2024-05-14T11:23:26.213Z

Ligabericht

Der fairste Fußballer der A-Liga

Vorbild Marcel Kirchenkamp

Der St. Töniser Marcel Kirchenkamp gab beim Stand von 0:0 in der Partie gegen Schiefbahn 90 Sekunden vor Schluss zu, nicht im Strafraum gefoult worden zu sein. Der Schiedsrichter korrigierte daraufhin seine Elfmeter-Entscheidung.

Ein Fußballer dribbelt in den Strafraum. Es kommt zum Kontakt mit dem Gegenspieler. Der fällt hin, und der Schiedsrichter zeigt auf den Elfmeterpunkt. Eine ganz normale Szene also aus dem Fußballalltag. So geschehen auch im Kreisliga-Spiel zwischen dem SV St. Tönis und dem SC Schiefbahn. Es läuft die 88. Minute. Beim Stand von 0:0 wird der St. Töniser Marcel Kirchenkamp im Sechzehnmeter-Raum attackiert und kommt zu Fall. Was dann folgte, war aber alles andere als üblich, sondern vielmehr beispielhaft.

"Der Schiedsrichter, den ich schon lange kenne, kam zu mir und hat mich gefragt, ob der Gegenspieler mich entscheidend getroffen habe. Ich entschloss mich, ehrlich zu antworten und verneinte seine Frage", erzählt Kirchenkamp. Daraufhin nimmt der Unparteiische Stephan Rogoll seine Elfmeterentscheidung wieder zurück, und die Partie endet 0:0.

Mittelfeldspieler Kirchenkamp beweist damit, wie das Wort Fairplay, das auf jeder Werbebande im Bundesligastadion steht, ausgelegt werden muss. Die einschlägigen Erfahrungen des 29 Jahre alten Lehrers, der als Spieler unter anderem für den CSV Marathon Krefeld, VfL Willich und BV Union Krefeld aktiv war, gaben den Ausschlag für seine ehrliche Antwort. "Auf der einen Seite wird immer wieder betont, wie wichtig Ehrlichkeit ist, und dann wird die Wahrheit für einen Eckball, Einwurf oder Freistoß gerne mal beiseite geschoben", schildert Kirchenkamp seine Meinung.

Die Reaktion des Trainers und der Mitspieler bestätigt ihn in der Richtigkeit seiner Aktion: "Zunächst waren einige Teammitglieder etwas verstimmt, es wäre ja wahrscheinlich der Siegtreffer geworden, aber nach Spielende zeigten alle vollstes Verständnis für mein Verhalten."

Kirchenkamp sieht gerade den Amateurfußball in puncto Fairness auf einem schlechten Weg und nimmt dabei vor allem die Trainer in die Pflicht. "Mittlerweile wird selbst in den unteren Ligen alles für den Erfolg getan. Das Herausholen von Freistößen oder Elfmetern wird zunehmend professionalisiert und teilweise schon bei den Bambini geübt. So etwas muss von den Trainern unterlassen werden, auch wenn dies im Fußballjargon gerne als cleveres Zweikampfverhalten abgetan wird." Der Diplom-Sportwissenschaftler hofft nun, möglichst viele Spieler mit seinem vorbildlichen Verhalten erreicht zu haben und macht klar: "Ich würde es jeder Zeit wieder machen."

Aufrufe: 019.9.2012, 00:23 Uhr
Rheinische Post / Marcel PüttmannsAutor