2024-05-17T14:19:24.476Z

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Sichtlich Freude haben die indischen Kinder beim Kicken mit Manuel Friedrich.   (Foto: privat)
Sichtlich Freude haben die indischen Kinder beim Kicken mit Manuel Friedrich. (Foto: privat)

Neue Profi-Liga im Abenteuerland

Manuel Friedrich engagiert sich bei Gastspiel in Indien auch sozial +++ Eltern beim einzigen Treffer im Stadion

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GULDENTAL/MUMBAI. Hubert Friedrich ist dank des Fußballs schon ein bisschen durch die Welt gekommen. Das Vorstandsmitglied des Bundesligisten FSV Mainz 05 erinnert sich an Europa League-Spiele in Island, bei denen er in Reykjavik durch den Schnee stapfte, oder das jüngste Gastspiel in Griechenland, als für den FSV bei Asteras Tripolis das Aus kam. Seine mit Abstand aufregendste Reise bescherte ihm aber sein Sohn Manuel, der am Ende seiner Profi-Laufbahn beim indischen Verein Mumbai City FC anheuerte und den er im Dezember dort besuchte.

Der im beschaulichen 2600-Einwohner-Dorf Guldental lebende Friedrich machte sich also mit seiner Frau auf den Weg in den Zwölf-Millionen-Moloch Mumbai, wodurch er das Menschaufkommen um sich herum um fast das 50000-fache erhöhte. „Die meisten leben ohne Wasseranschluss, ohne Kanalisation, es ist eine einzige Mülldeponie“, schildert der 67-Jährige im AZ-Gespräch seine Eindrücke. „Und dieser Lärm...“

Zudem gönnte Manuel Friedrich, der als Profi für Mainz 05, Werder Bremen, Bayer Leverkusen und neunmal für die deutsche Nationalmannschaft spielte, seinen Eltern keine Eingewöhnungszeit, sondern führte sie gleich durch die Innenstadt. Auch die erste gemeinsame Zugfahrt musste bereits an Tag eins erfolgen. Also relativ gemeinsam. „Manuel und ich waren zusammen in einem Waggon, seine Mutter im Extra-Abteil für Frauen“, erzählt der frühere Oberstudienrat am Schlossgymnasium in Mainz grinsend. Weniger lustig fand er es, mit anzusehen, wie Millionen von Menschen auf der Straße lebten.

Team drei Monate im Hotel

Vor allem weil dies ganz im Gegensatz zu dem Luxus stand, der im Fünf-Sterne-Hotel geboten wurde, in dem sie der Sohn einquartiert hatte. Im gleichen Hotel war die Mannschaft sowie der komplette Trainer- und Betreuerstab des Klubs für die dreimonatige Saison rund um die Uhr zusammen. „Nur so kann man bei dem Verkehrsaufkommen in dieser Stadt gewährleisten, dass ein gemeinsames Training möglich ist“, erklärt Hubert Friedrich die Hintergründe. So dicht am Geschehen stellte er auch fest, dass nicht alle Spieler die profihafte Einstellung seines Sohnes hatten, der bereits zwei Monate vor Saisonbeginn anreiste, um sich an die bis zu 85 Prozent Luftfeuchtigkeit zu gewöhnen. Auch vor dem letzten Saisonspiel war er vorbereitet, als der Klub wegen einiger Trikotwechsel in den Partien zuvor kein Shirt mehr für ihn hatte, und er zauberte ein Trikot aus seinem Rucksack. „Er hat immer betont, dass er sich genau so vorbereitet, als sei es ein Bundesliga-Spiel. Er wollte am liebsten Indischer Meister werden“, erzählt der Vater. Am Ende wurde es der vorletzte Platz in der im Sommer 2014 mit acht Teams neu gegründeten Hero Indian Super League.

In dieser war der sportliche Aspekt in der ersten Saison für viele nicht wichtig. „Das Niveau hat sich gesteigert. Am Ende entsprach es etwa der Dritten Liga in Deutschland“, ordnete Hubert Friedrich die Spielstärke ein. Fußball sollte in dem Land, in dem Kricket und Hockey die Volkssportarten sind, bekannt gemacht werden. Hierzu sollten die Klub-Besitzer prominente Spieler verpflichten. Bei Mumbai City, im Besitz des Bollywood-Schauspielers Ranbir Kapoor (O-Ton Manuel Friedrich: „Der Brad Pitt Indiens.“), waren dies der Franzose Nicolas Anelka und der Schwede Fredrik Ljungberg, die durch ihre Zeit in der englischen Premier League auch in Indien bekannt sind. Doch während Friedrich keine Sekunde verpasste, kamen die häufig verletzten Anelka auf 600 und Ljungberg gar nur auf 160 Minuten in der kompletten Saison. Da die Eltern bei den letzten beiden Saisonspiele im Stadion waren, sahen sie auch live den einzigen Treffer, den ihr Sohn in Indien erzielte. Beim 2:1 im Heimspiel gegen Atlético de Kolkata erzielte er den Siegtreffer - per Kopf, versteht sich. Das Auswärtsspiel bei North East United im 2600 Kilometer entfernten Guwahati (1:1) war für die Eltern mehr ein Abenteuer.

Das war sein Gastspiel in Indien auch für den Kicker, der sich - nicht zum ersten Mal - auch sozial engagierte. So lud er eine Gruppe Jugendlicher für einen Tag in einen Erlebnispark ein, wo es abends noch Essen, Getränke und Eis für alle gab. Gleichzeitig lernte er die andere Seite Indiens kennen. Da er von Beginn an fleißig Hindi lernte, um sich verständigen zu können, hatte er seinen Lehrer für den kompletten Sprachunterricht im Voraus bezahlt - und sah ihn nie wieder.

Nächster Wunsch: Thailand

Zurückkehren nach Indien wird er zumindest als Profi-Fußballer nicht mehr. Den 35-Jährigen zieht es eher nach Thailand, was er von Beginn an präferiert hatte. Schon in nächsten Tagen steigt er in den Flieger nach Bangkok. Hubert Friedrich würde es freun, wenn es klappt. Er sagt: „In Bangkok war ich auch noch nicht.“

Aufrufe: 029.1.2015, 07:00 Uhr
Andreas HandAutor