seiner Karriere seinen Traum erfüllen. Dass er diesen Traum hat, kann ich verstehen. Ich glaube aber nicht, dass er mit Barcelona an die Erfolge herankommen wird, die er mit den Bayern gefeiert hat.

Wie werden Sie den deutschen Profifußball in der kommenden Saison begleiten?
Ich werde wieder als Experte für n-tv und den Fernsehsender RTL sowie als Kolumnist für den „kicker“ tätig sein. Vielleicht bin ich zur WM auch fürs ARD-Frühstücksfernsehen im Einsatz. Da bin ich noch in der Findung. Die Gespräche laufen gerade an.

Was verbinden Sie mit der Region Osnabrück?

Ich habe in der Saison 1983/84 in der 2. Bundesliga mit Schalke beim VfL Osnabrück gespielt. Ich erinnere mich an ein kleines Stadion mit super Stimmung. Und ich bin im Raum Osnabrück mal zum Grünkohlkönig des Fußballkreises ernannt worden. Grünkohl bereite ich auch selber zu. Mein Vater hat das Gemüse schon vor 30 Jahren eigens angepflanzt. Nach dem Spiel in Ostercappeln werden wir aber wohl eher Schnitzel oder Ähnliches essen. Ich bin gespannt auf Samstag.

Aufrufe: 030.6.2022, 14:00 Uhr
Heike DierksAutor