2024-05-24T11:28:31.627Z

Interview
Jung und erfolgreich: Victor "Vicky" Kleinhenz, Trainer von Regionalligist TSV Aubstadt.
Jung und erfolgreich: Victor "Vicky" Kleinhenz, Trainer von Regionalligist TSV Aubstadt. – Foto: Dieter Rebel

Victor Kleinhenz: »Ich tue alles dafür, Spaß zu haben«

Der Trainer von Regionalligist TSV Aubstadt im Interview mit FuPa-Reporter Dieter Rebel

Gefühlt verläuft die Entwicklung des TSV Aubstadt in den vergangenen Jahren ausschließlich positiv. Die Unterfranken sind dabei nicht nur unerwartet erfolgreich, sondern überzeugen auch mit ihrer Art und Weise, Fußball zu spielen. Eng verbunden mit dieser Erfolgsgeschichte ist allen voran "Abscht"-Urgestein Josef Francic - aber auch dessen Nachfolger und Ziehsohn Viktor Kleinhenz. Der 30-jährige A-Lizenz-Inhaber hat sich mit FuPa-Reporter Dieter Rebel zum Interview in Hammelburg getroffen.

Victor, wie fühlt es sich an, der Traum aller Schwiegermütter zu sein?
(lacht herzlich) Boah, keine Ahnung, ob das tatsächlich so ist. (wird ernst) Grundsätzlich bin ich schon jemand, der gerne im Rampenlicht steht und solche Komplimente schätzt. Es ist aber praktisch unmöglich, immer Everybodys darling zu sein - da hat mich das Trainerleben entsprechend geprägt.

Du bist jung, gutaussehend und von einnehmenden Gemüt. Würdest Du dieser Charakterisierung zustimmen?
(überlegt) Wieder eine schwierige Frage. Aber ich stimme dem zu.

Gibt's den "Vicky", wie Du genannt wirst, auch böse?
Ja, den gibt's definitiv. Ich gebe der Mannschaft sehr viele Freiheiten, bin ein Freund der langen Leine. Das liegt daran, dass es mit dieser Mannschaft beim TSV Aubstadt auch ohne Weiteres möglich ist. Nichtsdestototz gibt es Dinge, die mich böse machen. Nachlässigkeit, Arroganz oder eine mangelnde Einstellung. Es ist aber wichtig, klare, deutliche Ansprachen rar zu halten, um sein Pulver nicht zu verschießen.

Ist der Trainer Victor Kleinhenz ein anderer wie der Mensch Victor Kleinhenz?
Nein, definitiv nicht. Und genau das ist es, was mich - zu einem mittlerweile - erfolgreichen Trainer macht. Ich bin der, der ich bin. Ich will Spaß haben und tue alles dafür, das auch zu schaffen. Diese Begeisterung versuche ich auf die Spieler zu übertragen.

Nach Platz 5 in der Premieren-Saison rangiert der TSV Aubstadt in dieser Spielzeit aktuell auf einem starken 6. Platz.
Nach Platz 5 in der Premieren-Saison rangiert der TSV Aubstadt in dieser Spielzeit aktuell auf einem starken 6. Platz. – Foto: Michael Hilpert

Bist Du praktisch der Prototyp der neuen Generation, die auf flache Hierarchien und Kommunikation setzt statt Drill und Diktat?
Auf jeden Fall. Ich bin ein Freund von Kommunikation. Die heutige Generation braucht diese Art und Weise - und weiß sie auch zu schätzen. Und trotzdem ist es wichtig, im gehobenen Amateurbereich klare Linien zu haben. Diese haben wir im Rahmen von Workshops während des Trainingslagers ausarbeiten lassen. Die Vorgaben kommen also von den Jungs selber und sind dementsprechend akzeptiert.

Ist es - in der Regionalliga - überhaupt möglich, als Trainer Freund der Spieler zu sein, ohne dass darunter der Erfolg leidet?
Zu Beginn meiner Zeit beim TSV Aubstadt habe ich mir über diese Frage mehr Gedanken gemacht, als es im Nachhinein betrachtet nötig war. Man kann Freund sein. Ein guter Draht zu den Spielern ist das, was ich unter moderner Mannschaftsführung verstehe. Wir im Trainerteam interessieren uns nicht nur für den Spieler, sondern auch für den Menschen dahinter. Diese Wertschätzung wird uns dann in Form von Leistung zurückgegeben. Mit dieser Vorgehensweise haben wir sehr gute Erfahrungen gesammelt.

Ist gerade das gute Miteinander das Geheimrezept des kleinen Aubstadt, um im Konzert der Großen mitmischen zu können?
Genau. Das ist der Schlüssel zum Erfolg hier. Es ist ja nicht nur die Mannschaft an sich, die Großes geleistet hat und immer noch leistet. Der Verein ist außenrum enorm gewachsen und hat alle Herausforderungen, die der sportliche Erfolg mit sich bringt, gemeistert.

Deine Installation zum TSV 2019 war eine kleine Überraschung. Du hast vorher "nur" Bezirksliga trainiert, auch als Spieler nicht im gehobenen Amateurniveau gespielt - und zudem die Nachfolge des großen Josef Francic angetreten. Blick doch mal zurück auf Deinen Einstieg...
Was Josef in Aubstadt geleistet hat, weiß jeder. Die Fußstapfen sind riesengroß. Ich denke aber nicht, dass es meine Aufgabe ist, diese zu füllen. Vielmehr soll ich neue Impulse setzen. Ich war ja ursprünglich eine Spielzeit als Co-Trainer unter Josef eingeplant, um Erfahrungen sammeln zu können. Das Ganze fiel in die Zeit der langen Corona-Spielpause. Als dann klar war, dass die Saison fortgesetzt wird, war Aubstadt in der komfortablen Lage, den Umbruch gleich durchführen zu können. Im Nachhinein betrachtet haben wir damit alles richtig gemacht. Es war nicht einfach, aber ich konnte dann doch druckfrei wachsen.

Gab es Momente, in denen Du überfordert warst?
Es war ein riesen Schritt, das steht fest. Der Verein hat mir aber immer den Rücken gestärkt. Zudem gab es aus der Mannschaft heraus nur positives Feedback. Auch wenn die Ergebnisse mal nicht gepasst hatten, hatte ich immer ein gutes Gefühl.

Wie lange hast Du ungefähr gebraucht, um Dich zurecht zu finden?
(überlegt) Schwierig, da ein Zeitfenster festzulegen. Wir hatten ja damals elf Wochen Vorbereitung, weil keiner so recht wusste, wann des nach der Corona-Spielpause weitergeht. Das war eine große Herausforderung.

Aubstadt zählt zu den größten Überraschungen in der Regionalliga Bayern – auch im 2. Jahr. Ein Highlight reiht sich an das nächste. Droht die Gefahr, dass die 4. Liga gewöhnlich wird – und ihr an Spannung verliert?
Das ist lustig. Genau mit diesem Thema beschäftigen wir uns im Trainerteam zuletzt intensiv. Auch die Mannschaft haben wir miteinbezogen. Es ist cool, dass wir mit unserer Art Fußball zu spielen, so viel Aufmerksamkeit erzeugt haben. Uns ist aber klar, dass wir, wenn man es so nennen will, einer der Gewinner der vielen Spielabsagen vor dem Winter waren. Ich denke, wir müssen und können das Ganze realistisch einschätzen. Es ist einfacher, erfolgreich zu werden - als erfolgreich zu bleiben. Deshalb wissen wir: Wir müssen noch mehr investieren, noch akribischer sein, um das Niveau halten zu können.


Totopokal gegen die Löwen: Das nächste Wunder?

Warum kann der TSV Aubstadt die Regionalliga dauerhaft halten?
Weil wir viele Baustellen, die der Regionalliga-Fußball mit sich bringt, inzwischen bearbeiten bzw. bereits erledigt haben. Hinzu kommt, dass die Vorfreude darauf, diesen Prozess noch weiter auszuführen, sehr groß ist.

Und warum zieht Ihr in das Finale des Totopokals ein?
Weil wir eine Mannschaft haben, die im Pokal bereits gegen Türkgücü München bewiesen hat, dass sie eine derartige Begeisterung entfachen kann, um auch das nächste Wunder möglich zu machen.

Am 26. März geht’s im Halbfinale des Cups gegen den TSV 1860 München. Ist es überhaupt möglich, dieses Spiel zu gewinnen?
Eindeutiges Ja. Wie bereits vorher erklärt.

Danke für das Gespräch, alles Gute für die Zukunft - und ganz wichtig: Gesund bleiben!

Aufrufe: 02.3.2022, 09:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor