2024-05-14T11:23:26.213Z

Ligabericht
Mit dem Ball am Fuß wird Franziska Höllrigl zum Monster - und ist nur schwer zu stoppen.
Mit dem Ball am Fuß wird Franziska Höllrigl zum Monster - und ist nur schwer zu stoppen. – Foto: Peter Solek

Franziska Höllrigl: »Sie wird geschätzt, sogar verehrt«

Die 27-Jährige des FC Ruderting gehört zu den besten Spielern Bayerns. Sie wird für ihre Leistung, die für sich spricht, gelobt. Weggefährtinnen betonen aber auch ihre Persönlichkeit

Junioren-Bundesliga. Regionalliga. Bayernliga. Seit Ende Januar sechsfacher (!) niederbayerischer Hallen-Bezirksmeister, zudem frischer dreifacher bayerischer Hallenmeister. Dabei eigentlich immer Leistungsträger und Führungsspieler, seit Jahren sogar Spielführer. Würde ein männlicher Amateurkicker diese beeindruckende Vita vorweisen können, er wäre eine kleine Berühmtheit. Da sich aber "nur" um eine Frau handelt, ist Franziska Höllrigl vom FC Ruderting nur lokal und Insidern bekannt. Und dass das der 27-Jährige aber mal so dermaßen nicht gerecht wird, liegt auf der Hand - nicht nur wegen eingangs aufgelisteter Vita.

"Frän, wie sie alle nennen, wird von ihren Gegenspielerinnen nicht gehasst, was bei ihrer Klasse eigentlich normal wäre. Sie wird vielmehr geschätzt, sogar verehrt", sagt Anja Riebesecker. Die 32-Jährige ist Trainerin beim SV Frauenbiburg, dem niederbayerischen Aushängeschild in Sachen Frauenfußball schlechthin. Seitdem Abstieg aus der Regionalliga tritt der SVF in derselben Liga an wie der FC Ruderting. Auf den ersten Blick verwundert es also etwas, dass Anja Riebesecker eine Lobeshymne auf eine Spielerin des Konkurrenten anstimmt. Der zweite Blick bringt aber Licht ins Dunkel. "Ja, ist sie ein Unterschiedsspieler. Ihr Tempo und ihr Dribbling ist überragend. Sie ist aber auch unglaublich uneigennützig - und das nicht nur als Fußballer."

Anja Riebesecker kennt Franziska Höllrigl nicht nur von Duellen gegeneinander. Sie spielten auch lange Jahre gemeinsam für Frauenbiburg. Die ersten Schritte auf einen Fußballplatz machte "Frän" bei der SG Preming. "Mein Papa hat dort gespielt. Über ihn bin ich überhaupt erst zum Fußball gekommen", blickt die 27-Jährige zurück. Sie beginnt in der F-Jugend, spielt - wie üblich - mit Jungs in einer Mannschaft. Und sie stellt ihren Vater relativ schnell in den Schatten. Auch wenn sie "nur ungern über sich selber redet", erinnert sich Franziska Höllrigl schmunzelnd an eine Anekdote aus ihrer Jugendzeit. "Jeder Verein hat damals drei Spieler ausgewählt, die zum Stützpunkt durften. Ich war dabei - da haben dann die anderen Buben blöd geschaut."



Dass da in Preming eine spielt, die deutlich besser ist als der Rest - egal ob männlich oder weiblich - sprach sich schnell herum. In der C-Jugend wechselte das junge Mädel zum 1. FC Passau. Dort spielte sie bei den Buben und den Mädchen, mit Sondererlaubnis. Denn keiner wollte auf seinen wichtigsten Akteur verzichten. Und die Entwicklung nahm ihren - beim Talent von Franziska Höllrigl - logischen Lauf. Die bayerische Elite des Damenfußballs lockte. "Ich hatte viele Angebote - auch aus München. Letztlich habe ich mich aber für Frauenbiburg entschieden, weil es der nächstgelegende Verein war."

Der jüngste Erfolg: Franziska Höllrigl (vorne rechts) führte Ruderting zur Bayerischen Hallenmeisterschaft.
Der jüngste Erfolg: Franziska Höllrigl (vorne rechts) führte Ruderting zur Bayerischen Hallenmeisterschaft. – Foto: Heiko Becker/BFV




Die flexiblen Offensivkraft mit einer eigentlich schon traditionell beängstigenden Scorer-Quote schien keine Grenze zu haben, was ihre Leistungsfähigkeit betrifft. Sie wurde - eigentlich keine Überraschung - zu diversen Lehrgängen von U-Nationalmannschaften eingeladen. Den großen Sprung schaffte sie aber nicht, sie wollte es so. "Ich bin schon immer heimatverbunden. Hätte ich noch weiter nach oben wollen, hätte ich umziehen müssen. Und das kam nicht infrage, weil es mit zu vielen Unwägbarkeiten verbunden gewesen wäre."

Denn: Auch als Erst- und Zweitliga-Spielerin, selbst, wenn sie mit dem Bundesadler aufgelaufen wäre, hätte Franziska Höllrigl nicht vom Fußball leben können. In dieser Hinsicht ist der Frauenfußball noch Lichtjahre vom männlichen Gekicke entfernt. Angesichts dieses Ungleichgewichtes ist die 27-Jährige natürlich "irgendwie traurig", aber irgendwie auch nicht. Sie spielt Fußball, weil sie diesen Sport liebt. Und nicht des Geldes wegen. Genau deshalb hegt sie keine Gedanken daran, bei den Herren mitzuspielen, was ja seit einiger Zeit möglich ist. "Aber das ist doch unfair", sagt sie dazu. "Die Physis ist einfach zu unterschiedlich."

Franziska Höllrigl ist geerdet. Unzählige Tore und Titel haben ihr nicht den Kopf verdreht. Auf dem Platz wirkt sie vielleicht sogar etwas schüchtern. Nur mit dem Ball am Fuß wird sie zum Monster. Sie kann das Ganze aber auch gut einordnen. Und so verwundert es nicht, dass sie sich nach erfolgreichen Jahren beim SV Frauenbiburg (Anja Riebesecker: "Zigtausend Tore, noch mehr Assists. Allererstes Tor in der Junioren-Bundesliga für den Verein. Genauso erstes Tor in der Regionalliga für Frauenbiburg.") 2018 verabschiedete. Der Aufwand - einfache Fahrzeit: 1 Stunde - wurde ihr auf Dauer zu groß. "Aber Frän wäre nicht Frän, wenn das nicht der sauberste Wechsel aller Zeiten gewesen wäre. Sie hat sich fast noch entschuldigt dafür."

"Frän" als Spielführerin - ein alltägliches Bild, ist doch die 27-Jährige die geborene Anführerin.
"Frän" als Spielführerin - ein alltägliches Bild, ist doch die 27-Jährige die geborene Anführerin. – Foto: Peter Solek


So verabschiedete man in Frauenbiburg einen wichtigen Spieler und einen noch besseren Menschen mit zwei weinenden Auge - und beim FC Ruderting freute man sich über einen Sechser im Lotto. "Im Fußball ist sie im Amateurbereich eine Übermacht", weiß Theresa Hauer, Interimstrainerin in "Ruadading". "Seitdem Frän bei uns in Ruderting ist, lebt der Offensivfußball von ihr. Sie kann Spiele alleine entscheiden." Doch auch beim FC, der mit der Nummer 18 den Sprung in die Bayernliga schaffte, sich dort etablierte und nun um den Aufstieg mitspielt, betont man nicht nur die Wichtigkeit von Franziska Höllrigl als Spielerin. "Sie ist ein sehr herzlicher, hilfsbereiter Mensch und hat immer ein offenes Ohr für alle und alles", betont Theresa Hauer, die "Frän" als gute Freundin bezeichnet.

Bezeichnend. Denn der FC Ruderting ist für die Bauzeichnerin schlicht und einfach das Paradies auf Erden. Sportlich inzwischen sowieso. Und auch das Drumherum lässt keine Wünsche offen. "Ich brauche nur fünf Minuten, um zum Training zu kommen. Wir spielen Bayernliga. Die Mitspielerinnen sind meine Freundinnen", schwärmt die Spielführerin - und schiebt hinterher: "Ich kann mir nicht vorstellen, noch einmal woanders zu spielen."

Dass sie das mit gerade einmal 27 Jahren sagt, ändert nichts an der Glaubwürdigkeit. Ihr nimmt man das ohne Weiteres ab. Und zudem: Damenmannschaften sind generell jünger als die männliche Sorte. Das hat einen einfachen bzw. natürlichen Grund, wie das Beispiel Franziska Höllrigl zeigt. "Freilich will ich mal Familie. Dann allerdings werde ich mich vom Fußball zurückziehen. Mit einem Kind werde ich nicht mehr zurückkommen." Aber keine Sorge, FC Ruderting. Und: Keine Hoffnung für die anderen Vereine. Noch gibt es keine entsprechenden Planungen im Hause Höllrigl. Es werden als noch viele weitere Tore, Vorlagen und Titel folgen. Bleibt nur zu hoffen, dass Franziska Höllrigl die Übersicht nicht verliert...

Aufrufe: 05.2.2024, 10:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor