2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Kann schon wieder ein wenig lachen: Äußerlich sieht man inzwischen nicht mehr viel von Jonas Herters schweren Gesichtsverletzungen. Der Heilungsprozess wird aber noch lange dauern. F: Uwe Mühling
Kann schon wieder ein wenig lachen: Äußerlich sieht man inzwischen nicht mehr viel von Jonas Herters schweren Gesichtsverletzungen. Der Heilungsprozess wird aber noch lange dauern. F: Uwe Mühling

Jonas Herter: "Den ersten Schock habe ich verdaut"

Der Weißenburger im Tor des VfB Eichstätt äußert sich erstmals ausführlich zu seiner schlimmen Verletzung

Kaum eine Verletzung hat in den vergangenen Jahren im regionalen Fußball für so viel Aufsehen gesorgt, wie jene von Jonas Herter. Der 27-jährige Torhüter erlitt bei einem Zusammenprall im Bayernliga-Spiel seines VfB Eichstätt in Weiden gleich fünf Brüche im Gesicht. Zwei Wochen ist das jetzt her.

Im Interview mit dem Weißenburger Tagblatt äußert sich der Weißenburger, der viele Jahre für den heimischen TSV 1860 sowie für seinen Stammverein ESV Treuchtlingen gespielt hat, erstmals ausführlich zu den Geschehnissen, zum bevorstehenden langen Weg der Besserung, zu den Erfolgen des VfB sowie zum Sprung von der Bezirksliga in die Bayernliga, den er bis zu dem Sportunfall bravourös gemeistert hatte. Diesen Samstag drückte er seinem Team beim Spitzenspiel in Seligenporten die Daumen.

Herr Herter, zu Beginn eine etwas banale bei Ihnen aber vollauf berechtigte Frage: Wie geht es Ihnen?

Jonas Herter: Die Operation hat gut geklappt, wenige Tage später wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen. In der Uni-Klinik in Regensburg wurde ich wirklich hervorragend behandelt. Die Schwellung ist jetzt zwar noch da, die Augen sind blutunterlaufen und ich habe immer wieder so ein taubes Gefühl, das von einem eingeklemmten Nerv am Jochbein kommt. Insgesamt bin ich allerdings auf dem Weg der Besserung. Das Sprechen geht schon wieder ganz gut und ich bekomme den Mund relativ weit auf. Dennoch muss ich etwa vier Wochen lang vorwiegend weiche und breiige Sachen essen.

Fünf Brüche im Gesicht, in manchen Medien war von einer Horrorverletzung die Rede. Was genau ist alles passiert?

Herter: Der Augenbogen war zweimal gebrochen und wurde mit zwei Metallplatten stabilisiert, die in einem halben Jahr wieder herauskommen. Zudem habe ich einen Jochbeinbruch und einen doppelten Bruch der Kieferhöhlenwand erlitten.

War Ihnen die Schwere der Verletzungen gleich beim Zusammenprall in der 72. Spielminute in Weiden bewusst?

Herter: Ich habe sofort gemerkt, das was nicht stimmt. Ich habe den Mund nicht mehr aufgebracht und hatte so ein „Bizzeln“ auf der rechten Körperseite. Es war ein komischer Schmerz.

Können Sie sich noch an die Spielszene im Strafraum erinnern?

Herter: Ja, es war eine Freistoß-Hereingabe an den Fünfer. Ich und der Weidener Gegenspieler sind beide hochgegangen und dabei unglücklich zusammengeprallt. Er ist wohl mit der Stirn auf meine rechten Gesichtshälfte getroffen, es war aber sicherlich keine Absicht. Während er weiterspielen konnte, musste ich nach längerer Behandlungspause und Notarztversorgung ins Uni-Klinikum nach Regensburg geflogen werden.

Dort wurden sie operiert und vorigen Freitag entlassen. Tags darauf haben Sie bereits wieder bei Ihrer Mannschaft in Eichstätt zugeschaut. Daran kann man ablesen, dass Sie schnell wieder zurückwollen.

Herter: Das schon, aber das Wichtigste ist jetzt erst einmal, dass alles gut verheilt. Mein Ziel ist sicherlich, bei der Wintervorbereitung wieder dabei zu sein. Nach drei Monaten muss man aber erst einmal sehen, wie sich alles entwickelt hat und ob alles wieder stabil ist. Dann werde ich schauen, wie es beim Fußball weitergeht.

Die Rückkehr auf den Sportplatz ist also bis auf Weiteres offen. Wie sieht es beruflich aus?

Herter: Aktuell bin ich natürlich noch krankgeschrieben. Aber ich denke, dass ich spätestens Ende Oktober wieder anfangen kann. Mein Chef vom Georgensgmünder Softwarunternehmen Unicam hat mir gleich nachdem er von dem Unfall erfahren hat, geschrieben, dass ich erst einmal darauf achten soll, dass ich wieder gesund werde.

Bis zu der ominösen 72. Minute in Weiden war für Sie und den VfB Eichstätt in der Bayernliga Nord alles bestens.

Herter: Ja, das stimmt. Es ist super gelaufen, was nach dem Umbruch beim VfB und dem Wechsel in die Nord-Gruppe der Bayernliga keiner so gedacht hatte. Wir wussten, dass wir eine gute, junge Truppe haben und haben uns dann natürlich gefreut, dass wir längere Zeit Tabellenführer waren und derzeit – punktgleich mit Großbardorf – immer noch sind.

Auch für Sie persönlich lief es bestens. Vom Bezirksligisten TSV 1860 Weißenburg gekommen eroberten sie auf Anhieb den Stammplatz im Tor und verpassten bis zum Weiden-Spiel keine Minute. Waren Sie davon selbst ein bisschen überrascht?

Herter: Jein! Ich hatte schon den Vorsatz, mich durchzusetzen und wollte den Sprung in die Bayernliga schaffen. Dementsprechend hart habe ich auch in den fünf Wochen Vorbereitung gearbeitet, wusste aber lange nicht, was passieren wird. Erst im letzten Training vor dem Punktspielstart hat mir Trainer Markus Mattes dann gesagt, dass er mit mir als Nummer eins in die Saison gehen wird.

Sie gelten als moderner Torwart, der zwar nicht der allergrößte ist, der aber sehr ehrgeizig ist und obendrein hervorragend mitspielt. Das Sie ein guter Fußballer sind, haben Sie beim TSV 1860 Weißenburg nicht zuletzt mit zahlreichen verwandelten Elfmetern bewiesen. Wo sehen Sie nach dem Sprung von der Bezirksliga in die Bayernliga die größten Unterschiede?

Herter: Der Riesenunterschied besteht darin, dass in der Bayernliga alles viel schneller ist. Richtig krass ist das körperliche Spiel – da geht es ganz anders zur Sache und auch auf mich als Torwart kommen ganz andere Brocken zu. Ich komme bislang aber durch mein Stellungsspiel und das hervorragende Torwarttraining beim VfB mit Norbert Scheuerer und Armin Schmidt gut damit klar.

Momentan sind Sie außer Gefecht, bekommen aber viel Aufmunterung – sogar vom Schalker Bundesliga-Torhüter Ralf Fährmann. Wie kam das zustande?

Herter: Mein Onkel kommt aus Gelsenkirchen. Als Schalke-Fan war er am Trainingsgelände, hat Ralf Fährmann um einen Videogruß an mich gebeten und der hat spontan mitgemacht. Die anderen Schalker Torhüter haben sich dem angeschlossen. Ich bin zwar ein Bayern-Fan, das spielt hier aber keine Rolle, denn über den Zuspruch unter Torhütern habe ich mich absolut gefreut.

Sie haben sich bestimmt schon ein paar Gedanken gemacht wie es nach der längeren Verletzungpause weitergeht.

Herter: Ich werde auch immer wieder gefragt, ob ich Angst habe und ob ich mir vorstellen kann, wieder zu spielen. Ich selber mache mir auch Gedanken, ob ich vielleicht mal mit einer Maske bzw. einem Kopfschutz wie Petr Cech spiele. Aber ehrlich gesagt: Ich weiß es noch nicht. Ich kann derzeit nicht sagen, wie es sein wird, wenn ich wieder im Training bin oder auf dem Spielfeld stehe. Ich denke, das muss die Zeit bringen. Momentan bin ich erst mal froh, dass es so ausschaut, als würde nichts bleiben. Die ganze Sache ist einfach megablöd gelaufen, doch ich habe den ersten Schock verdaut und schaue nun wieder nach vorne.

Aufrufe: 019.10.2015, 11:14 Uhr
Uwe Mühling (WT)Autor