2024-05-14T11:23:26.213Z

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Mark Zeh im großen RP-Interview.
Mark Zeh im großen RP-Interview. – Foto: Michael Schnieders
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Mark Zeh: „Wir wollen das Wunder Klassenerhalt schaffen“

Mit dem Nachholspiel am Samstag bei der U23 Fortuna Düsseldorfs startet der FC Wegberg-Beeck in die Rückrunde. Kurz vor dem Start spricht Trainer Mark Zeh über die Hinrunde, die Vorbereitung, die anstehende Rückrunde – und über sich selbst.

Direkt mit dem ersten Punktspiel des Jahres geht es für den FC Wegberg-Beeck in die Vollen. Denn am Samstag, Anstoß 14 Uhr, treten die Kleeblätter nach einer kurzen und knackigen Vorbereitung beim direkten Klassenerhalt-Konkurrenten Fortuna Düsseldorf U23 an.

Welche Note würden Sie der Vorbereitung geben?

Mark Zeh: "Schwierig, da muss ich differenzieren. Die ersten zwei Wochen haben wir hart und viel gearbeitet, witterungsbedingt war in der dritten Woche nicht alles möglich, mussten wir improvisieren. Alle haben aber sehr gut mitgezogen. Daher würde ich als Gesamtnote eine 2 geben – für das Engagement, den Willen und den Fleiß. Und sehr positiv ist, dass wir trotz der teilweise vereisten Böden ohne große Verletzungen durch die Vorbereitung gekommen sind. Da haben auch unsere Physios sehr gute Arbeit geleistet."

Die vier Testspiele brachten gegen die Landesligisten Eilendorf und Helpenstein zwei klare Siege, eine knappe Niederlage gegen Oberligist Hilden und eine deutliche Niederlage gegen den luxemburgischen Erstligisten Wiltz. Welche Note geben Sie da?

Zeh: "Eine 3 Minus. Wie zuletzt auch schon in der Meisterschaft haben wir gegen Hilden und Wiltz zu viele Gegentore kassiert. Da fehlte die Galligkeit und die Gier, das eigene Tor unbedingt zu verteidigen – auch bei den Standards. Daran müssen wir weiter intensiv arbeiten. Vorne sind wir immer für ein Tor gut."

Welche Erkenntnisse haben Sie aus den Tests denn gewonnen?

Zeh: "Wir haben da wiederholt die Viererkette probiert, um variabler zu werden. In der Hinrunde haben wir ja meist mit einer Dreierkette gespielt, die bei gegnerischem Ballbesitz zu einer Fünferkette wurde."

Gibt es für Sie einen Gewinner der Vorbereitung?

Zeh: "Hervorheben möchte ich da eigentlich keinen, der Kader ist gut und breit aufgestellt, der Konkurrenzkampf groß – und das muss auch so sein. Fakt ist aber sicherlich, dass sich einige Erkenntnisse des letzten Teils der Hinrunde in der Vorbereitung bestätigt haben. So hat sich Julio Torrens weiterhin stabilisiert, haben Niklas Fensky und Mathias Hülsenbusch einen gehörigen Sprung nach vorne gemacht. Gut ist auch, dass Alec Vinci nach seinem Mittelfußbruch nun wieder vollständig zur Verfügung steht."

Das Auftaktprogramm hat es wahrlich in sich – nacheinander geht es gegen drei direkte Konkurrenten um den Klassenerhalt: erst Düsseldorf, dann Ahlen und dann Lippstadt. Hätten Sie sich lieber erst mal einen Gegner aus der oberen Tabellenhälfte zum Einspielen gewünscht?

Zeh: "Das können wir nicht beeinflussen, jedes Spiel muss einfach gespielt werden. Fakt ist: Man darf sich keine lange Negativphase erlauben – die hatten wir ja bereits am Ende der Hinrunde."

Wie sehen Sie die den Auftaktgegner? Das Hinspiel hatten Sie 1:0 gewonnen.

Zeh: "Düsseldorf ist nicht mehr mit der Mannschaft der Hinrunde zu vergleichen, hat sich stabilisiert und stark verbessert, hat zudem im Winter auch noch mal personell nachgelegt. Das wird für uns direkt ein Start von Null auf Hundert. Doch chancenlos sind wir auch da nicht. Es gilt wie immer: Wenn wir von Anfang an giftig und gierig sind, der eine für den anderen bedingungslos bereit ist, in die Bresche zu springen und Fehler auszubügeln, können wir auch in Düsseldorf punkten. Und natürlich gilt auch dort, dass jeder von uns bis an seine Leistungsgrenze gehen muss. Ansonsten haben wir da keine Chance."

Hätten Sie sich auch zumindest eine Winter-Verstärkung gewünscht? Speziell auf der linken Seite sieht es personell ja ein wenig dünn aus.

Zeh: "Klar hätten wir gerade auf dieser Position gerne noch einen dazugewonnen. Es gab auch Gespräche, doch die haben aus unterschiedlichen Gründen zu keinem Ergebnis geführt. Damit muss ich leben, das ist eben so. Ich habe allerdings auch so volles Vertrauen in die Mannschaft."

Ihre Mannschaft ist in dieser Liga das einzige Amateurteam. Woraus schöpfen Sie Zuversicht, dass der Klassenerhalt dennoch gelingen kann?

Zeh: "Wir haben in der Hinrunde aus 16 Spielen 19 Punkte geholt – das ist überragend. Über weite Strecken haben wir da gezeigt, dass wir wirklich mithalten können. Unsere große Stärke war, dass wir da als echte Einheit aufgetreten sind, jeder für jeden da war– genau da müssen wir nun anknüpfen. Ja, wir wollen das Wunder Klassenerhalt schaffen – dann hätte sich die sehr harte Arbeit so richtig gelohnt, wäre das für den gesamten Verein und alle, die hier mitarbeiten, eine ganz tolle Sache."

Gibt es ein Spiel, an das Sie sich besonders gern erinnern?

Zeh: "Ja, das gegen Rödinghausen. Da führten wir gegen diese Vollprofitruppe, die in den Jahren davor auch immer im oberen Drittel zu finden war, zur Pause schon 4:1. Da hatte ich zur Halbzeit, als wir die Treppen zur Kabine runtergingen, schon ein sehr, sehr gutes Gefühl. So entspannt habe ich dann keine zweite Halbzeit erlebt, denn wir hatten weder davor noch danach zur Pause mal so eine klare Führung."

Gibt es umgekehrt auch ein Spiel, an das Sie gar nicht gerne zurückdenken?

Zeh: "Sogar zwei. Zum einen das 1:3 im Derby gegen Düren, in der damaligen Verfassung die zu diesem Zeitpunkt vielleicht sogar beste Mannschaft. Da haben wir richtig gut gegenhalten, uns durch völlig unnötige Fehler bei eigenem Ballbesitz aber alles kaputtgemacht. Das hat mich damals kolossal geärgert, da hatte ich ein paar Tage dran zu knabbern. Und zum anderen das 0:3 zum Hinrunden-Ende in Gütersloh. Da haben wir einfach nichts auf den Platz gekriegt."

Spielausfälle treffen Ihre Mannschaft ungleich härter als die anderen Teams. Drei Nachholspiele haben Sie bislang – kräftezehrende englische Wochen und weite Fahrten unter der Woche bis nach Westfalen sind die Konsequenz. Was eine Profitruppe sicherlich leichter wegstecken kann.

Zeh: "Das ist so. Daher hoffen wir auch sehr, dass jetzt nicht mehr viele Ausfälle dazukommen. Ich vertraue da mal dem Wettergott."

Gesetzt den Fall, Sie könnten mit dieser Mannschaft ebenfalls unter Profibedingungen arbeiten. Was wäre mit diesem Kader dann drin?

Zeh: "Das ist eine sehr schwierige Frage, weil es eine Was-Wäre-Wenn-Frage ist. Ein paar zusätzliche Prozent wären aus dieser Truppe dann aber sicherlich rauszuholen."

Beruflich sind Sie stark beansprucht. Erleichtert das auch Ihr Verständnis für die Spieler?

Zeh: "Zu 100 Prozent. Dass wegen der Jobs der ein oder andere leistungsmäßig mal eine Delle drin hat, kann ich daher sehr gut nachvollziehen. Auf diesem Niveau schlaucht diese Doppelbelastung schon sehr."

Sie selbst haben 16 Jahre lang vom Fußball gelebt, waren de facto Profi – eine bemerkenswert lange Zeit. Waren Sie nie ernsthaft verletzt?

Zeh: "Doch, direkt zu Beginn. Mit 19 Jahren hatte ich einen Kreuzbandriss, der mich quasi zwei Jahre gekostet hat – ein Jahr war ich damit außer Gefecht gesetzt, ein weiteres Jahr habe ich gebraucht, um wieder mein höchstes Level zu erreichen. Von weiteren schweren Verletzungen bin ich danach gottlob verschont geblieben."

