2024-05-24T11:28:31.627Z

Interview
Foto: Frank Leber
Foto: Frank Leber

"Ein Doppelaufstieg birgt auch Risiken"

Steffen Kaiser: Trainer der KSG Georgenhausen II im FuPa-Interview

Nicht nur die erste Mannschaft der KSG Georgenhausen gelang der Aufstieg. Auch die zweite Reihe der KSG konnte in der Relegation den Aufstieg, in die Kreisliga A Dieburg/Odenwald feiern. Es ist für Trainer Steffen Kaiser der zweite Aufstieg binnen zwei Jahren mit dem Reinheimer Ortsteilclub. Im FuPa Interview sprach der Aufstiegstrainer über die abgelaufene Saison und gibt unter anderem Einblicke in das Innenleben seiner Mannschaft.

Wenn man die letzten beiden Jahre Revue passieren lässt stellt man schnell fest, dass es mit Euch seit zwei Jahren nur noch steil Bergauf gegangen ist. Was ist das Erfolgsgeheimis für eine solche Entwicklung?

"Vor gut dreianhalb Jahren habe ich bei der KSG Georgenhausen II das Traineramt übernommen. Als ich übernahm haben wir eher um den Abstieg gespielt. In der darauffolgenden Saison, als ich meine erste richtige Vorbereitung mit der Mannschaft hatte, habe ich das Team versucht deutlich zu verjüngern. Am Ende dieser Saison sind wir noch denkbar knapp am Aufstieg gescheitert. Rückwirkend betrachtet muss ich sagen, dass es enorm wichtig ist bis zum letzten Spiel durchzuziehen. Diese Durchschlagskraft fehlt uns in der eben angesprochenen Spielzeit. In den folgenden beiden Jahren konnten wir die Spannung bis zum letzten Spieltag hochhalten und so stand am Ende der beiden Jahre jeweils der Aufstieg zu Buche."

Vom Abstiegs- zum Aufstiegkandidat wird man nicht über Nacht. An welchen Schrauben haben Du und das restliche Trainerteam gedreht, dass es so gekommen ist?

"Zum damaligen Zeitpunkt hatte die zweite Mannschaft in Georgenhausen einen nicht so hohen Stellenwert. Bei meinem Amtsantritt war es eine Bedingung von mir, dass die zweite Reihe der KSG einen etwas höheren Rang im Verein bekommt. Alles andere wäre vorab nämlich verschwendete Energie gewesen. Es war mein erster Trainerposten im Herrenbereich und da war es mir umso wichtiger, dass meine Arbeit Früchte tragen wird. Als Ziel steckte ich mir diese sportliche Differenz zwischen erster und zweiter Mannschaft zu verkleinern. Von der Kreisoberliga runter zur Kreisliga C bedeutete einen zu großen Unterschied. Das Team war damals ein mehr oder weniger zusammengewürfelter Haufen, aus recht alten Spielern und ab und an welchen, für die es in der ersten Mannschaft nicht ganz reichte. Mannschaftliche Geschlossenheit konnte so gar nicht wirklich entstehen. Ich verbrachte anfangs viele Stunden auf Sportplätzen und habe Spieler angefragt, ob sie sich für das Projekt bei der zweiten Mannschaft in Georgenhausen begeistern könnten. So entstand nach und nach ein Kern, der die Mannschaft an sich repräsentierte. Zusammen mit Spielern aus der A-Jugend, die wir langsam an den Herrenbereich gewöhnen wollten, bekamen wir eine sehr ordentliche Truppe zusammen."

Mit Benjamin Zeller sticht ein Spieler aus der Mannschaft ein wenig heraus. In 48 Spielen gelangen ihm 59 Tore. Welche Rolle spielt er für Dein Team?

"Natürlich hat er viele Tore für uns geschossen, die darüber hinaus auch extrem wichtig waren. Das möchte ich auf gar keinen Fall abwerten. Aber es ist eine komplette Mannschaftsleistung, die uns ausmacht. Die Nummer eins bis runter zur 18 haben alle einen wichtigen Stellenwert für uns. Jeder Trainer ist froh, wenn er einen Goalgetter hat, der Tore macht. Aber noch glücklicher macht es einen Trainer, wenn sich um diesen Goalgetter eine Mannschaft bildet, die perfekt harmoniert. Ben profitiert von seiner Erfahrung aber auch von der Teamleistung."

Findest Du, dass eine zweite Mannschaft im Amateurbereich von den Vereinen heutzutage immer noch nicht genug geschätzt wird?

"Bei anderen Vereinen kann ich das natürlich nicht so genau beurteilen. Hier und da bin ich mit Trainern, die eine zweite Mannschaft trainieren, im Kontakt. Da bekomme ich das ein oder andere mit. Fakt ist auf jeden Fall, dass eine zweite Mannschaft nie den Wert einer ersten Mannschaft haben wird. Das ist völlig logisch und ergibt sich auch aus der Hierarchie des Vereins. Das sollte jedem, der in der zweiten Reihe arbeitet, bewusst sein. Man darf sich aber auch nicht kleiner machen als man ist. Bei uns ist das inzwischen eine tolle Einheit geworden. Einheit, weil es intern nicht von einer ersten oder zweiten Mannschaft die Rede ist. Wir sind ein Verein und das leben wir auch so vor. Keine Mannschaft kocht ihre eigene Suppe. Das war bei den jeweiligen Relegationsspielen unserer Mannschaften gut zu sehen. Was da von allen Spielern des Vereins auf und eben auch neben dem Platz veranstaltet wurde war sensationell."

Du hast jetzt die beiden Aufstiege miterlebt. Über den Umweg Relegation konntest du diesen zweiten Erfolg mit Deinem Team letztendlich feiern. Nun standet ihr schon ein paar Spieltage vor Schluss als Zweiter fest. Ist es Deiner Meinung nach ein Vorteil schon länger Klarheit zu haben, dass es in die Relegation geht?

"Für uns als Trainerteam war es ehrlich gesagt unangenehm. Problem ist, ab dem Moment in dem du weißt dieser zweite Platz kann dir nicht mehr streitig gemacht werden, drohst du in deinem Spiel leichtsinnig zu werden. Das hat mit der vorhin schon angesprochenen Spannung zu tun. Diese gilt es nicht bis paar Spieltage vor Schluss hochzuhalten, sondern bis zu der letzten Minute der Saison. Da muss ich aber meinen Jungs großen Respekt zollen, dass sie eben genau das verinnerlicht haben und auch ab dem Moment, als nach unten wie nach oben nichts mehr ging weiter Gas gegeben haben. Sowohl im Training, als auch in den Spielen."

Habt ihr im Trainerteam einem drohenden Spannungsabfall vor Ende der Saison entgegengewirkt?

"Klar hat man als Trainer an ein paar Schrauben gedreht. Die Spieler waren dahingehend aber auch in gewisser Art pflegeleicht. Bei den Jungs steckte ein unglaublicher Wille drin aufsteigen zu wollen. Es war eine durchgehende Motivation vorhanden vom Anfang der Runde bis zum letzten Relegationsspiel. Auch Rückschläge im Laufe der Saison hat das Team gut weggesteckt. Diese Mentalität macht mein Team aber auch die erste Mannschaft aus. Wenn es mal schwer wird stehen wir zusammen. Das wird in der bevorstehenden A-Liga bzw. Gruppenliga auch unsere Stärke sein."


Was sind die Ziele für die kommende Saison bei Euch?

"Ganz klar der Klassenerhalt. Wir trauen den Jungs viel zu und sie genießen das volle Vertrauen von uns. Zunächst einmal müssen wir uns aber erstmal in der neuen Liga an die Begebenheiten gewöhnen. Ein Doppelaufstieg birgt auch Risiken. Nicht wenige Teams verabschieden sich nach solchen Erfolgen mit dem freien Fall nach unten. Wir freuen uns einfach auf die kommende Saison und wollen alles mitnehmen was wir können. Spaß am Spiel, das sollen die Jungs weiterhin verkörpern können."

Wie sieht Deine persönliche Zukunftsplanung aus? Wird man Dich noch länger auf der Trainerbank der KSG II sehen oder willst du Dich in naher Zukunft sportlich auch mal verändern?

"Ein Abgang steht für mich derzeit nicht zur Frage. Die Arbeit in Georgenhausen macht mir großen Spaß. Dazu habe ich mit Erol Bergerhausen und Wolfgang Kühn zwei Trainerkollegen, auf die ich mich absolut verlassen kann. Auch die Jungs ziehen voll mit und so konnten wir uns im Laufe der letzten Jahre was beachtliches aufbauen. Gespräche mit andern Vereinen habe ich dankend abgelehnt. Es ehrt mich natürlich mitzubekommen, dass meine Arbeit auch auf anderen Plätzen wahrgenommen wird. Aber alles in allem fühle ich mich hier wohl und möchte weiter mit den Spielern hier arbeiten."

Aufrufe: 023.7.2018, 08:00 Uhr
Pascal WinklerAutor