2024-05-17T14:19:24.476Z

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Torjubel: Andreas Voglsammer (l.) freut sich Ende August über sein Tor an der Alten Försterei bei Union Berlin, das von Sebastian Bönig gecoacht wird. „Ein super Foto“, wie Vitus Eicher findet. FOTOS: IMAGO (3), MORITZ
Torjubel: Andreas Voglsammer (l.) freut sich Ende August über sein Tor an der Alten Försterei bei Union Berlin, das von Sebastian Bönig gecoacht wird. „Ein super Foto“, wie Vitus Eicher findet. FOTOS: IMAGO (3), MORITZ

Bundesliga-Profis aus dem Erdinger Landkreis im Interview

Voglsammer, Lex, Eicher und Bönig über die Hinrunde

Sie sind derzeit die Crème de la Crème des Erdinger Landkreis-Fußballs: Andreas Voglsammer, Stefan Lex, Vitus Eicher und Sebastian Bönig mischen die 2. Bundesliga auf. Die Winterpause nutzen die Vier, um in der Heimat im Familienkreis neue Kraft zu schöpfen. Und natürlich, um sich gemeinsam den Fragen unserer Zeitung zu stellen.

Erding – Unsere Zweitliga-Fußballer haben ein ereignisreiches Jahr hinter sich. Stürmer Andreas Voglsammer hat bei Arminia Bielefeld gerade eine tolle Hinrunde hingelegt, Sebastian Bönig als Co-Trainer bei Union Berlin die Entlassung seines Chefcoaches miterlebt. Torwart Vitus Eicher hat es beim FC Heidenheim schwer, zum Einsatz zu kommen. Und Stefan Lex? Der hat nach dem Abstieg mit dem FC Ingolstadt zuletzt wieder öfter spielen dürfen und beweist sich derzeit in Eitting als Häuslebauer. Im Interview mit der Heimatzeitung erklären die Vier unter anderem, warum der SV Sandhausen nicht gerade ihr Lieblingsgegner ist.

Schön, dass Ihr mal wieder in der Heimat seid. Wie lange geht denn der Weihnachtsurlaub?

Vitus Eicher: Am 2. Januar geht’s wieder los. Ich denke, das ist bei allen so (Die anderen nicken zustimmend).

Was ist in den nächsten Tagen so geplant? So oft seid Ihr ja auch nicht zuhause – mal abgesehen von Ihnen, Herr Lex.

Stefan Lex: Genau. Ich wohne ja in Eitting und baue hier gerade mein Haus. Bis vor einer halben Stunde war ich noch im Blaumann.

Eicher: Wann willst du denn einziehen?

Lex: Ich hoffe im März. Aber jetzt freue ich mich erst mal auf Weihnachten und drei, vier Urlaubstage in Österreich.

Zum Ski fahren?

Lex: Nein, das mache ich nicht mehr.


Das dürfen Fußballprofis gar nicht, oder?

Lex: Naja, das ist eine Grauzone.

Eicher: Also, ich freue mich schon auf ein paar Skitage.

Andreas Voglsammer: Ich werde die nächsten Tage zu Hause bei meinen Eltern in Dorfen verbringen und dann geht’s vermutlich schon am 29. Dezember wieder nach Bielefeld. Da bist du ja doch gut sieben Stunden unterwegs. Das will ich mir nicht an Neujahr antun.

Sebastian Bönig: Ich werde auch schon am 29. nach Berlin fahren. Eigentlich war es anders geplant.


Mit der Trainer-Entlassung von Jens Keller haben zumindest wir hier in der Ferne nicht gerechnet. Wie haben Sie das als Co-Trainer erlebt?

Bönig: Die Mannschaft hatte bei der 1:2-Niederlage in Bochum wirklich eine desolate Leistung abgeliefert, über die wir natürlich reden mussten. Dann kam unser Sportvorstand und teilte mir mit, dass Jens und Henrik (Assistenztrainer Henrik Pedersen, die Red.) soeben freigestellt wurden und ich das Training leiten soll.


Das passiert eben, wenn ein Klub einen starken Mann hat.

Bönig: Wie meinen Sie das?


Da wird wohl Dirk Zingler aus dem Bauch heraus ein Machtwort gesprochen haben.

Bönig: Also über unseren Präsidenten lasse ich überhaupt nichts kommen. Das ist ja nicht irgendein Investor, der sich in einem fremden Verein eingekauft hat. Aufgrund der Leistungen im Vorjahr hatten der Verein und seine Fans eben andere Ambitionen als bisher. Ich denke auch, dass Berlin zwei Bundesligisten verkraften würde. Nur ist der Aufstieg nicht so leicht.


Wie schwierig ist das, wenn man Teil eines Trainerteams gewesen ist, in das die Verantwortlichen kein Vertrauen mehr hatten, aber auch Teil des neuen ist, mit dem nun ein Umschwung her soll?

Bönig: Das ist nicht ganz so einfach. Ich kannte unseren neuen Trainer, den André Hofschneider, aber schon. Nach der Sache mit Sascha Lewandowski hatten wir schon mal miteinander gearbeitet. Wir werden versuchen, wieder konstante Leistungen zu zeigen, aber am Ende kann man alles erzählen, wenn man nicht gewinnt.

Mit dem neuen Trainer ging das dann auch gründlich schief. Ihr habt beide Spiele verloren – zum Beispiel 1:2 gegen Ingolstadt. Herr Lex, da standen Sie bei den Schanzern wieder in der Startformation. Und im folgenden Pokalspiel auch. Nach dem Bundesliga-Abstieg und viel Zeit auf der Ersatzbank – geht’s wieder aufwärts?

Lex: Naja, gegen Berlin haben wir das Spiel noch gedreht, nachdem ich ausgewechselt worden bin. Und im DFB-Pokal sind wir beim Drittligisten Paderborn ausgeschieden. Da kann man nicht gerade von einem guten Abschluss reden. Aber klar, persönlich freut es mich schon, dass ich wieder zu mehr Spielzeit gekommen bin.

Kam das überraschend, oder hat sich das schon im Training abgezeichnet?

Lex: Zuletzt war ich eher für die rechte defensive Seite eingeplant. Und dann durfte ich doch wieder rechts vorne ran. Aber das war natürlich kein Problem. Ich gebe in jedem Training alles und versuche, mich so für Einsatzzeiten anzubieten.


Mehr Einsatzzeiten hätten auch Sie sich gewünscht, Herr Eicher.

Eicher: Natürlich, aber Kevin Müller ist schon länger da und genießt das Vertrauen des Trainers. Und auf der Torwartposition gibt es nun einmal wenig Fluktuation.


So blieb es bisher bei drei Spielen, bei denen Ihnen von allen Seiten eine solide Leistung beschieden wurde.

Eicher: Das sehe ich auch so. Persönlich konnte ich mit meiner Leistung schon zufrieden sein, aber die Ergebnisse haben halt nicht gestimmt. Zwei Unentschieden, eine Niederlage, das war zu wenig.


Wie würden Sie die Situation zwischen Ihnen und Kevin Müller beschreiben?

Eicher: Als sehr ordentlich. Wir sind nicht die erbitterten Konkurrenten. So etwas gibt’s heute, glaube ich, gar nicht mehr. Keeper und Torwarttrainer sind ja quasi – wie bei allen anderen Proficlubs auch – ein Team im Team, das gut zusammenarbeiten muss. Und das klappt auch gut.

Lex: Sonst würde es ja auch nicht langfristig gutgehen.


Nach 16 Jahren bei den Löwen jetzt Ersatzmann in Heidenheim – haben Sie den Schritt bereut?

Eicher: Nein. Man darf ja nicht vergessen, dass das Chaos extrem war, als ich die Sechziger verließ. Ich bin schon froh, mal etwas anderes zu erleben.

Lex: Und es ist ruhiger als bei 60, oder? (lacht)

Eicher: Ein Vergleich ist schwierig. Die beiden Vereine haben eine ganz andere Historie.


Sie waren auch schon in Heidenheim, Herr Voglsammer. Aber in Bielefeld gehen Sie gerade richtig ab. Acht Tore in der Vorrunde – war 2017 ihr bisher bestes Fußballjahr?

Voglsammer: Die Vorrunde war sehr ordentlich, das stimmt, aber ich habe auch einige Hundertprozentige verballert. Und im ersten halben Jahr, in der Rückrunde, habe ich nur drei Tore geschossen. Ich hatte auch schon mal eine super Halbserie in Haching. Generell bin ich schon zufrieden, aber es ist noch Luft nach oben.


Was war Ihr schönster Moment in diesem Jahr?

Voglsammer: Schwer zu sagen. Dass wir den Klassenerhalt geschafft haben? Soll ich wirklich feiern, dass wir eigentlich eine ziemlich schlechte Runde gespielt haben, die halt dann noch glücklich geendet hat? Das ist nicht so meins.

Bönig: Da hätte der Vitus ja jedes Jahr feiern können...

Eicher (schmunzelt): Also wir haben damals die erfolgreiche Relegation gegen Kiel schon drei Tage gefeiert.

Lex: Mindestens, oder?

Voglsammer: Ich will damit nur sagen, dass du dir von Momentaufnahmen nicht viel kaufen kannst. Nach dem neunten Spieltag waren wir ganz oben dabei. Da gab es schon Stimmen im Umfeld, die nach der Bundesliga gerufen haben.

Eicher: Aber dein Tor gegen Aue war schon geil. Da hast du diesen Torjubel gemacht (post kurz). Da gibt’s ein super Foto von dir.

Bönig: Ich glaube, das war gegen uns.

Voglsammer: Stimmt, gegen Euch habe ich getroffen.


Ihr schönstes Erlebnis war wohl der Pokaltreffer gegen Greuther Fürth?

Lex: Stimmt. Aber das war auch mein einziges Tor in diesem Jahr. Aber im Ernst. Der Erfolg im Achtelfinale war für uns schon eine super Sache. Umso ärgerlicher war dann die Niederlage in Paderborn.


Wie kann man ein so wichtiges Spiel gegen einen Drittklassisten verlieren?

Lex: Unterschätzt haben wir Paderborn sicher nicht. Aber wir sind einfach nicht ins Spiel gekommen, haben uns keine Torchance erzwungen. Unser Trainer war danach sehr unzufrieden. Das hat er uns dann auch wissen lassen.


Auch der 1. FC Heidenheim hatte kein Pokal-Glück, obwohl Ihr sogar besser gewesen seid als Frankfurt.

Eicher: Wir haben zumindest wenig Chancen zugelassen. Die Frankfurter sind die zweitbeste Auswärtsmannschaft der Bundesliga. Wir haben ihnen einen Pokalfight geliefert. Leider fielen die Schiri-Entscheidungen nicht gerade zu unseren Gunsten aus. Schade, dass es in der Verlängerung dann nicht mehr für uns gereicht hat. Die letzten Körner haben gefehlt.


Herr Bönig, Ihr größtes Pokal-Erlebnis stammt noch aus dem Jahr 2016. Erinnern Sie noch an das Spiel damals im Oktober?

Bönig: Natürlich, das war ja auch unglaublich. Union ist damals mit einer vermeintlichen B-Elf nach Dortmund gereist und hat es bis ins Elfmeterschießen geschafft. Wir hatten bis dahin sogar die besseren Chancen.


Und dann habt Ihr keinen Elfmeter verwandelt.

Bönig: Tja, so ein Elfmeterschießen vor der Dortmunder Südtribüne ist schon was Besonderes. Da trägst du einen sehr schweren Rucksack. Überhaupt hatten wir eine eine sehr solide Saison 2016/17. Am Ende waren wir aber Vierter. Das ist halt genau der Platz, den du nicht haben willst.


Und plötzlich gibt Union die Bundesliga als Ziel aus. Wie sieht das jemand, der den Verein seit zwölf Jahren als Spieler beziehungsweise Trainer erlebt?

Bönig: Mindestens 15 Vereine haben sich vor der Saison etwas ausgerechnet. Da bin ich mir sicher. Heuer hast du keine Mannschaften wie Stuttgart oder Hannover in der Liga, die quasi mit ihrem Erstliga-Kader angetreten sind. Die 2. Liga ist extrem ausgeglichen. Das ist keine Phrase. Da reicht ein Blick auf die Tabelle. Jeder kann jeden schlagen.

Lex: Das stimmt. Das ist auch der Unterschied zur 1. Bundesliga. Jedes Spiel ist extrem eng. In der 2. Liga ist auch die Erwartungshaltung eine ganz andere. Wenn du in Mainz einen Punkt geholt hast, dann waren alle im Umfeld zufrieden. Ein Unentschieden in Sandhausen fühlt sich dagegen in der Öffentlichkeit wie eine Niederlage an.

Bönig: Sandhausen ist ein sehr gutes Beispiel. Es gibt eine Statistik, die besagt, dass die meisten Trainerentlassungen nach Niederlagen gegen Sandhausen passieren.

Eicher: Allein bei den Löwen hat es drei Trainer erwischt.

Bönig: Nichts gegen Sandhausen, die Leute dort machen einen super Job.

Voglsammer: Wir haben da auch 1:3 verloren.

Bönig: Die Liga ist brutal eng.

Aber so offensiv wie bei Union wurde sonst nirgends vom Aufstieg gesprochen. Und jetzt diese Krise – da verändert sich doch selbst an der Alten Försterei vieles.

Bönig: Das stimmt. Beim Heimspiel gegen Dresden kam kaum Derbystimmung auf. Gegen Dynamo. Aber da müssen wir auf dem Feld auch mit Leistung vorangehen. Das war schon seltsam. Aus den vergangenen fünf Spielen haben wir nur einen Punkt geholt. Nach der Winterpause spielen wir gleich gegen Kiel und Nürnberg.


Die stehen momentan auf Platz zwei und drei. Das riecht nach viel Arbeit für Sie und den neuen Cheftrainer.

Bönig: André Hofschneider ist ja kein Neuer. Ich kenne ihn gut. Wir haben, wie gesagt, schon zusammengearbeitet.


Auch andere Vereine haben sich ihre Krise schon genommen.

Lex: Die hatten wir zu Saisonbeginn. Dabei wollten wir genau das nach dem Abstieg aus der Bundesliga verhindern. Wir haben alles versucht, hatten sogar eine Teambuildingmaßnahme in Schweden. Irgendwann haben wir aber mehr geredet als trainiert.


Dann kam auch schon schnell der Trainerwechsel. Und mit Stefan Leitl lief es auch gleich besser.

Lex: Ja, es ging wieder aufwärts. Aber wie Sebastian schon gesagt hat: In der 2. Liga sind mindestens 15 Mannschaften auf etwa dem gleichen Niveau. Da ist jedes Spiel sehr eng.


Und da wird der Fan schnell ungeduldig?

Lex: Unsere Fans sind super. Nach dem Abstieg haben wir nach unserer Rückkehr aus Freiburg noch am Bahnhof mit ihnen gemeinsam gefeiert.

Voglsammer: Manche unserer Fans wollen schon mal wieder was anderes als immer gegen den Abstieg zu spielen. Ich verstehe schon, dass manche von den alten Zeiten träumen. Aber sie wissen auch, woher wir kommen.

Hier gibt es den zweiten Teil des Interviews

Aufrufe: 028.12.2017, 09:10 Uhr
Dieter Priglmeir, Markus Schwarzkugler - Erdinger Autor