2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview der Woche
Im FuPa-Interview der Woche: SVG-Manager Marvin Bylsma.
Im FuPa-Interview der Woche: SVG-Manager Marvin Bylsma. – Foto: Bylsma/stock.adobe

"Wenn wenig wegbricht, sind wir froh"

Nachspielzeit mit Marvin Bylsma +++ Gonsenheims Manager über kreative Sponsorensuche, neue Vorstände und namhafte Abgänge

Gonsenheim. In unserer Interview-Rubrik "Nachspielzeit" befragen wir wöchentlich in lockerem Rahmen interessante Spieler, Trainer oder Persönlichkeiten der Region über ihren Verein und ihre persönlichen Ziele. Heute zu Gast: Marvin Bylsma, Manager des SV Gonsenheim

Wird die Oberliga-Saison abgebrochen, geht der SV Gonsenheim als Achter ins Ziel. Besser schloss der Klub in der Fußball-Neuzeit nur einmal ab, 2014/15 unter Chefcoach Jörg Jansohn als Vierter. Doch wie geht es weiter? Wie kann man einen Kader planen, wo die vielen Kleinsponsoren unter Umständen in wirtschaftliche Bedrängnis geraten? Wie wird der anstehende Wechsel im Vorstand gestaltet? Manager Marvin Bylsma erläutert, warum beim Mainzer Traditionsklub derzeit viel Kreativität gefragt ist. Und welche beiden Offensiv-Stammkräfte vor dem Absprung stehen.

Es geht in Richtung Saisonabbruch – bist Du einverstanden?

Meine Info ist, dass das noch gar nicht final ist. Abbruch im Südwestdeutschen Fußballverband bedeutet ja nicht automatisch Abbruch in der Oberliga. Aber es geht in die Richtung, das ist erkennbar. Ja, ich bin einverstanden. Wir müssen ja mit allem einverstanden sein, was entschieden wird. Wie alle anderen Szenarien auch, hat es Vor- und Nachteile.

Für euch ist die Lage tabellarisch entspannt.

Genau. Letztlich kann es uns sportlich egal sein. Uns ging es mit unserer Enthaltung bei der Oberliga-Konferenz nur darum, einen Standpunkt zu verdeutlichen. Ich würde jetzt ein klares Szenario begrüßen, eine klare Linie, die vorgegeben werden muss, mit klar definierten Auswirkungen.

Vom DFB bekommt man bei den Diskussionen in den Amateurverbänden nicht viel mit. Regional wird entschieden, aber nach oben hin aggregieren sich die Entscheidungen, weil regionale Verbände gemeinsam Ligen bestücken. Da muss dann von Neuem entschieden werden. Ist mangelnde Führung durch den DFB nicht das eigentliche Problem?

Ich weiß nicht, was hinter den Kulissen passiert. Aber die Regelungen können nur im Großen und Ganzen entschieden werden. Es hängt ja, von den Bundesligen abwärts, alles zusammen. Auch unsere Aktivenmannschaft hängt mit der U19 zusammen. Wenn in unserer Oberliga eine Entscheidung fällt, sind wir einen Schritt weiter. Aber in den Vereinen müssen wir das alles wieder zusammenbringen.

Ich höre ein Plädoyer für eine Vorgabe von oben heraus.

Exakt. Wir brauchen eine Antwort für das gesamte System, Erste Liga bis nach unten, aber auch Aktive bis Bambinis.

Der SV Gonsenheim finanziert sich über viele Kleinsponsoren. Kurzarbeit, Wirtschaftskrise, womöglich Rezession und Entlassungen – gerade für viele kleine und mittelständische Unternehmen könnte es bedrohlich werden. Auch, als Folge, für euch? Ist der sportliche Status Quo des SVG gefährdet?

Die Situation bedeutet wirtschaftliche Einbußen, die nicht zu vernachlässigen sind. Die hat jeder Verein, in verschiedenen Größenordnungen. Aber in unserer Existenz sind wir auf keinen Fall bedroht, denn wir sind grundsolide aufgestellt. Wir sind nicht verschuldet, an dieses Prinzip haben wir uns immer gehalten. Machst du Schulden im Vorgriff auf geplante wirtschaftliche Einnahmen, hast du jetzt ein Problem. Wir geben aus, was wir haben. Wir müssen mit den Sponsoren sprechen und gucken, die Krise irgendwie gemeinsam zu meistern und Win-Win-Situationen zu schaffen, von denen beide was haben. Da brauchen wir Kreativität.

Eigentlich stünde dieses Jahr der Führungswechsel an, wohl geordnet nach dem Jubiläumsjahr. Verschiebt Corona das, setzt ihr erst mal weiter auf Beständigkeit?

Dass es einen Übergang, der nicht von einem Tag auf den nächsten vollzogen wird, geben wird, war immer klar. Dass der Wechsel bei einer Mitgliederversammlung vollzogen wird, auch. Wann die stattfinden kann, kann derzeit niemand sagen. Gibt es sie dieses Jahr nicht, gibt es auch keine Änderung im Vorstand, das ist klar. Aber das 100. Jubiläum letztes Jahr, wo man vieles an Bereitschaft und Kompetenzen im Verein überprüfen konnten, war der Startschuss zur Übertragung der Verantwortung. Wir sind eh in einem fließenden Übergang. Ob der sich um ein paar Monate verschiebt, ändert nicht viel.

Wie wird sich euer Vorstand in Zukunft aufstellen?

Eine Gruppe, die sich gerade formiert, wird das Ding übernehmen. Wir nennen keine Namen, aber der aktuelle Vorstand traut es dieser Gruppe zu, ganz klar.

Der Saisonabbruch ist wahrscheinlich, der Gürtel wird enger. Wann es weiter geht, weiß niemand. Wie plant man da einen Kader?

Die Arbeit an der Kaderplanung besteht vor allem aus dem Austausch mit den Spielern. Das Ganze war und ist von vielen Unsicherheiten geprägt. Wir wissen, dass wir möglicherweise im September wieder Fußball spielen. Das Szenario Abbruch ist etwas greifbarer geworden. Aber hätten wir die alte Saison zu Ende gespielt, wäre ja auch die Frage gewesen, was wir mit unseren Jungs und den U19-Spielern machen. Auch die Fragen zu neuem Studienort oder Auslandsjahr hast du so oder so. Es ist unser ambitioniertes Hobby, aber nebenbei passiert eine Menge. Den neuen Abschnitt macht Anouar Ddaou als neuer Cheftrainer, darauf haben wir uns verständigt. Wir sind unkonkreter unterwegs als letztes Jahr. Aber auch diesmal geben wir uns wieder einen Handschlag, wie in den letzten Jahren. Das konkrete Wort gilt viel in Gonsenheim. Wie wir, in Abhängigkeit vom Saisonstart, mit Trainingsstart, Trainingsplänen, verlängertem Urlaub und diesen Dingen umgehen, wird gerade ausgestaltet.

Was steht denn in Sachen Kader schon fest?

Luigi Canizzo wird die Mannschaft verlassen, weil er wahrscheinlich zum Studieren nach Hamburg geht. Hinter Ibrahim Yilmaz steht aus privaten Gründen ein Fragezeichen. Spielt er weiter in der Region Fußball, ist die Aussage klar: SV Gonsenheim. Klar ist auch, dass wir fünf oder sechs U19-Spieler übernehmen wollen, um unsere Philosophie weiter mit Leben zu füllen. Tendenzen, was externe Spieler angeht, gibt es, aber auch da geht es vor allem in Richtung sehr junger Spieler. Vom Bestandskader haben wir mit jedem Spieler schon mehrfach gesprochen. Die Tendenz ist beim weit überwiegenden Teil Verbleib, außer bei den beiden Genannten.

Die Leistungsträger bleiben, obwohl es finanziell wohl knapper wird?

Das muss alles final noch geklärt werden. Wir sind sehr offen und ehrlich mit jedem Spieler, im Umkehrschluss sind die Spieler offen und ehrlich mit uns. Ich muss ihnen sagen, was ich sicherstellen kann und was nicht. Ein Großteil unserer Spieler wird bleiben. Aber es liegt wesentlich mehr Arbeit vor uns als in den letzten Jahren. Wenn nur wenig an Mitteln wegbricht, können wir froh sein.

Aufrufe: 09.5.2020, 12:00 Uhr
Torben SchröderAutor