2024-05-24T11:28:31.627Z

Relegation
Entscheidungsspiele sorgen oft für Schlangen vor den Kassenhäuschen – so wie auf dem Alzeyer Wartberg.	Foto: Claus  Rosenberg
Entscheidungsspiele sorgen oft für Schlangen vor den Kassenhäuschen – so wie auf dem Alzeyer Wartberg. Foto: Claus Rosenberg

Schlangen an den Kassen

Warum die Entscheidungsspiele so außergewöhnlich gut besucht sind

ALZEY. Das Bild könnte es nach den Vorstellungen RWO Alzeys viel häufiger geben: Eine Schlange vorm Kassenhäuschen am Wartbergstadion. Entstanden ist sie am Freitagabend, als sich Wormatia Worms II und der VfR Grünstadt auf dem neutralen Boden in Alzey begegneten. Das Entscheidungsspiel der Fußball-Landesliga, in dem der Sieger den sicheren Klassenverbleib klarmachen würde, sorgte für den guten, allerdings nicht eben herausragenden Besuch in der Heimspielstätte des Verbandsligisten. 205 Fans passierten die Zahlschranke.

Auf anderen Fußball-Plätzen reiben sich Kassierer auch oft die Hände. Wo in diesen Tagen gespielt wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Publikum hinströmt. Oft gerät sogar das Klagen der Amateurfußballer wegen rückläufiger Zuschauerzahlen in Vergessenheit. Die Relegations- und Platzierungsspiele, die seit vergangenem Mittwoch in der Region ausgetragen werden, locken die Fans in die Arenen. Alleine am vergangenen Donnerstag, Fronleichnam, verfolgten nach Information des Deutschen Fußball-Bundes knapp 1500 Fans die vier Partien im Kreis Alzey-Worms live. Das sind im Schnitt 375 Besucher pro Spiel – oder „Festtage für die Fußball-Vereine“, wie es Kreisvorsitzender Lothar Renz nennt.

Teilhaben können an dem Fest allerdings nur wenige. Die Punktspielserie ist abgeschlossen. In den Genuss dieser Bonus-Spiele kommen auch nicht die Meister. Stattdessen sind die Zweiten am Ball, um bestenfalls noch einen Startplatz für die übergeordnete Liga zu ergattern. Am Ball sind aber auch Abstiegskandidaten. Ursächlich dafür ist die Regelung im Südwestdeutschen Fußballverband, dass punktgleiche Mannschaften Entscheidungsspiele austragen müssen, sofern sie auf einem potenziellen Abstiegsrang stehen. Diese Begegnungen genießen erstaunlich hohen Publikumszuspruch. Manchmal scheint es, als mobilisierten gerade diese Schicksalspiele die Anhänger eines Vereins. So, als sähe sich jeder in der Pflicht, der Mannschaft zu helfen, um sie vor dem Abstieg zu bewahren. Da sind dann auch Gesichter auf dem Fußball-Platz, die man sonst eher seltener sieht.

Der Reiz des Entscheidenden und die damit einhergehende Spannung ist ein Grund, der diesen Begegnungen außergewöhnliches Zuschauerinteresse beschert. Aber es spielt auch eine Rolle, dass in diesen maximal anderthalb Wochen, in denen diese Spiele über die Bühne gehen, das Amateurfußball-Angebot erheblich reduziert ist. Stehen im Kreis Alzey-Worms an einem gewöhnlichen Punktspieltag über 80 Begegnungen auf dem Programm, waren es an Fronleichnam nur deren vier. Das heißt einerseits, dass sich die Fans auf weniger Plätzen konzentrieren und andererseits – auch ein wichtiger Aspekt – dass viele Fußballer spielfrei sind.

Nicht wenige von ihnen wechseln aus der Aktivenrolle in die Zuschauerrolle. Beim Entscheidungsspiel zwischen dem VfL Eppelsheim und der SG Wiesbachtal waren unter anderem Sportler vom TSV Gau-Odernheim, TuS Framersheim und SW Mauchenheim zu Gast. Das schlägt sich merklich positiv in den Zuschauerzahlen dieser Entscheidungsspiele nieder.

Aber auch lokale Einflüsse machen sich bemerkbar. In diesem Sommer hat sich in der B-Klassen-Qualifikation eine interessante Konstellation ergeben: Mit Rheingold Hamm, TuS Dorn-Dürkheim und dem VfR Alsheim sind drei benachbarte Vereine beteiligt. Und das am Altrhein, den Lothar Renz als überdurchschnittlich fußballbegeistert charakterisiert. Das erklärt, warum 450 zahlende Gäste Hamms 8:0 über Alsheim sehen wollten. So ein hohes Interesse an der Schwelle von C- zur B-Klasse sei rekordverdächtig, sagt Renz.

Der Fußball-Kreis Alzey-Worms sorgt aktiv dafür, dass möglichst jeder möglichst jedes Entscheidungsspiel innerhalb des Kreisverbands sehen könnte. „Wir unterstützen die Vereine bei der Terminierung dieser Begegnungen, dass es möglichst keine Überschneidungen gibt“, sagt Lothar Renz. Wunschvorstellung ist, die Partien so zu legen, dass Fans an einem Tag problemlos mehr als nur ein Spiel besuchen können – wenn sie das möchten. Die letzte Entscheidung, wann gespielt werde, überlasse der Verband jedoch den beiden beteiligten Vereinen.

Ab und an gibt es trotzdem Koordinationsschwierigkeiten. Gerade am Sonntag. TuS Framersheim (gegen den FSV Oppenheim) spielt um 15 Uhr zeitgleich um die Bezirksliga-Qualifikation wie die SG Wiesbachtal in Wallertheim und der VfL Eppelsheim um den A-Klasse-Aufstieg. Keiner der beteiligten Vereine ist glücklich mit dieser Konstellation. Kalli Rupp, der Sportliche Leiter der Hornberger, mutmaßt: „Das kostet uns 150 bis 200 Zuschauer. Unsere Spieler sind gut mit den Eppelsheimer Fußballer verbunden. Die VfLer kämen sicher, wenn sie nicht in Wallertheim spielen müssten“.

Auch Sascha Hessinger von der SG Wiesbachtal bedauert diese Überschneidung, die unabsichtlich passiert sei: „Als wir terminierten, lag das Framersheimer Spiel noch auf Samstag“.

Kurzfristig verlegt wurde dieses Spiel dann, weil eine Großveranstaltung am Samstag in Framersheim übersehen worden war. Um dem Dorf den (Verkehrs-) Kollaps zu ersparen, wurde die Fußball-Partie auf Sonntag verlegt. Hessinger: „Hätten wir das gewusst, wir hätten in Absprache mit dem VfL Eppelsheim noch reagieren können“. Die Info ging allerdings unter.

Zu heilen war das in der Kürze der Zeit nicht mehr, meint Hessinger: „Das Spiel war nicht mehr zu verlegen, weil unsere Helfer ja auch hätten umdisponieren müssen. Das war vielen nicht zuzumuten.“ Am Rande bemerkt: Der Verband hätte selbst Freitagnachmittag noch einer Verlegung des Spiels zugestimmt, wenn es der Wunsch vom VfL Eppelsheim und der SG Wiesbachtal gewesen wäre.



Aufrufe: 02.6.2018, 15:00 Uhr
Claus RosenbergAutor