2024-04-30T13:48:59.170Z

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Lukas Fischer spielte einst im Nachwuchsleistungszentrum von Karlsruhe, nun spielt er bei Bretzenheim.
Lukas Fischer spielte einst im Nachwuchsleistungszentrum von Karlsruhe, nun spielt er bei Bretzenheim. – Foto: Torsten Zimmermann Fotografie/stock.adobe

Waldläufe mit Wadenbeinbruch

Serie - Teil 2: Lukas Fischer über seine Zeit in NLZ des KSC, den Auszug mit 17 und Verletzungspech +++ Verbandsliga-Ambitionen mit Bretzenheim

Mainz. Lukas Fischer begann mit sechs Jahren Fußball bei der TSG Hechtsheim zu spielen. Von dort aus landete er über den TV 1817 Mainz beim TSV Schott, wo er ab der C-Jugend spielte. In der A-Jugend sichtete ihn der damalige Trainer der A-Junioren beim KSC, Lukas Kwasniok, der danach den FC Carl Zeiss Jena und den 1.FC Saarbrücken coachte und aktuell Trainer in der zweiten Liga beim SC Paderborn ist, bei einem Spiel gegen den FC Speyer.

Nachdem Kwasniok sich noch ein Spiel von Fischer angesehen hatte, überzeugte er ihn, zum KSC zu wechseln. Doch nach nur einem Jahr A-Jugend bei Karlsruhe wurde Fischer nicht in den Herren-Bereich übernommen und wechselte zurück zum TSV. Mittlerweile ist er 21 Jahre alt und spielt bei der TSG Bretzenheim in der Landesliga. Abseits des Platzes macht er eine Pilotenausbildung in Walldorf und hofft danach bei einer Airline zu landen. Mit uns hat er über seine Zeit beim KSC, Konkurrenzkampf, Verletzungspech und seinen Auszug von zu Hause mit 17 Jahren in eine WG in Karlsruhe gesprochen.

Ein Alltag aus Training und Schule

Als A-Junioren Bundesliga-Mannschaft trainierte der KSC vier bis fünf Mal die Woche und absolvierte dienstags und donnerstags vor der Schule noch ein extra Athletik- und Krafttraining. Die anderen Einheiten waren auf vier Tage unter der Woche und eine Einheit am Samstagmorgen verteilt. Fischer besuchte in dieser Zeit eine Berufsschule in Karlsruhe, welche in engem Austausch mit dem KSC stand. "Wenn du in der Schule irgendwelchen Quatsch gemacht hast, dann gab es auch vonseiten des KSC Ärger", erinnert sich Fischer. Das viele Training und das Lernen galt es also für Fischer irgendwie miteinander zu verbinden: "Ich habe immer geschaut, dass ich gute Noten schreibe. Ich habe nie Vieren oder Fünfen geschrieben, sondern hab immer geschaut, dass ich eine Drei habe. Dann konnte dir auch niemand sagen, dass deine Noten zu schlecht sind. Für mich war das also nicht so ein großes Problem."

Umzug in eine WG in Karlsruhe mit 17 Jahren

Um die Schule in Karlsruhe besuchen und überhaupt an den vielen Trainingseinheiten teilnehmen zu können, sollte Fischer auf das Internat des KSC gehen. Dieses war allerdings schon voll, weshalb er mit gerade einmal 17 Jahren in eine WG mit zwei weiteren A-Jugend-Spielern des KSC zog. Fischer selbst kam damit allerdings gut klar: "Ich war am Wochenende sowieso fast nie im Kader. Deswegen konnte ich diese eigentlich immer zu Hause verbringen. Meine Mutter hat mir dann für Montag und Dienstag noch ein bisschen Essen eingepackt und ich habe ihr im Gegenzug meine Wäsche mitgebracht (lacht). Es war aber natürlich eine Umstellung, wenn man das erste Mal alleine wohnt."

Konkurrenzkampf, Druck und Durchhaltevermögen

Fischer spielte beim KSC das letzte Jahr in der A-Jugend, in welchem entschieden wird, wer in den Herren-Bereich und damit zu den Profis übernommen wird. Dementsprechend stark und präsent ist daher auch der Konkurrenzkampf. "Es war auf jeden Fall brutal. Im Team hat eigentlich jeder nur auf sich selbst geschaut. Was die anderen machen war einem eigentlich egal. Wenn ich mir das jetzt hier in Bretzenheim anschaue, dann gehört hier jeder Mannschaftskamerad zur Familie. Beim KSC hingegen hat jeder nur für sich selbst gekämpft. Freunde zu finden war daher auch schwer. Irgendwie wollte ich das auch gar nicht. Ich bin froh, dass meine Eltern mich so erzogen haben wie ich bin und dass ich mich nicht zu jemandem arroganten entwickelt habe. Davon gab es dort nämlich genug", reflektiert Fischer.

"Schnell gespürt, dass der neue Trainer nicht mit mir plant"

Der damalige KSC-Trainer Lukas Kwasniok verpflichtete Fischer damals als Offensivspieler und plante auch mit ihm. Direkt nach Fischers Wechsel verabschiedete sich Kwasniok allerdings noch in der Vorbereitung zu Carl Zeiss Jena. Für Fischer schien alles also von Anfang an gegen ihn zu laufen: "Dann kam ein neuer Trainer und ein neuer Co-Trainer und alles wurde auf den Kopf gestellt. Plötzlich habe ich in dem neuen System überhaupt keine Rolle mehr gespielt. Das war für mich der Anfang vom Ende. Wenn dich ein Trainer holt, sieht er ja was in dir und plant dich ein. Wenn dann aber ein neuer Trainer mit anderen Intentionen kommt, dann bist du auch ganz schnell wieder weg vom Fenster. Ich habe dann auch schnell gespürt, dass der neue Trainer nicht mit mir plant. Trotzdem habe ich immer mein Bestes gegeben im Training. Jetzt im Nachhinein kann ich auch sagen, dass ich mich dort extrem weiterentwickelt habe."

Verletzungspech: Waldlauf mit Wadenbeinbruch

Ein weiterer Rückschlag für Fischer war, dass er sich sein Wadenbein brach. Das bedeutete für ihn nicht nur, dass der Weg beim KSC schwer wird, sondern auch, dass er nicht in der Badischen Auswahl spielen konnte. Der behandelnde Arzt erkannte den Bruch auch nicht direkt und diagnostizierte eine Wadenbeinprellung. "Ein Monat später wurde dann nochmal geröntgt und da sieht man dann richtig, dass es gebrochen war. Ich habe mit dem Wadenbeinbruch auch noch schön Waldläufe absolviert, weil mir ja nur eine Prellung diagnostiziert wurde und wenn ich geradeaus und rückwärts gelaufen bin, dann gab es auch keinen wirklichen Druck auf den Knochen. Nur bei Sidesteps und Drehungen habe ich den Bruch gespürt. Ich muss aber sagen, auch wenn bei mir in dem Jahr wirklich einfach alles schiefgelaufen ist, was schieflaufen konnte, hätte ich es trotzdem bereut, wenn ich den Schritt zum KSC nicht gemacht hätte.", sagt Fischer.

Durch seine Verletzung und die fehlende Spielzeit wurde Fischer schnell klargemacht, dass es für ihn nicht reichen wird. Wie fast in allen Nachwuchsleistungszentren gibt es auch beim KSC Sportpsychologen, die sich den mentalen Problemen der Spieler annehmen. Dieses Angebot nahm Fischer aber nicht wahr: "Ich hatte nicht das Bedürfnis, mich dort ausheulen zu müssen. Es hätte sowieso nichts geändert und ich habe das alles dann einfach so hingenommen. Wenn jemand anderes am längeren Hebel sitzt, dann kannst du einfach nichts machen. Ich sehe das Jahr auch nicht als ein verschwendetes Jahr, sondern im Gegenteil. Menschlich und fußballerisch habe ich extrem viel dazugelernt."

KSC - und jetzt?

Den ganz großen Durchbruch hat niemand von Fischers ehemaligen Mannschaftskameraden geschafft. Manche haben es beim KSC bis in die erste Mannschaft geschafft. Die bekanntesten Namen sind hierbei die beiden Stürmer Malik Batmaz und Dominik Kother. Andere spielten danach bei der SpVgg Unterhaching oder standen bei Greuther Fürth unter Vertrag, bekamen dort aber keine Spielzeit. Der Einzige, der es aus Fischers alter Mannschaft zu einem Bundesligisten geschafft hat, ist Mittelfeldspieler Marco Pasalic. Dieser steht seit dieser Saison im Kader der ersten Mannschaft von Borussia Dortmund und durfte im Supercup-Finale sogar 14-Minuten gegen die Bayern ran. In der Liga hat er es allerdings noch nicht in den Kader geschafft.

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Ziel: Verbandsliga

Zum Profi wird es Fischer (wahrscheinlich) nicht mehr schaffen. Trotzdem hat er immer noch Ziele: "Ich habe auf jeden Fall vor, nochmal in der Verbandsliga zu spielen. Das sieht bei Bretzenheim ja auch ganz gut aus. Ich habe leider aber auch immer mal wieder kleine und große Verletzungen. Deswegen wird es für die Regionalliga, glaube ich, nicht mehr reichen. Bei Schott habe ich Oberliga gespielt, aber habe dort auch fast keine Spielzeit bekommen. Im Moment konzentriere ich mich aber eher auf die Ausbildung. Wenn ich mir jetzt als Pilot ein Bein brechen würde, dann wäre das nicht so gut."

Nach seiner Zeit bei Karlsruhe wechselte Fischer zunächst für ein halbes Jahr zurück auf die Schott und danach zur TSG Bretzenheim. Aus der A-Junioren Bundesliga ging es für ihn also über die Oberliga in die Landesliga. Diesen Klassenunterschied merkt man auch im Training. "Beim KSC war das Training jedes Mal komplett durchstrukturiert und alle wussten in diesem riesigen Trainerteam, was sie machen. Das war schon sehr gut und so stellt man sich Bundesliga-Training vor. Bei Schott waren das Training und die Intensität auch sehr gut. Jeder wusste, worum es geht. Bei Bretzenheim hat das Training natürlich ein anderes Niveau, aber macht dafür umso mehr Spaß. Natürlich ist der Schritt aus der A-Junioren-Bundesliga in die Landesliga sportlich gesehen, ein kleiner Rückschritt. Mein Vater hat mir aber auch immer gesagt, das ist gar nicht schlimm. Manchmal muss man auch mal ein Schritt zurückgehen, um Anlauf zu nehmen. Mit den Jungs in Bretzenheim, wo der Altersdurchschnitt bei 23 liegt, zu kicken macht einfach super viel Spaß. Ich bin damit zufrieden, wie es aktuell ist.", sagt Fischer.

Zur Serie: In dieser Reihe porträtieren wir ehemalige NLZ-Spieler, die den Sprung zum Profi nicht gepackt haben und nun bei Amateurteams aus der Region spielen. Sie erzählen uns, wie nah dran sie wirklich am großen Traum Profifußball waren und welche Ambitionen sie jetzt haben - sowohl auf, als auch neben dem Platz.

Die bisher erschienen Geschichten zum Nachlesen:

- Teil 1: Linus Wimmer (SV Alemannia Waldalgesheim)

Aufrufe: 03.1.2022, 11:00 Uhr
Simon SchwarzAutor