2024-05-15T11:26:56.817Z

Allgemeines
Hilbecks Leistungsträger Nils Rosenkranz (Nr. 3) lief am Wochenende in der Kreisliga A auf.
Hilbecks Leistungsträger Nils Rosenkranz (Nr. 3) lief am Wochenende in der Kreisliga A auf. – Foto: Melis Altay

Corona und die Frage nach dem Fair-Play

Immer wieder ist aktuell zu lesen, dass Reserve-Mannschaften mit Akteuren aus der viel höher spielenden 1. Mannschaft verstärkt werden. Am Wochenende gab es in der Kreisliga A Soest wieder ein plakatives Beispiel, wie die Corona-Pandemie Spiele massiv beeinflusst.

Der SV Hilbeck gab vorigen Samstag zu Protokoll, dass es mehr als drei bestätigte Corona-Fälle in der Landesliga-Mannschaft gibt, weswegen das Heimspiel gegen die DJK Wattenscheid gemäß der Regularien abgesagt werden durfte. Angekündigt hatte Coach Heiko Hofmann auch, dass, wenn das Wetter stabil bleibt, die 2. Mannschaft spielen soll und einige Spieler der Ersten Spielpraxis sammeln sollen.

Tatsächlich fand das Heimspiel in der Kreisliga A gegen den SuS Scheidingen auf dem die Wochen zuvor nicht bespielbaren Naturrasenplatz im Hilbecker Willi-Hafer-Stadion statt. Für den SV Hilbeck II, der in der Hinserie nur einen einzigen Sieg eingefahren hat, zuletzt sogar fünf Spiele ohne Torerfolg blieb und der Kreisliga B entgegentrudelt, liefen jedoch keine "Bankdrücker" auf, sondern vier Landesliga-Stammspieler (Keeper Silas Wiehoff, Nils Rosenkranz, Nico Danne und Florian Hünnies) und Winterneuzugang Fabian Hellmich (zuletzt Oberligist Westfalia Rhynern).

Entsprechend fiel das Ergebnis aus. Hilbeck legte los wie die Feuerwehr und führte gegen den Mitkonkurrenten im Abstiegskampf bereits nach einer halben Stunde mit 4:0. Am Ende stand gegen den von den Umständen wenig begeisterten SuS Scheidingen ein 5:0 zu Buche.

Scheidingen hat eine klare Meinung

Nun hat der Scheidinger Vorstand um Geschäftsführer Peter Pyka eine ausführliche Stellungnahme zur dortigen Sicht der Dinge abgegeben:

"Quo vadis, Fair-Play? Fair-Play ist eine der zentralen Parolen im Sport. In Zeiten der Pandemie sollten wir als Gesellschaft näher zusammengerückt sein und fair gegenüber unseren Mitmenschen sein. Solidarität soll groß geschrieben werden.

Am Sonntag war unsere erste Mannschaft zu Gast beim SV Hilbeck II. Das Spiel des SV Hilbeck I wurde aufgrund mehrerer Coronafälle in der Mannschaft abgesagt. Der Gedanke dahinter: Infektionswelle brechen, Gesundheit der Menschen im eigenen Team und auch beim Gegner schützen. Nun ist es sportlich sicherlich logisch, dass Spieler der ersten Mannschaft in der Zweiten aushelfen, um dort die Reserve zu verstärken und auch Spielpraxis zu sammeln. Eine bittere Pille, die jede Mannschaft mal schlucken muss, wenn man gegen eine Reserve spielt. Fraglich ist es jedoch, ob es ausgerechnet fünf Leistungsträger und absolute Stammspieler sein müssen. Warum sogar fünf? Ein Spieler wechselte erst im Winter aus der Oberliga und gilt somit noch nicht zur „Ersten“. Fair sieht vermutlich anders aus. Hilbeck hat aber drei sportlich wichtige Punkte im Abstiegskampf gewonnen. Grüße nach Schwefe, die das sicherlich besonders „fair“ finden. Wir schlucken die bittere Pille und holen uns die Punkte nun woanders.

Moralisch fraglich ist hier aber die Vorgehensweise des SV Hilbeck. Die Möglichkeit einer Spielabsage aufgrund ein paar kranker Spieler gibt es erst seit der Pandemie. Die Idee dahinter ist es, dass man die Infektionswelle im Team bricht und auch keinen gegnerischen Spieler ansteckt. Natürlich stehen die Spieler der ersten Mannschaft nicht unter Quarantäne. Jedoch nutzt der Verein hier die Regelungen der Pandemie für seine sportlichen Erfolge aus. Das Spiel gegen die DJK Wattenscheid wird vorzeitig abgesagt, da man ersatzgeschwächt nicht gegen den Tabellenletzten antreten will. Pandemiebedingt richtig wäre es, man sagt das Spiel ab und lässt die Spieler der ersten Mannschaft für eine Woche nicht am Spiel und Training teilnehmen und regelmäßig testen.

Der SVH allerdings hat in unseren Augen die Lücke im System genutzt. Die Gesundheit der Gäste aus Scheidingen war hier offenbar zweitrangig. Es entsteht hierbei ein fader Beigeschmack, dass kein Spieler nach einem gültigen 2G-Nachweis gefragt wurde. Hier werden die aktuellen Bestimmungen mit Füßen getreten! Der sportliche Erfolg ist größer, wichtiger und essentieller, als die Bekämpfung der Pandemie. Es offenbart ein wenig die aktuelle Lage in Deutschland. Wir rennen anderen Ländern nicht nur in der Impfquote hinterher. Einen verantwortungsvollen Umgang mit der aktuellen Lage, wie es in Schweden, Portugal, Italien oder Spanien zu sehen ist, kriegen wir offenbar nicht hin. Der deutsche Egoismus ist stärker als das Virus. Fußball predigt immer „Fair-Play“ und versteht dies als wesentliche Tugend. Wir fühlen uns an dieser Stelle nicht „fair“ behandelt. Rechtlich ist Hilbeck auf der sicheren Seite. Moralisch, aus unserer Sicht, nicht. Wir hoffen, dass sich kein Spieler am Sonntag angesteckt hat und alle gesund bleiben. Alles andere würde den faden Beigeschmack sicherlich noch mehr trüben.

Aber hey, immerhin arbeitet man als JSG im Jugendbereich zusammen. Da kann man ja wieder gemeinsam an einem Strang ziehen und die Werte von „Fair-Play“ vermitteln. Unfair wäre es, die JSG zu kündigen und damit die Kinder zu bestrafen. Die Beziehung zwischen den Vereinen wird sicherlich nicht einfacher durch so eine unfaire Vorgehensweise."

Eine Nachfrage bei Lukas Dörholt, Fußball-Abteilungsleiter des SV Hilbeck, ob auch von dortiger Seite zu dem Sachverhalt eine Stellungnahme abgegeben wird, ergab, dass dies aktuell nicht der Fall ist.

Aufrufe: 018.2.2022, 07:00 Uhr
sbAutor