Während Ihrer Siegener Zeit klopfte auch mal Friedel Henßen bei Ihnen an, damals Beecks Trainer und Sportlicher Leiter in Personalunion. Warum hat es mit einem Wechsel zum FC damals nicht geklappt?

Zeh: "Der Hauptgrund war, dass ich damals begonnen hatte, mich nach einer beruflichen Perspektive neben dem Fußball umzuschauen. Die konnte mir Siegen dann bieten, Beeck nicht."

Ab wann haben Sie als Spieler angefangen, wie ein Trainer zu denken?

Zeh: "Als ich in Siegen Kapitän wurde – der war ich danach auch auf meinen weiteren Stationen. Da wurde ich von den Trainern mit in die Verantwortung genommen, in deren Überlegungen mit einbezogen. Dazu habe ich erste Erfahrungen selbst gesammelt – als Trainer meines Sohns bei den Sportfreunden Neuwerk. Das habe ich sogar über einige Jahre gemacht."

Haben Sie ein Trainer-Vorbild?

Zeh: "Ein direktes nicht. Ich habe mir von etlichen Trainern etwas abgeschaut und übernommen. Zwei stechen aber hervor: Michael Boris, mein Trainer in Siegen, war fachlich klar der Beste, und in puncto Teamführung und Menschlichkeit war das Arie van Lent. Der war mein Trainer in Kleve."

Worauf legen Sie als Trainer wert?

Zeh: "Erst einmal Disziplin. Dann sind auch Emotionalität und Aggressivität sehr wichtig – ohne die hat man keinen Erfolg. Dazu schätze ich Positionsspiel und ein sauberes Passspiel sehr."

In Beeck sollten Sie als Trainer der Bezirksliga-Reserve eigentlich im Sommer 2019 einsteigen – als Nachfolger von Markus Lehnen. Von dem trennte sich der Verein dann aber vorzeitig, Anfang Mai übernahmen Sie für immerhin noch acht Spiele. Können Sie sich noch Ihr erstes Spiel erinnern?

Zeh: "Aber ja! Das verloren wir gegen Würm/Lindern 0:1. Als Aktiver hatte ich ja nie in so einer Ligagespielt, ich musste mich also erst mal daran gewöhnen. Doch ich hatte da eine super Truppe – jung und sehr lernwillig. Erfolge haben sich dann ja auch schnell eingestellt. Die Arbeit mit diesen Jungs hat wirklich Spaß gemacht. Ehrlich gesagt war für mich aber schon damals klar, dass ich auch mal auf dem Level trainieren möchte, auf dem ich selbst gespielt habe."

Diese Chance kam in Beeck dann schneller als gedacht: Anfang März 2021 trennte sich der Verein von Cheftrainer Michael Burlet. Da die Reserve pandemiebedingt da schon lange nicht mehr spielen durfte, standen Sie problemlos parat.

Zeh: "Ja, und ich bin den Verantwortlichen auch weiterhin sehr dankbar für das Vertrauen, das sie mir damals geschenkt haben."

Sie können sich sicherlich auch da noch an Ihr erstes Spiel erinnern.

Zeh: "Klar! Das war gegen den Tabellenführer und späteren Aufsteiger Borussia Dortmund II. Bis zur 87. Minute hielten wir ein 0:0, dann foulte Meik Kühnel im Strafraum Ansgar Knauff, der heute bei Eintracht Frankfurt spielt. Den Elfmeter nutzte die Borussia zur späten Führung, am Ende verloren wir 0:2. Von der Qualität her war diese Dortmunder Mannschaft sicherlich die beste, die wir in den vergangenen fünf, sechs Jahren im Waldstadion gesehen haben."

An der Seitenlinie und bei Ihren Analysen nach dem Spiel hinterlassen Sie stets einen überaus sachlichen Eindruck. Können Sie auch anders?

Zeh (grinst): "Fragen Sie mal die Jungs zu meinen Kabinen-Ansprachen! Und Niederlagen beschäftigen mich immer noch zwei, drei Tage lang – auch nach all den Jahren als Spieler und Trainer."

Abschließende Frage: Welche Schlagzeile würden Sie mal gerne über sich lesen?

Zeh: "„Mark Zeh führt den FC Wegberg-Beeck zum Klassenerhalt“."

Mario Emonds führte das Gespräch.

Aufrufe: 027.1.2024, 10:30 Uhr
Mario EmondsAutor