2024-05-14T11:23:26.213Z

Interview
Predigen ihren Fußballern, dass das Team über allem steht: Trainer Oliver Unsöld (links) und Sportleiter Rudi Schiller vom SC Ichenhausen.   F.: Ernst Mayer
Predigen ihren Fußballern, dass das Team über allem steht: Trainer Oliver Unsöld (links) und Sportleiter Rudi Schiller vom SC Ichenhausen. F.: Ernst Mayer

„Mit Herzblut alles reinhauen“

Trainer Oliver Unsöld spricht darüber, wie der SC Ichenhausen kurz vor dem Saisonstart dasteht und gibt einen Ausblick, wohin die Reise gehen kann

Die Sommerpause in der Landesliga Südwest war kurz und Trainer Oliver Unsöld musste in den wenigen Wochen die undankbare Aufgabe bewältigen, nach neun Abgängen die 14 Zugänge zu integrieren. Zuletzt schloss sich mit Mateusz Staron noch ein Pole dem Verein an. Vor dem Auftaktspiel beim SV Egg an der Günz sprach unser Redakteur Jan Kubica mit dem SCI-Coach und dem Sportlichen Leiter Rudi Schiller.

Welchen Eindruck haben Sie von den Spielern gewonnen, Herr Unsöld?

Unsöld: Die Jungs sind alle charakterlich in Ordnung. Ich habe noch keine Sekunde lang gesehen, dass es irgendeine Grüppchenbildung geben könnte. Im Gegenteil. Die Jungs aus dem bisherigen Kader blühen regelrecht auf. Auch im Trainingslager haben alle durch die Bank mitgezogen, auch haben wir Offiziellen keinerlei Teambildungsmaßnehmen vornehmen müssen. Das war fast schon zu gute Stimmung, auch auf dem Trainingsplatz.

Und so richtig fremd waren sich zumindest einige der Fußballer auch gar nicht, oder, Herr Schiller?

Schiller: Genau darauf hatten wir ja Wert gelegt, als wir den Kader zusammenstellten. Im Pokalspiel gegen Aystetten standen acht Mann auf dem Platz, die in der B-Jugend der TSG Thannhausen zusammen gekickt hatten. Der Vater unseres Neuzugangs Julian Riederle war dort damals Trainer.

Apropos Pokal: Welche Fingerzeige nehmen Sie aus den Testspielen mit, Herr Unsöld?

Unsöld: Es war auf jeden Fall nicht alles Gold, was da glänzte. Die Jungs waren im Pokal motiviert. Und sie können alle Fußball spielen. Aber die Gefahr bei jungen Spielern ist: Sie sehen und spüren, es läuft, wir haben gegen zwei Liga-Konkurrenten im Pokal gewonnen – da ist schnell die Gefahr der Selbstzufriedenheit da. Und dann macht man den einen Schritt halt nicht mehr.

An diesem Samstag beginnt die Landesliga-Spielzeit mit dem Derby beim SV Egg/Günz. Wie ist die Mannschaft beisammen?

Unsöld: Die Spieler sind echt am Anschlag. Wir müssen schauen, dass wir Frische reinbringen für das erste Spiel. Aber die Spieler brennen auch auf den Start. Training und Testspiele, das ist ja alles schön und gut, aber es ist eben auch alles Schall und Rauch. Die beste Vorbereitung ist hinfällig, wenn du die ersten Punktspiele verkackst.

Die Testphase haben Sie natürlich genutzt, um verschiedene Formationen auszuprobieren. Haben Sie Ihre Anfangsformation für Egg gefunden?

Unsöld: Sieben, acht Leute haben wir im Kopf. Das haben die Testspiele gezeigt. Es freut mich vor allem, dass wir auf der Torhüterposition doppelt top besetzt sind. Und defensiv steht die Kette, wenn nichts Großes mehr passiert. Auch spielerisch sind wir einen Schritt weiter gekommen.

Anschließend kommt eine neue Erfahrung auf Sie zu: Aufsteiger 1. FC Garmisch-Partemkirchen. Wie haben Sie sich über den Gegner informiert?

Unsöld: Da ist eine Spielbeobachtung natürlich nicht so leicht. Man informiert sich, so gut es geht. Aber ich glaube, wir müssen gar nicht immer auf die anderen schauen, wir schauen auf uns selber. Wenn wir alles umsetzen, was wir können, ist das gar nicht so schlecht.

Abteilungsleiter Henning Tatje hat gesagt, nach fünf Saisonspielen könne man zum ersten Mal halbwegs belastbare Aussagen darüber treffen, wo der Weg hingeht. Hat er recht?

Unsöld: Ich bin nur Trainer und ich mag meinem Abteilungsleiter natürlich nicht widersprechen, aber ich sehe die Saison mit 34 Spielen. Und da finde ich es merkwürdig zu sagen, wir schauen uns jetzt mal fünf Spiele an. Kann sein, wir holen fünf Siege, aber haben danach jede Menge Verletzte und holen keinen Punkt mehr. Nein, unsere Arbeit ist, immer bescheiden zu bleiben. Und unser Ziel ist, so schnell wie möglich 40 Punkte zu holen.

Zweifellos hat der SCI mit Martin Wenni und Stefan Winzig Führungsqualität verloren. Gibt es in Ihrem Kader den einen oder anderen, der von Beginn an eine ähnlich führende Rolle einnehmen könnte?

Unsöld: Wer hundertprozentig in diese Rolle rutschen wird, ist Stefan Strohhofer. Und sicher kann Waldemar Schaab ein Führungsspieler werden, auch, weil er viel redet mit den Jungs. Aber das hängt immer von der Leistung ab. Und es geht mir auch nicht um Führungsspieler. Klar, jede Mannschaft braucht zwei, drei davon. Aber ich möchte, dass jeder Spieler Verantwortung für sich selbst und für die Mannschaft übernimmt. Ein Kilian Kustermann kann das sein, oder ein Yannick Maurer, um nur mal zwei von den jungen Neuzugängen zu erwähnen. Wir predigen, dass das Team im Vordergrund steht.

Haben Sie die Spielführer-Binde schon vergeben?

Unsöld: Stefan Strohhofer ist Kapitän.

Eine Frage zur sportlichen Perspektive, Herr Schiller: Nach oben sind die Grenzen ausgelotet, das Thema Bayernliga kommt unter den gegebenen Voraussetzungen nicht auf den Tisch. Gilt es also nur, irgendwie in der Liga zu bleiben – oder blicken Sie gar nicht so sehr auf die Spielebene?

Schiller: Priorität hat der Klassenerhalt. Aber auf Gedeih und Verderb? Wissen Sie, ich bin im Leben Optimist und im Fußball Pessimist. Und mir persönlich läuft das im Moment fast zu gut. Dabei haben die Punktspiele noch gar nicht angefangen.

Hat Ihre Zurückhaltung auch mit finanziellen Rahmenbedingungen zu tun? Wie stehen Sie nach Ihrer Einschätzung da?

Schiller: Wir stehen am ganz armen Ende der Landesligisten.

Zurück auf den Platz. Herr Unsöld: Als Profifußballer verkörperten Sie, ohne Ihnen zu nahe zu treten, eher den kämpferischen als den filigranen Typ. Auch als Trainer gelten Sie als einer, der immer vollen Einsatz fordert.

Unsöld: Das ist ja die Minimalvoraussetzung: Ich muss mit Herzblut bei der Sache sein und alles für die Mannschaft und den Verein reinhauen. Wenn ich das nicht mache, brauche ich mich hinterher nicht fragen, warum ich verloren habe. Ich habe schon gewusst, was meine Stärken als Fußballer sind. Aber ich habe auch gewusst, ich kann das alles nur umsetzen, wenn ich meinen ganzen Lebenswandel danach richte. Gut, das war im Profibereich, bei Amateuren muss man da Abstriche machen. Aber auch hier muss man mit sich selbst im Reinen sein. Wenn man das nicht ist, kann man keine Topleistung abrufen. Und ich will auch vor dem Spiel keinen erleben, der mal eben in den Spiegel schaut und sich die Haare richtet. Der kann gleich in der Kabine bleiben.

Wie steht der Sportleiter zu solchen Aussagen?

Schiller: Ich sehe das ganz genauso. Erst die Arbeit, dann der Spaß. Ich bin überzeugt von diesem Trainer, ganz einfach.

Also perfekte Harmonie, Herr Unsöld?

Unsöld: Wir reden viel miteinander, aber manchmal reicht es auch, wenn wir uns nur anschauen. Da denken wir schon gleich. Was auch für das Folgende gilt: Ich kann nichts von den Spielern verlangen, das ich nicht vorlebe.

Aufrufe: 013.7.2018, 23:38 Uhr
Günzburger Zeitung / Jan KubicaAutor