2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
– Foto: Sportfotos Nordhausen

Über Schmerz- und Freudentränen

Wenn der FC Erfurt Nord am Wochenende bei Gera-Westvororte in die erste richtige Thüringenliga-Saison nach dem Aufstieg geht, muss ein Spieler auf der Bank wohl mächtig schlucken.

Denn Kevin Schoepe würde lieber selber den Rasen der "Saarbach-Arena" betreten statt als Torwart-Trainer seine Nord-Elf betreuen. Doch wenn der Körper streikt, bleibt auch einem 30-Jährigen nicht viel Spielraum.

"Ich habe seit zwei Jahren Arthrose in der Hüfte und habe versucht solange es geht zu speilen. Doch ich muss jetzt leider vernünftig sein und auf die Gesundheit achten", sagt Schoepe und muss dabei mächtig schlucken. Nicht nur Artur Machts bezeichnete ihn als "Besten Erfurter Torwart" und gibt ihm damit ein besonderes Gütesiegel. Doch auf den Platz kann Schoepe seine Qualität nun nicht mehr zeigen. "Die ganzen Abläufe wie kurze schnelle Bewegungen, dann Hechten - all dies schadet leider der Hüfte. Ich bin nach dem Spiel und Training immer halb weggehumpelt. Hätte ich so weiter gemacht, hätte ich wohl in ein, zwei Jahren eine neue künstliche Hüfte gebraucht", beschreibt er seine Symptome.

In der Vorbereitung der neuen Saison bekam Kevin natürlich sein Abschiedsspiel. Und es ging gegen die SpG An der Lache - jenen Verein für den er im Nachwuchs aktiv war und auch seine Liebe zum FC Erfurt Nord in der Zeit 2012 bis 2014 ruhen ließ. "Es war unglaublich toll gegen meinen damaligen Verein seinen Abschied zu haben. Die Jungs kenne ich schließlich auch ein paar Jährchen und ich denke wir hatten gemeinsam viel Spaß - auf und neben dem Platz. Wenn all die Leute die dort waren, geklatscht haben für mich, habe ich wohl sehr viel richtig in meinem Leben auf und neben dem Platz gemacht. Es war sehr emotional und ich bin mit Schmerz- und Freudentränen vom Feld gegangen", beschreibt er seine Gefühlswelt nach dem Abschiedsspiel.

Im Sommer 2014 verschlug es den Schlussmann damals von der Lache zurück an die Grubenstraße, wo nach vielen Versuchen in der Saison 2019/20 der Thüringenliga-Aufstieg gefeiert wurde. Immerhin vier Verbandsliga-Spiele mit nur zwei Gegentoren konnte Kevin Schoepe dann noch in seiner FuPa-Vita einschreiben. "Ich habe jetzt stolze 25 Jahre als Torwart auf dem Buckel. Durch all die Jahre kam es zur Abnutzung der Hüfte. Ich hatte schon als kleiner Junge eine Fehlstellung in der Wirbelsäule. Das hat das wohl noch beschleunigt. Damals wollte man das allerdings nicht operieren", betreibt Schoepe Ursachenforschung. Dabei kann er trotz seiner 30 Lenzen auf eine bewegte Torwart-Laufbahn zurückblicken. "Ich war in der Jugend beim MSV Duisburg und hatte schon im Alter von neun bis 14 Jahren dreimal die Woche Training, dazu zwei Spiele am Wochenende. Da hab ich gegen Bundesliga-Teams wie Köln, Gladbach, Schalke, Dortmund und Co. gespielt", plaudert er aus dem Nähkästchen.

Aktuell überwiegt bei Kevin noch leicht die Trauer über das frühzeitige Ende der Fußballer Laufbahn als die positiven Erinnerungen in all der Zeit. "Normalerweise hätte ich gerne noch Pokale und Titel gewonnen. Dennoch habe ich tolle Erfahrungen von Klein auf gesammelt. Es war nicht leicht Auf Wiedersehen zu sagen", so der Schlussmann. Doch der fußballbegeisterte Schoepe kehrt dem Runden Leder natürlich nicht komplett den Rücken. Des einen Leid ist des anderen Freund. Denn Nord-Cheftrainer Christian Stieglitz bekommt mit dem 30-Jährigen fortan Verstärkung im Trainerteam. "Ich werde jeden Donnerstag versuchen die Jungs im Tor noch besser zu machen, damit am Wochenende dann die Null steht", sagt er zu seiner neuen Aufgabe als Torwarttrainer.

Am kommenden Samstag wird Kevin Schoepe in Gera-Scheubengrobsdorf sich erstmals in einem Ligaspiel nicht umziehen, sondern in Trainingsklamotten auf der Bank Platz nehmen. Sicher ein komisches Gefühl für die jahrelange Nummer Eins des FC Erfurt Nord. Während des Thüringenliga-Auftaktspiels seiner Jungs wird Kevin wohl eine kleine Gefühls-Achterbahn durchfahren. Sein persönlicher Looping am Ende wären wohl drei Punkte für seine Mannschaft und kein Gegentor für seinen Nachfolger im Tor...

Aufrufe: 011.8.2021, 17:00 Uhr
André HofmannAutor