2024-04-29T14:34:45.518Z

Allgemeines
"Nein zu Montagsspielen": Die Fans der Würzburger Kickers mit einer klaren Botschaft am Freitagabend im Heimspiel gegen den TSV Buchbach.
"Nein zu Montagsspielen": Die Fans der Würzburger Kickers mit einer klaren Botschaft am Freitagabend im Heimspiel gegen den TSV Buchbach. – Foto: Imago Images

Die Regionalliga soll professioneller werden - will sie das auch?

Die Meinungen innerhalb der Liga gehen auseinander

Wohin steuert die Regionalliga Bayern? Der Verband ist derzeit bemüht, dem Aushängeschild des bayerischen Amateurfußballs Schritt für Schritt einen immer professionelleren Anstrich zu verpassen, siehe geplante Livespiele im TV. "Die Bewegtbildvermarktung ist zentraler Bestandteil der Weiterentwicklung", lautet das Credo des BFV, das hat Präsident Dr. Christoph Kern in einer kürzlich verschickten Pressemmitteilung wissen lassen. Die Folge: Der Spielplan wird noch zerstückelter. Regelspieltag am Montagabend? Das gefällt nicht allen - und führt mehr und mehr zu einer Spaltung der Liga: Auf der einen Seite ambitionierte Klubs wie die Würzburger Kickers, die SpVgg Bayreuth und die Nachwuchsteams der Profireserven aus München, Augsburg, Nürnberg und Fürth, die ohnehin unter professionellen Bedingungen arbeiten und den Weg hin zu einer Profiliga gutheißen. Auf der anderen Seite stehen allerdings eine Vielzahl reiner Amateurvereine wie Schalding, Vilzing, Buchbach, Ansbach oder Aubstadt. Zwischendrin Klubs wie Viktoria Aschaffenburg, die darauf hinarbeiten, mittelfristig Profifußball anbieten zu können. Was denken die über die Pläne? Kleinen Vereinen soll der Zugang zur Regionalliga mehr und mehr erschwert werden, so empfinden es viele. Wenn die kleineren Vereine aber weg sind, wer bleibt dann noch übrig?

Denn: In der Regionalliga unter professionellen Bedingungen zu arbeiten, das werden sich auf Dauer nur die allerwenigsten Vereine leisten wollen, respektive können. In Bayreuth hat unlängst Geschäfstführer Jörg Schmalfuß klargemacht, dass professionelle Strukturen bei der Altstadt nur in der 3. Liga Zukunft hätten. Würzburg hat in dieser Saison alles auf den Aufstieg in die 3. Liga ausgerichtet. Die Verträge für Cheftrainer Marco Wildersinn und Sportdirektor Sebastian Neumann wurden verlängert, gelten aber nur für die 3. Liga...

In Schweinfurt haben sie nach einigen Versuchen, in die 3. Liga vorzustoßen, das Projekt Profifußball bis auf Weiteres zu den Akten gelegt und wieder auf Amateurstrukturen umgestellt.

Schaldings Sportlicher Leiter Marcus Clemens wird mit den Plänen des BFV nicht recht warm: "Ich muss dazu ein bissl ausholen: Ich kann schon länger mit dem abgehobenen Profisport nichts mehr anfangen. Da geht`s ja mittlerweile nicht mehr um Millionen, sondern um Milliarden. Das ist realitätsfern ohnegleichen. Ähnlich sehe ich die Entwicklung im Amateursport. Ich denke, wir sind sehr gut beraten, mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben. Ich stehe den Plänen kritisch gegenüber. Wir entfernen uns immer weiter von der Basis." Dabei ist es per se für Clemens nichts Schlechtes, wenn die Regionalliga mehr Aufmerksamkeit generieren soll, aber: "Zu welchem Preis? Dann überträgt das Fernsehen und im Stadion sitzen am Montagabend 180 Zuschauer? Ich sehe einfach das Potential für eine Profiliga nicht gegeben."

Clemens betont, dass sich die Regionalliga Bayern nicht kleiner machen braucht, als sie ist. Gleichzeitig wirbt der erfahrene Funktionär darum, die eigenen Wurzeln nicht zu vergessen: "Ich plädiere weiterhin klar für mehr Basisbezug. Die Regionalliga als Königsklasse der Amateure, damit sind wir jahrelang gut gefahren und haben fast jedes Jahr einen Aufsteiger in die 3. Liga gestellt. Sportlich brauchen wir uns also auch wahrlich nicht verstecken."

Roland Dachauer (re.) sieht die Pläne des BFV sehr kritisch.
Roland Dachauer (re.) sieht die Pläne des BFV sehr kritisch. – Foto: Imago Images


Beim zweiten ostbayerischen Regionalligisten, der DJK Vilzing, wurde schon die Flutlichtpflicht naserümpfend zur Kenntnis genommen. Für Abteilungsleiter Roland Dachauer geht das große Ganze für den Dorfverein in eine bedenkliche Richtung: "Die entscheidende Frage für uns ist: Wann ist das Thema Professionalisierung denn abgeschlossen? Jedes Jahr fällt ihnen was Neues ein." Auch der Vilzinger Macher sieht TV-Spiele an und für sich als nichts Schlechtes: "Grundsätzlich ist der Versuch, mehr Aufmerksamkeit zu wecken, sehr lobenswert. Wir haben bei der Umfrage auch angegeben, dass wir gerne ein Livespiel ausrichten würden - aber samstags, für montags sind wir nicht zu haben. Denn grundsätzlich wäre ein regulärer Spieltag am Montag, und darauf läuft es ja hinaus, für einen Amateurverein eine Katastrophe."

Warum der Montag gleich auf drei Ebenen schlecht für die Vilzinger wäre, erklärt Dachauer im Folgenden: "Auf Dauer ist das für Amateurfußballer nicht mit dem Beruf vereinbar. Zweitens: Um ein Spiel in der Regionalliga stemmen zu können, brauchen wir auch ungefähr 50 ehrenamtliche Helfer pro Spieltag. Das geht ja schon bei den Vorgaben des Verbands los: Stadionsprecher, Sicherheitsbeauftragter, Dopingbeauftrager und so weiter... Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die unter der Woche eher keine Zeit haben. Ein- bis zweimal geht das schon, aber sechs- bis siebenmal wäre nicht zu bewerkstelligen. Und zu guter Letzt würden die Zuschauer auf die Barrikaden gehen. Der Montag hat doch schon im Profibereich für große Ablehnung gesorgt, und jetzt soll das in der 4. Liga funktionieren?"

Für Dachauer ist eines ganz klar: "Es gibt kein Geschäftsmodell für Profifußball in der 4. Liga. Profitum heißt auch, dass die Beteiligten alle davon leben können. Grob überschlagen bräuchte man einen Etat von ein bis zwei Millionen Euro. Ich sehe nicht ansatzweise Einnahmen, die das finanzieren könnten. Du bräuchtest als Regionalligist einen Zuschauerschnitt von 4.000 bis 5.000 Besuchern pro Heimspiel, damit es funktionieren könnte. Davon sind wir in der Regionalliga Bayern meilenweit entfernt."

Der Versuch, die Regionalliga Bayern Fußballbegeisterten außerhalb des Freistaats näher zu bringen und damit neue Märkte zu erschließen, ist für Dachauer ein Schritt in die falsche Richtung: "Kein Mensch in Hamburg oder im Ruhrgebiet wird sich vor den Fernseher setzen und eine Partie der Regionalliga Bayern live verfolgen. Da brauchen wir uns doch nichts vormachen. Regionalliga-Fußball funktioniert lokal, auf dem Land wird das angenommen, das zeigen die Zuschauerzahlen. Da müsste meiner Meinung nach angesetzt und Strategien entwickelt werden, wie das vorhandene Potential ausgebaut werden könnte."

Eines ist Dachauer auch noch wichtig zu erwähnen. Eine Sache, die nicht nur ihn stört: "In der Regionalliga sollte nicht weiterhin mit zweierlei Maß gemessen werden. Wir müssen eine Auflage nach der anderen abarbeiten, im Gegenzug darf die Profireserve von Greuther Fürth in Burgfarrnbach ihre Heimspiele austragen. Die Anlage in Burgfarrnbach ist von Regionalliga-Niveau soweit weg wie Vilzing von Amerika. Der 1. FC Nürnberg II darf am Trainingsplatz spielen. Klar, die Profiklubs haben ein anderes Standing beim Verband. Aber das sollte sich schon irgendwo alles die Waage halten."

Georg Hanslmaier (li.,hier im Bild mit Anton Bobenstetter und Schiedsrichter Thomas Berg) und die Buchbacher können den Plänen des BFV viel Positives abgewinnen.
Georg Hanslmaier (li.,hier im Bild mit Anton Bobenstetter und Schiedsrichter Thomas Berg) und die Buchbacher können den Plänen des BFV viel Positives abgewinnen. – Foto: Michael Buchholz


Wenn in der Liga die Rede von den Kleinen ist, dann muss auch der TSV Buchbach immer als Paradebeispiel herhalten. Der Dorfverein aus dem oberbayerischen Landkreis Mühldorf steckt diese Saison tief im Abstiegskampf, gehört aber in den vergangenen Jahren zum Inventar der Regionalliga. Als reiner Amateurverein dürften die Buchbacher den Plänen ebenfalls skeptisch gegenüberstehen, oder? Abteilungsleiter Georg Hanslmaier: "Wir sehen die Pläne des BFV nicht so kritisch." Eine auf den ersten Blick doch etwas überraschende Aussage.

Hanslmaier konkretisiert: "Wir stimmen dem BFV zu, wenn es darum geht, den Stellenwert der Regionalliga Bayern in Deutschland zu erhöhen. Die Regionalliga Bayern wird ja bundesweit gerne sehr kritisch gesehen, dabei brauchen wir über das sportliche Niveau eigentlich gar nicht diskutieren. Man braucht sich ja nur in den vergangenen Jahren die Aufsteiger in die 3. Liga ansehen. Da war meist immer ein Vertreter aus Bayern dabei."

Die Intention, durch mehr TV-Präsenz neue Einahmequellen zu erschließen, finden die Buchbacher an sich nicht schlecht. "Der BFV wird immer dafür kritisiert, dass keine Gelder akquiriert werden. Der Wunsch nach besserer Vermarktung ist durchaus da bei den Vereinen. Jetzt probiert der Verband etwas, die zehn Spiele bis Saisonende sind aus unserer Sicht eine vernünftige Sache, dafür sollte der BFV nicht an den Pranger gestellt oder alles schlecht geredet werden. Wenn wir eine populäre Liga wollen, dann werden wir den Schritt gehen müssen. Und wenn am Ende was übrig bleibt für die Vereine, dann ist das doch eine gute Sache."


Prinzipiell unter Amateurbedingungen wird auch bei Viktoria Aschaffenburg gearbeitet. Die Spieler gehen alle einem Beruf neben dem Fußball nach. Mittelfristig wollen die Mainfranken aber den Schritt Richtung Profifußball gehen. Die Rahmenbedingungen werden am Schönbusch dafür gerade geschaffen. Immerhin drei hauptamtliche Mitarbeiter kümmern sich mittlerweile um die Belange der Viktoria. Dass es ein steiniger und langwieriger Weg ist, wurde gerade in den vergangenen zwei Jahren deutlich. Große Anstrengungen sind nötig, es gibt immer wieder auch Rückschläge. Sieben einstige Vorstandsmitglieder haben in der jüngeren Vergangenheit ihren Rücktritt erklärt. Auch sportlich läuft es in dieser Saison nicht wie erhofft. Dennoch steht die Viktoria dem Ansinnen einer Professionalisierung aufgeschlossen gegenüber. "Wir haben positiv auf die Anfrage reagiert, weil wir die Bemühungen des Verbands zur Weiterentwicklung der Bewegtbildvermarktung in der Regionalliga Bayern unterstützen möchten. Neue Wege zu gehen bedeutet immer auch, Dinge auszuprobieren und so zu Erkenntnissen zu kommen. Dazu wollen auch wir beitragen. Denn Nichtstun bedeutet Stillstand und wir möchten als Viktoria einen Beitrag zur positiven Weiterentwicklung der Liga leisten", lässt sich Jürgen Rösch zitieren, Leiter für Marketing und Vertrieb beim SVA.

Einig sind sich die Klubs hinsichtlich einer weiteren Professionalisierung also nicht. Wofür steht die Regionalliga Bayern? Diese Frage ist schwer zu beantworten - und es bleibt mit Sicherheit weiter spannend, wohin sich die "Champions League der Amateure" entwickelt...

Aufrufe: 019.3.2024, 08:00 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor