2024-04-25T14:35:39.956Z

Vereinsnachrichten
Blickt nach vorne: Hermann Schöpf übernimmt den Trainerposten beim VfL Denklingen.  Foto: halmel
Blickt nach vorne: Hermann Schöpf übernimmt den Trainerposten beim VfL Denklingen. Foto: halmel

Ex-Nationalspieler übernimmt in Denklingen

Schöpf hat einiges zu erzählen

Hermann Schöpf spielte beim FC Bayern, war Nachwuchsnationalspieler, durfte von einer großen Profi-Karriere träumen. Ein Badeunfall änderte alles, der Profitraum platze. Geblieben sind unzählige Geschichten und die Liebe zum Fußball. In der kommenden Saison coacht er nun den VfL Denklingen.

Als Hermann Schöpf in Brasilien aus dem Flieger steigt, traut er seinen Augen kaum. Unzählige Journalisten haben sich versammelt, acht Fernsehstationen haben Reporter geschickt, die Ankunft der Fußballer des FC Bayern wird live in jeden Winkel Brasiliens übertragen. Auch die Partie am Abend im Santos-Stadion flimmert landesweit über die Bildschirme. „Das war schon der Wahnsinn“, sagt Schöpf heute. Eigentlich ist das fast noch eine Untertreibung. Denn es sind nicht die Profis des FCB, die Mitte der 80er aus dem Flieger steigen. Es sind die A-Junioren. Und Schöpf, ein junger Bub aus Olching, der seit der C-Jugend für die Roten spielt, ist mittendrin.

Drei Wochen bleiben Schöpf und Co. in Brasilien, spielen bei einem internationalen Einladungs-Turnier mit. Der Erfolg ist überschaubar. „Eigentlich war’s eher peinlich“, sagt Schöpf, der damals im Angriff der Bayern wirbelte. „Nach einer Woche waren wir, der große FC Bayern, schon draußen. Dann haben wir zwei Wochen Urlaub gemacht.“ Später stellt sich heraus, dass das Turnier für U23-Mannschaften gedacht war, die Bayern eine viel zu junge Mannschaft geschickt hatten. „Unsere Gegner sind mit dem Kinderwagen zum Stadion gekommen“, sagt Schöpf und lacht.

Immerhin findet ein Bayer sein Glück. Schöpfs Trainer verliebt sich in eine Brasilianerin, nutzt die spielfreie Zeit als eine Art Liebesurlaub. „Die beiden sind heute noch zusammen“, sagt Schöpf. Wieder muss er lachen.

Der 49-jährige, der mittlerweile einen Getränkehandel in Penzing betreibt, kann unzählige solcher Anekdoten erzählen. Von Verfolgungsjagden nach einem Discobesuch in Südamerika. Von Auftritten in den legendären Arenen Camp Nou in Barcelona oder dem Estadio Santiago Bernabéu, der Heimat von Real Madrid. Oder von einem Galadinner vor einem Spiel mit der Nachwuchsnationalmannschaft in England, als der deutsche Torwart in Zivil erscheinen musste, weil ihm angesichts von 1,98 Metern Körpergröße kein Trainingsanzug passte. „Die Engländer haben gedacht, der ist irgendein Offizieller. Als er als unser Keeper vorgestellt wurde, sind alle mit großen Augen auf ihrem Stuhl nach unten gerutscht.“

Der Sprung zu den Profis des FCB gelingt Schöpf nicht. Warum? „Unglückliche Umstände“, sagt er. „Es ist viel zusammen gekommen. Deshalb hat es am Ende nicht gereicht.“ Er verlässt die Bayern, wechselt zu Stadtrivale Wacker München, versucht sein Glück in der vierten Liga.

Ein Besuch im Freibad Mammendorf stellt ein halbes Jahr später sein komplettes Leben auf den Kopf. Ein Unbekannter stößt den damals 22-Jährigen vom Beckenrand ins Wasser. Schöpf knallt mit dem Kopf gegen eine Betonkante, bricht sich den Schädel. Der Amtsarzt attestierte ihm eine Berufs- und Sportinvalidität. Mit dem Leistungssport ist es vorbei.

Schöpf kämpft, schafft trotz der düsteren Prognosen ein Comeback, kehrt für eine Saison noch als Aktiver beim SC Fürstenfeldbruck auf den Platz zurück. Nebenbei absolviert er einen Trainerlehrgang, erwirbt später die A-Lizenz. Er trainiert zahlreiche Nachwuchsmannschaften – unter anderem die C-Junioren der Münchner Löwen, ist als Stützpunkttrainer des Deutschen Fußballverbandes (DFB) in Issing zuständig.

Zur vergangenen Saison schließt er sich dem SV Raisting an, trainiert die zweite Mannschaft des Landesligisten in der Kreisklasse 3. Am Ende der Saison trennen sich die Wege. „Wir waren uns einig, dass wir nicht die gleichen Vorstellungen hatten“, sagt Schöpf.

Vor ein paar Wochen erreicht ihn ein Anruf aus Denk–lingen. Der Kreisligist hat sich nach drei Jahren von seinem Coach Joachim Ried getrennt, sucht einen Nachfolger. „Viele Spieler kennen Joachim schon seit den C-Junioren. Vielleicht war das etwas zu lange. Deshalb wollten wir etwas Neues versuchen“, erklärt VfL-Chef Christoph Sporer.

Die Wahl fällt auf Schöpf, der schnell zusagt. „Die Fußstapfen sind groß. Joachim Ried hat sich sehr um den VfL verdient gemacht“, sagt er. „Aber die Aufgabe ist interessant, das Team hat viel Potenzial. Wir können eine gute Rolle spielen.“ Und ein paar neue Anekdoten wird es sicher auch wieder geben.

Aufrufe: 023.6.2017, 09:56 Uhr
Thomas Fritzmeier - Schongauer NachrichtenAutor