2024-05-02T16:12:49.858Z

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Die erhoffte Verstärkung - und mehr als ein "normaler" Neuzugang: Stefan Reiser (vorne) hat sich voll auf den TSV Stallwang eingelassen.
Die erhoffte Verstärkung - und mehr als ein "normaler" Neuzugang: Stefan Reiser (vorne) hat sich voll auf den TSV Stallwang eingelassen. – Foto: Johann Ring

»Geilster Derbysieg«: Stallwang klopft ans Tor zur Kreisliga

Euphorie beim TSV: Klappt's in dieser Spielzeit mit dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte? +++ Warum ein Ex-Bayernliga-Stürmer dabei eine große Rolle spielt

Die Köpfe hängen nach unten bei den Stallwangern! Eine Stunde ist am vergangenen Sonntag im Derby und Top-Spiel der Kreisklasse Straubing absolviert, da scheint die Messe gelesen zu sein. Vor 350 Fans haben die Aschaer Hausherren soeben das 3:1 erzielt, kurz zuvor hatten sich die Gäste aus Stallwang durch einen Platzverweis selbst dezimiert. Was soll da schon noch passieren? Eine Menge, denn nun wird es spektakulär.

Denn plötzlich geht ein Ruck durch die in Unterzahl agierende TSV-Mannschaft. Binnen acht Minuten drehen die Stallwanger die Partie einmal komplett auf links, schießen zu zehnt drei Tore gegen verdutzte Gastgeber, die nicht mehr wissen, wie ihnen geschieht. Unglaublich! Stallwangs Sportlicher Leiter Andreas Botschafter ist auch Tage nach dem Husarenstück noch voller Euphorie: "Das war der geilste Derbysieg, den ich je erlebt habe. Das Paradoxe daran ist, dass wir eigentlich unsere bis dato schwächste Saisonleistung abgerufen haben. Bis zum 3:1 und dem Platzverweis war das gar nichts, aber trotz der Widrigkeiten hat sich die Mannschaft selbst hochgezogen und eindrucksvoll ihren tollen Charakter unter Beweis gestellt. Hut ab!" Zweifelsohne, der emotionale Triumph beim Lokalrivalen war der bisherige Höhepunkt einer an Siegen nicht armen Spielzeit für die Stallwanger. Los ging`s zwar bescheiden, aber seit Anfang August läuft`s wie geschmiert. Elfmal in Folge hat der TSV nicht mehr verloren, in dem Zeitraum herausragende 29 Zähler eingefahren. Mit derzeit 30 Punkten sind die Blau-Gelben erster Verfolger von Spitzenreiter Perkam, auf Platz drei haben die Stallwanger schon ein nettes Polster herausgeschossen.

Starke Jugendarbeit, tolle Unterstützung: Aufbruchstimmung in Stallwang.

Überraschend kommt es nicht, dass der TSV erstmals in seiner Vereinsgeschichte ans Tor zur Kreisliga klopft. Um erfahrene Akteure wie Matthias Weiß (30), Andreas Eidenschink (30) oder Lukas Schindler, der trotz seiner erst 24 Jahre die Mannschaft als Kapitän aufs Feld führt, haben die Stallwanger dank beharrlicher und fleißiger Jugendarbeit eine schlagkräftige Truppe zusammengebastelt. Die A-Junioren bilden zusammen mit dem SV Haibach eine Spielgemeinschaft und können immerhin in der Kreisliga auf einem ordentlichen Niveau wertvolle Erfahrungen für den Seniorenbereich sammeln. "Wir profitieren von der starken Nachwuchsförderung, die in den letzten Jahren hier geleistet wurde. Pro Jahrgang stoßen immer zwei bis drei Akteure nach, sowohl für die ersten als auch für die zweite Mannschaft. Das ist für einen Dorfverein schon beachtlich. Man spürt einfach eine Aufbruchstimmung im Ort. Da tut sich was", meint Botschafter, der seit zwei 2017 die sportlichen Geschicke beim Verein aus dem nördlichen Landkreis Straubing-Bogen leitet.

»Glücksfall« Stefan Reiser.

Zum Kader, der überwiegend aus einheimischen Spielern besteht, gesellen sich immer wieder punktuelle wie clevere externe Verstärkungen. So zum Beispiel Oliver Leutsch, der im Winter 2017 von der zweiten Mannschaft des ASV Cham nach Stallwang kam. Der 23-Jährige zählt zu den Leistungsträgern und ist aus dem Team nicht mehr wegzudenken. Und dann wäre da natürlich noch ein gewisser Stefan Reiser zu erwähnen. Durch eine glückliche Fügung konnte sich der TSV die Dienste des ehemaligen Vilzinger Bayernliga-Stürmers sichern. "Da brauchen wir gar nicht lange um den heißen Brei herumreden: Stefan ist ein absoluter Glücksgriff für uns. Wie er sich einbringt, das ist einfach super. Er ist extrem willig, hat sich super integriert. Als er zu Beginn der Saison verletzt war, hat er von draußen die Mannschaft mitgecoacht. Er ist der Erste am Trainingsplatz, redet viel mit unserem Trainer Markus Kötterl", lobt Botschafter seinen Stoßstürmer in den höchsten Tönen.

Den viel Gepriesenen hat das Schicksal nach Stallwang, besser gesagt ins zwei Kilometer entfernte Landorf, verschlagen. Mit seiner Partnerin hat er dort ein Haus errichtet. Zwei Jahre sammelte der 28-Jährige nach seiner Zeit in Vilzing erste Trainererfahrungen als spielender Coach beim SV Schwarzach. Seine Zeit beim SVS ging im Sommer unschön mit dem Abstieg aus der Kreisliga zu Ende. "Ich bin jetzt im Moment einfach froh, dass ich unbeschwert kicken kann. Als Spielertrainer ist das eine ganz andere Hausnummer. Du gehst ganz anders in jedes Training oder Spiel. Du kannst dich nicht so auf deine Leistung konzentrieren, wie es einfach sein sollte", erzählt Reiser von seinen Erfahrungen.

Dass er nun in Stallwang so gut zurechtkommt, ist für ihn persönlich keine Überraschung: "Einen Großteil der Mannschaft habe ich ja schon vorher gekannt. Und wenn ich mich in einem Umfeld wohl fühle, dann habe ich richtig Bock. Ich bin ein 100-prozentiger Fußballer, ich liebe es einfach, auf dem Platz zu stehen." Und noch aus einem anderen Grund, der eher weniger mit dem runden Leder zu tun hat, taugt`s ihm Moment richtig in Stallwang. Lachend gibt er zum Besten: "Endlich habe ich wieder Schafkopfkollegen. Nach dem Abschlusstraining geht`s immer zur Sache. Da knöpfe ich ihnen immer schön was ab, aber da müssen sie durch." Die Vorbereitung lief für ihn und das Team richtig gut, doch ausgerechnet im letzten Testspiel folgte der Rückschlag: Innen- und Außenbandanriss im Sprunggelenk. "Ich hab`s zwar im ersten Saisonspiel probiert, aber es machte einfach keinen Sinn." Vier Wochen Pause waren erst mal angesagt.

Verletzt, aber dennoch präsent: Stefan Reiser unterstützte das Team von der Seitenlinie aus.
Verletzt, aber dennoch präsent: Stefan Reiser unterstützte das Team von der Seitenlinie aus. – Foto: Maximilian Stahl

»Was da gerüchteweise für Unsummen kursieren, die ich angeblich erhalte, da kann ich nur müde darüber lächeln.«

Gut erholt präsentierte sich Reiser nach seiner auskurierten Blessur. In neun Einsätzen ließ er es schon wieder 14 Mal klingeln und führt trotz absolviertem Sparprogramm die Torschützenliste der Kreisklasse Straubing an. Das wirft unweigerlich die Frage auf: Könnte er im besten Fußballeralter nicht viel höher spielen? Dass er in Stallwang dem Ruf des schnöden Mammons gefolgt sei, dem tritt er entschieden entgegen: "Was da gerüchteweise für Unsummen kursieren, die ich angeblich erhalte, da kann ich nur müde darüber lächeln. Ich bekomme vom TSV kein Geld." Sagt`s und damit soll`s auch gut sein. Reiser nimmt man es ab, wenn er versichert, dass er im Moment richtig viel Spaß am Fußball hat: "Die Stimmung vor allem nach dem Derbysieg in Ascha ist natürlich top. Ich habe schon einige Derbys mitgemacht, aber das war mit Sicherheit mit das beste. Anschließend in der Kabine machte nicht nur Mineralwasser die Runde", schmunzelt er verschmitzt und versichert: "Die Fans, die uns immer super unterstützen, dürfen träumen. Wir haben die Qualität und den Ehrgeiz, den Aufstieg zu packen." Ob Reiser seine Laufbahn in Stallwang ausklingen lassen wird, ist eher unwahrscheinlich, aber das habe er auch dem Verein gegenüber klar kommuniziert. Irgendwann möchte er schon wieder ins Trainergeschäft einsteigen. So schnell aber noch nicht, denn zunächst hat seine berufliche Fortbildung zum technischen Betriebswirt Vorrang, die noch ein Jahr dauern wird.

Vorbereitung auf den Erfolgsfall: TSV plant ab jetzt zweigleisig.

Klar, es ist erst die Hälfte der Saison absolviert, es kann und wird noch viel passieren. "Wir alle genießen die Momentaufnahme und sind stolz auf das bisher Geleistete. Aber Perkam ist für mich weiterhin der klare Favorit. Wir werden uns aber jetzt auch nicht hinstellen und sagen: Passt, 30 Punkte, der Klassenerhalt ist uns sicher. Das nimmt uns keiner mehr ab. Wir möchten so lange wie möglich oben bei der Musik dabei bleiben", betont der Sportliche Leiter Andreas Botschafter. Dass den Stallwangern die Puste ausgehen könnte, dürfte eher unwahrscheinlich sein. "Unser Trainer Markus Kötterl legt sehr viel Wert auf Fitness. Der Trainingsfleiß der Spieler passt auch. Wir werden weiter an uns arbeiten", verspricht Botschafter, der in der Winterpause die Weichen stellen und zweigleisig planen wird: "Wir müssen in jede Richtung denken. Sollten wir es tatsächlich schaffen, dann brauchen wir im Mai nicht mehr damit anfangen, noch schnell für die Kreisliga zu planen. Das wäre einfach nur naiv und fahrlässig."

Aufbruch ins Ungewisse: Was würde auf den Verein zukommen?

Ein wenig Bammel haben sie in Stallwang schon vor dem Erfolgsfall. Schließlich kämen auf den Verein unbekannte Aufgaben zu. Stichwort zweite Mannschaft, die derzeit in der Reserverunde ebenfalls den zweiten Platz belegt. Die müsste dann nämlich ausgegliedert werden und in einer aufstiegsberechtigten A-Klasse an den Start gehen. "Das würde sicher nicht einfach werden. Weil wir einfach auch vom Zusammenhalt zwischen erster und zweiter Mannschaft leben. Werden wir da auseinandergerissen, könnte das einschneidende Folgen haben", gibt Botschafter zu bedenken, der sich aber freilich im Erfolgsfall gern der Herausforderung stellen würde. Dass sie beim TSV anpacken, und zwar nicht nur auf sportlicher Ebene, dafür steht auch beispielhaft die Typisierungsaktion gegen Blutkrebs, die der Verein in Zusammenarbeit mit DKMS Deutschland am 26. Oktober veranstaltet. Fußballerisch wartet just am letzten Spieltag vor der Winterpause noch das Gipfeltreffen mit dem SV Perkam. Vielleicht legen die Stallwanger im Spitzenspiel ja den Grundstein für den größten Erfolg in der Vereinsgeschichte.

Aufrufe: 016.10.2019, 12:40 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor