2024-05-14T11:23:26.213Z

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Um den KFC Uerdingen stellen sich weiterhin Fragen.
Um den KFC Uerdingen stellen sich weiterhin Fragen. – Foto: Ralph Görtz
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KFC Uerdingen: Radikaler Schnitt ist zwingend geboten

Analyse: Eine ziemlich turbulente Woche liegt hinter dem KFC. Die nackten Fakten liegen auf dem Tisch, doch es gibt viele Fragen: Wie kam der geplante Deal zustande? Wer ist Baris Günes? War das Scheitern absehbar? Vorstand und Verwaltungsrat blauäugig?

Es ist ziemlich exakt ein Jahr her, dass der damalige Vorsitzende Damien Raths einen Sieben-Jahres-Vertrag mit dem neuen Hauptsponsor dasbob unterzeichnete, der jährlich 500.000 Euro bringen sollte. Die Zahlungen blieben aus, der Vertrag wurde vom Verein fristlos gekündigt, das eingeplante Geld fehlt seitdem.

Jetzt wurde ein Darlehensvertrag unterschrieben, dank dessen diese Summe dem Verein mehrjährig zins- und tilgungsfrei zur Verfügung gestellt werden sollte. Bereits die erste Rate am 12. April blieb aus. Am Mittwoch hat der designierte Darlehensgeber Baris Günes einen Rückzieher gemacht, woraufhin der Vorsitzende Marc Schürmann und Sportvorstand Ilja Ludenberg sofort zurückgetreten sind. All das wirft viele Fragen auf. Spurensuche.

Wer hat den Deal eingefädelt? Ilja Ludenberg, jahrelang Stadionsprecher von Fortuna Düsseldorf, mitverantwortlich für die zweite Mannschaft und gut vernetzt, hatte gehört, dass Baris Günes mit dem Regionalligisten 1. FC Düren über einen Einstieg als Investor dort verhandelt. „Ich habe ihn angerufen, mein Konzept für den KFC aus der Schublade geholt, das ich vor über zwei Jahren entwickelt hatte, ehe man sich für Damien Raths entschied und habe es Baris Günes vorgelegt“, berichtet Ludenberg. Und natürlich hatte er gute Karten, denn eine Investition bei dem Traditionsverein Uerdingen ist sicherlich verlockender als in Düren, auch wenn der Verein eine Klasse höher spielt. Baris Günes zeigte Interesse, so dass es zu Verhandlungen zwischen dem Investor, Vorstand, Verwaltungsrat und dem Darlehensvertrag kam, woraufhin Marc Schürmann als Vorsitzender zurückkehrte und Ludenberg das Amt als Vorstand Sport übernahm.

Wer ist der vermeintliche Darlehensgeber?

Wer ist Baris Günes? Im Fußball ist er alles andere als unbekannt und er trug sogar zwei Mal das Uerdinger Trikot: 1991 kam er vom VfB Homberg und spielte bei den Blau-Roten zwei Jahre in der U17, dann noch einmal 1998 in der zweiten Mannschaft des KFC. Er ist als Trainer Inhaber der Uefa-Pro-Lizenz, war acht Monate Manager beim damaligen Drittligisten Rot Weiss Ahlen. Er arbeitet für die SG-Sportmanagement und soll u.a. den Kontakt zwischen Friedhelm Funkel und dem 1. FC Kaiserslautern hergestellt haben.

Wurde seine Vergangenheit durchleuchtet? In den sozialen Netzwerken wurde Baris Günes in den zurückliegenden Tagen kriminalisiert, weil er 2013 wegen gewerbsmäßigen Betrugs in sechs Fällen zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wurde, die er aber im offenen Vollzug verbringen durfte. Davon hatten Vorstand und Verwaltungsrat des KFC Kenntnis. Da sich der designierte Investor jedoch seitdem nichts zu Schulden kommen ließ, sahen die Verantwortlichen in den Gremien in der Vergangenheit keinen Hinderungsgrund.

War das Scheitern absehbar? Aus Sicht der Uerdinger Verantwortlichen nicht. Sie waren heilfroh, einen Geldgeber für ein zins- und tilgungsfreies Darlehen gefunden hatten. Allerdings hätten bei allen die Alarmglocken läuten müssen, als die erste anvisierte Zahlung am 12. April ausblieb. Wie groß das Vertrauen war, zeigt die Tatsache, dass Schürmann und Ludenberg trotzdem am 15. April die Vorstandsämter übernommen haben.

Warum ist der Deal geplatzt? Darüber gibt es unterschiedliche Aussagen und Annahmen. Laut Ludenberg kam es mit Baris Günes zu Unstimmigkeiten, nachdem sein Name öffentlich geworden war, obwohl noch Stillschweigen vereinbart war. Das mag ein Grund sein und ist in Uerdingen alles andere als unwahrscheinlich, weil in Vorstand, Umfeld, Trainer und Mannschaft Klatsch und Tratsch an der Tagesordnung sind und Vertraulichkeit ein Fremdwort ist. Zudem ist es aber auch möglich, dass Baris Günes kalte Füße bekommen hat, denn Darlehen im Sport müssen oft, vielleicht sogar meist, abgeschrieben werden.

Was sagt Baris Günes? „Ich bin nicht allein, die Kinder sind um mich herum. Daher möchte ich jetzt nichts dazu sagen“, erklärte er am Samstagmittag im Gespräch mit unserer Redaktion. „Nur so viel: Ich habe das nicht zu verantworten und der für mich arbeitenden Anwaltskanzlei Bescheid gesagt, weil all as, was berichtet wird, nicht der Wahrheit entspricht.“

Wie geht es weiter?

Was muss jetzt geschehen? Marc Schürmann und Ilja Ludenberg sind zurückgetreten, ihre Karriere als Sportfunktionäre scheint damit beendet. Ob es damit die Richtigen trifft, muss stark bezweifelt werden. Derzeit geht die Flickschusterei beim KFC weiter, ohne das wirkliche Besserung in Sicht ist. Der Verein kann sich weiterhin nicht dazu durchringen, den dringend benötigten, echten Schnitt zu machen – mit Hilfe eines Insolvenzverfahrens, anderem Vorstand und anderen Angestellten. So bleibt es die dringende Aufgabe des Verwaltungsrates, den Verein Ende Juni, wenn die Amtszeit des Vorstand endlich endet und die Mitgliederversammlung ansteht, wirklich völlig neu aufzustellen.

Aufrufe: 029.4.2024, 12:00 Uhr
Thomas SchulzeAutor