2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
Mehr als "nur" Torjäger: Josef Sigl ist das Gesicht des FC Tittling.
Mehr als "nur" Torjäger: Josef Sigl ist das Gesicht des FC Tittling. – Foto: Bernhard Enzesberger

FC Tittling - (fast) ein Leben lang

Josef Sigl steht wie kein anderer Spieler für den FC Tittling. Seine einjährige Zeit im fußballerischem Exil will er dennoch nicht missen.

Selbst auf Bezirks- und Kreisebene werden diejenigen Spieler, die ihre Karriere ausschließlich bei einem Verein verbringen, immer mehr zur Rarität. Fast wäre die Geschichte über Josef Sigl ein Porträt über einen Kicker geworden, der dieser immer seltener werdenden Gattung angehört. Doch in der Statistik der vergangenen Jahre springt einem selbst beim Ur-Tittlinger ein wunder Punkt in diesem Zusammenhang ins Auge. Obwohl der 33-Jährige wie kein anderer Spieler für den FC steht, hat auch er eine Saison in der Fremde verbracht. Doch gerade dieses eine Jahr fernab der Heimat hat dem Torjäger eigenen Bekundungen zufolge deutlich gemacht, wie sehr er am Verein im Dreiburgenland hängt.

Josef Sigl hatte als Leistungsträger, Kapitän, Identifkationsfigur und zwischenzeitlich auch als Trainer dafür gesorgt, dass der FC Tittling nicht nur von der Kreisklasse in die Bezirksliga durchmarschierte, sondern sich zwischenzeitlich sogar auf Bezirksebene etablierte und zum Spitzenfeld gehörte. Zwei Torschützenkönig-Auszeichnungen in dieser Zeit verdeutlichen die Wichtigkeit des Stürmers auf dem Feld. Doch auch abseits des Platzes wurde Sigl zu einer immer maßgeblicheren Persönlichkeit.

Die Tittlinger und auch viele Außenstehende rieben sich deshalb verwundert die Augen, als sich der damals 29-Jährige im Jahr 2016 trotz aller gegenseitigen Liebesbekundungen dazu entschloss, seinem Heimat- und Herzensverein den Rücken zuzukehren. "Ich wollte einfach nochmal was anderes sehen", begründet der im Qualitätsmanagement tätige Angestellte mit etwas Abstand diese Entscheidung. Bei Tittling war er damals in einer Art Sackgasse, wie er es beschreibt. Er war Trainer, Spielführer, Torjäger und einfach "Mädchen für alles". "Das wurde mir einfach zu viel. Ich habe eine Auszeit gebraucht."


Eine lehrreiche und auch schöne Zeit

Sigl zog es zu Landesligist Hauzenberg, nach nur einer Halbserie weiter nach Ruhmannsfelden, wo er sogar als Spielertrainer fungierte. Der junge Familienvater lernte neue Leute, Spielweisen und Sportplätze kennen. Erfahrungen, die er nicht missen möchte. "Ich habe viel mitgenommen von diesen Stationen. Es war eine sehr lehrreiche und auch schöne Zeit", blickt er zurück. Auch seine damaligen Sportlichen Leiter berichten Ähnlich. Hauzenbergs Fußballchef Markus Reischl erinnert sich an einen "super Typen und 100-prozentigen Fußballer, mit dem er heute noch befreundet ist". Und auch Ruhmannsfeldens Funktionär Alois Wittenzellner beschreibt den Stürmer als "ehrgeizigen und positiven Typen, der gut gearbeitet hat - mit dem man aber auch Spaß haben kann".

Menschlich hat Josef Sigl also Spuren hinterlassen in den Landkreises Regen und Passau. Seine sportliche Bilanz in Hauzenberg und Ruhmannsfelden war - so ehrlich ist selbst er - jedoch ausbaufähig. Er kam zwar regelrecht zum Einsatz, die Rolle, die der in Tittling hatte bzw. nun wieder hat, konnte er jedoch nie einnehmen. "Ich habe relativ schnell gemerkt, dass es nicht meins ist, ohne meine Freunde Fußball zu spielen. Das bin nicht ich", gibt der 33-Jährige zu. Von einer gewissen Arroganz aufgrund seiner langjährigen, starken Torausbeute ist im Gespräch nichts zu spüren - nicht nur wegen dieser Aussage. Er verlangt keine Sonderrolle, keinen Sonderstatus, keine Schlagzeilen. Er will einfach nur spielen - mit seinen Kumpels, für den FC Tittling.

So ist es ihm irgendwie auch unangenehm über seine seit Jahren starke Torquote zu sprechen. Ob er ein besonderes Talent hat? Ob der FC Tittling ohne ihn nur die Hälfte Wert ist? All diese Fragen schiebt der ausgewiesene Torjäger gekonnnt, aber nicht unsympathisch zur Seite. "Ich bin nicht trainingsfaul. Ich will fit sein und Fußball spielen. Aber ob man auf unserem Niveau überhaupt von einem guten Spieler reden kann?" Deutlich redseliger wird er, wenn er über "seinen" FC Tittling berichten darf. Er weiß nämlich, wovon er spricht.

Denn: Nach seiner Rückkehr aus dem fußballerischen "Exil" war der "verlorene Sohn" sogleich wieder mittendrin anstatt nur dabei. Er war nicht nur auf dem Feld schnell wieder der alte, führungsstarke und treffsichere Spieler. Er war auch "Drumherum" sofort zurück. Stehen Arbeiten an, ist er dabei - logisch. Muss der Verein gesellschaftlichen Aufgaben nachkommen, kann er auf ihn zählen - selbstverständlich. Und auch eine offizielle Funktion hat der 33-Jährige seit dieser Spielzeit wieder.

Seine Zeit bei Ruhmannsfelden verlief unglücklich, dennoch blickt er gerne auf diese Zeit zurück.
Seine Zeit bei Ruhmannsfelden verlief unglücklich, dennoch blickt er gerne auf diese Zeit zurück. – Foto: Helmut Weiderer

Als Sportlicher Leiter gibt er die generelle Richtung vor, ist für die Kaderplanungen verantwortlich und auch "Vorgesetzter" des jeweiligen Trainers. Eine Aufgabe, die für den Ur-Tittlinger maßgeschneidert ist - steht er doch wie kein anderen für den FC, seine Werte und Ziele. Im Hintergrund zu arbeiten ist auch aus seiner Sicht deutlich einfacher für ihn wie als Spielertrainer zu fungieren. "Als Coach musst du auch mal Klartext reden, auch mal jemandem weh tun", macht er deutlich. "Und das ist einfach schwierig, wenn du nur mit deinen Kumpel zusammenarbeitest."

Es wird deutlich: Josef Sigl ist alles andere als der egoistische, torgeile Stürmer, der nur auf sich und seine Torquote bedacht ist. Sigl hat das Große und Ganze im Blick - und ist in diesem Zusammenhang durchaus ehrgeizig. "Der FC Tittling gehört zurück in die Bezirksliga. Es ist unser Ziel, den Verein dort zu etablieren." Namhafte Verpflichtungen zuletzt unterstreichen diese Ambitionen. Trotz aller Vorgaben und Verstärkungen ist der Aufstieg jedoch kein Muss. "Auf Biegen und Brechen machen wir gar nix."

Der Torjäger, die Identifkationsfigur, der Sportliche Leiter ist keiner, der den schnellen Erfolg will mit dem FC Tittling - nach dem Prinzip: Koste es, was es wolle. Josef Sigl ist vielmehr daran interessiert, seine große Liebe in eine nachhaltige Zukunft zu führen. Egal, was kommt - er wird dabei sein. Ohne Wenn und Aber. Denn ein weiterer Wechsel ist für ihn ausgeschlossen. "Nein, nein. Dieses Thema hat sich ein für alle mal erledigt."

Aufrufe: 018.6.2020, 07:00 Uhr
RedaktionAutor