2024-05-02T16:12:49.858Z

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Der spielende Abteilungsleiter David Peters (TSV Tailfingen): Ein Wochenende lang an den Formulierungen gefeilt  Foto (Archiv): Schmidt
Der spielende Abteilungsleiter David Peters (TSV Tailfingen): Ein Wochenende lang an den Formulierungen gefeilt Foto (Archiv): Schmidt

Schock für den TSV Tailfingen

Schriftliche Stellungnahme zum Spielabbruch von Mötzingen kam nicht beim Sportgericht an +++ Urteil: SV Mötzingen gewinnt mit 3:0

„Zuerst habe ich gedacht, ich bin im falschen Film“, so lautete am gestrigen Freitagmittag die erste Reaktion von David Peters, Fußball-Abteilungsleiter des TSV Tailfingen, auf das Urteil des Sportgerichts des Bezirks Böblingen/Calw. Denn die vor knapp zwei Wochen abgebrochene Partie der Tailfinger in der Kreisliga B IV beim SV Mötzingen wurde von den Richtern mit 3:0 für Mötzingen gewertet.

Der Urteilsspruch kommt für die Tailfinger Verantwortlichen überraschend, denn aus ihrer Sicht hatte ein Spieler des SV Mötzingen für tumultartige Ereignisse am Rande des Spielfeldes gesorgt, indem er nach seinem Platzverweis schnurstracks auf einen Zuschauer aus Tailfingen losging (wir berichteten).

"Du dreckiges Pack"

Wie soll es zum Tumult gekommen sein? In Mötzingen lief die 75. Minute, als nach einer strittigen Foulszene die Partie mit Einwurf hätte fortgesetzt werden sollen. Der in die Situation verwickelte Mötzinger Mittelfeldspieler sah sich plötzlich einem auf den Platz stürmenden Zuschauer gegenüberstehen. Der soll laut Urteilsbegründung des Sportgerichts ihn mit den Worten „Du dreckiges Pack“ beschimpft haben. Der Mötzinger Akteur stieß den Zuschauer mit beiden Händen weg. Daraufhin sah er von Schiedsrichter Ioannis Sidiropoulos vom GSV Hemmingen (Schiedsrichtergruppe Leonberg) die Rote Karte. In direkter Folge auf den Platzverweis stürmte der Mötzinger Spieler vom Platz und dem Tailfinger Fan hinterher, der inzwischen wieder unter der Spielfeldumgrenzung hindurch auf die Zuschauerränge geeilt war. Nahezu alle Spieler und Zuschauer strömten daraufhin auf den Zuschauerrängen zusammen und lieferten sich ein Handgemenge. Der Schiedsrichter brach daraufhin das Spiel ab.

Die Mail kommt nicht an

Bis zum 21. November war beiden Vereinen die Möglichkeit gegeben worden, sich zu diesen Vorfällen gegenüber dem Bezirkssportgericht zu äußern. Der SV Mötzingen tat dies und nach Angaben des Fußballabteilungsleiters der TSV Tailfingen auch. David Peters: „Ich bin ein ganzes Wochenende lang an den Formulierungen gesessen.“ Allerdings sei ihm, so Peters, ein Fehler unterlaufen. Er beantwortete die Mail, welche die Sportrichterin Patricia Ille (Nufringen) aus dem WFV-Postfach heraus an den TSV Tailfingen geschickt hatte, direkt von seiner privaten E-Mail-Adresse aus. Das WFV-Postfach ist aber ein geschlossenes Kommunikationssystem, in dem nur berechtigte Personen mit einem jeweils nur für den Verein gültigen Code Zugang haben. Die Geschäfte und Informationen, die mit dem WFV-Postfach zu tun haben, werden laut Peters in Tailfingen immer noch vom ehemaligen Abteilungsleiter Uli Baitinger geführt. An diesen hatte Peters seine Stellungnahme per Mail zur Kenntnis geschickt und ihm gesagt, dass er diese Mail auch an Sportrichterin Ille versandt habe. Dort kam die Stellungnahme des TSV Tailfingen aber nie an, wie aus nun aus der Urteilsbegründung des Sportgerichts hervorgeht.

Unheil nimmt seinen Lauf

Von daher nahm das Unheil für den TSV Tailfingen, das bis gestern Morgen zum Zeitpunkt des „Gäubote“-Anrufs fest davon ausging, die Partie mit 3:0 gewertet zu bekommen, seinen Lauf. Denn den Sportrichtern lag nur die Stellungnahme des SV Mötzingen und der Schiedsrichterbericht von Ioannis Sidiropoulos vor. Mötzingens Spielleiter Matthias Haarer gab in der Stellungnahme an, dass ihr Spieler Giordano in der zweiten Halbzeit „die ganze Zeit von den Tailfinger Zuschauern provoziert und beleidigt“ worden sei.

Spielleiter Matthias Haarer: "Die ganze Zeit ist der Spieler von den Tailfinger Zuschauern provoziert und beleidigt worden" Foto (Archiv): Holom
Spielleiter Matthias Haarer: "Die ganze Zeit ist der Spieler von den Tailfinger Zuschauern provoziert und beleidigt worden" Foto (Archiv): Holom

„Urplötzlich“ soll ein Zuschauer auf das Feld gestürmt sein und den Spieler attackiert haben. Diesen habe der Spieler daraufhin weggestoßen. Auf Anfrage des „Gäubote“ meinte Haarer: „Wir haben angegeben, dass wir die Rote Karte für unseren Spieler für gerechtfertigt halten, nachdem er diesen Zuschauer weggestoßen hatte.“ Allerdings gab Haarer auch an, dass der Schiedsrichter unsicher wirkte und unter anderem einem Mötzinger Spieler zwei Mal die Gelbe Karte gezeigt habe. In einem solchen Fall hätte der Spieler zwingend mit Gelb-Rot vom Platz geschickt werden müssen.

Kein sehr ausführlicher Bericht des Schiedsrichters

Im Urteil ging das Sportgericht auf die Rolle des Schiedsrichters ein. Ioannis Sidiropoulos wurde vom Sportgericht zum Tathergang befragt. In der Urteilsbegründung steht im O-Ton: „Da hier teilweise widersprüchliche Aussagen zum Tathergang vorlagen, die Meldungen des Schiedsrichters zum Spielabbruch nicht sehr ausführlich und detailliert waren (…), war eine Entscheidungsfindung für das Sportgericht schwierig.“

Unverhoffte Aussage eines neutralen Zeugen

Doch unerwarteterweise für alle Beteiligten hat sich nach dem Spielabbruch in Mötzingen ein Zuschauer aus dem Kreis Calw gemeldet, der laut Urteilsbegründung bestätigte, was auch der „Gäubote“ schon dezidiert berichtete: „Dass zuerst ein Zuschauer das Spielfeld betreten hatte, bevor das Ganze los ging.“ Weiter heißt es im Urteil: „Da dieser Zeuge als Schiedsrichter tätig ist und im Kreis Calw wohnt, konnte vom Sportgericht keine besondere Verbindung oder Sympathiesierung mit dem SV Mötzingen festgestellt werden und der Zeuge wurde deshalb als sehr glaubwürdig eingestuft.“ Da dem Sportgericht keine Stellungnahme des TSV Tailfingen vorlag, kamen die Richter zur folgenden Feststellung: „Vereine sind für das Verhalten ihrer Zuschauer verantwortlich und deshalb war hier der TSV Tailfingen aufgrund des Fehlverhaltens seines Zuschauers für den Spielabbruch verantwortlich zu machen.“

Acht Spiele Sperre

Das Spiel wurde mit 3:0 für den SV Mötzingen (zum Zeitpunkt des Abbruchs führte der SVM mit 1:0) als gewonnen gewertet. Der Mötzinger Mittelfeldspieler erhielt acht Spiele Sperre. In einer ersten Stellungnahme hat David Peters angekündigt, dass der TSV Tailfingen voraussichtlich Einspruch einlegen wird. Dafür hat der Club zehn Tage Zeit. Diesmal will der Club den Schriftsatz direkt über das WFV-Postfach abschicken.

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Die neuesten Informationen zur Kreisliga B 4 und die bisherige Berichterstattung zum Spielabbruch von Mötzingen finden Sie auf der Liga-Seite. Hier geht's direkt zur Kreisliga B.

Aufrufe: 026.11.2016, 05:30 Uhr
Andreas Gauß, GäuboteAutor