2024-06-14T14:12:32.331Z

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Florian Brehler (in grün) sah in der 32. Minute Gelb - nicht Tobias Schlauderer, dessen gelb-rote Karte (85.) laut ATSV Kelheim daher falsch war. Foto: Archiv
Florian Brehler (in grün) sah in der 32. Minute Gelb - nicht Tobias Schlauderer, dessen gelb-rote Karte (85.) laut ATSV Kelheim daher falsch war. Foto: Archiv

ATSV sucht bei Gericht ,,die Wahrheit"

Kreisligist pocht in der Schlauderer-Causa auf Zeugen-Anhörung und vermutet eine Absprache der Schiris

Der Fall ist sonnenklar: Der Spieler Tobias Schlauderer vom ATSV Kelheim erhält im Kreisliga-Spiel beim SV Oberglaim in der 32. Minute wegen eines Vergehens die gelbe Karte. In der 85. Minute erlaubt sich Schlauderer ein ahndungswürdiges Foul, wieder Gelb. Ergibt nach weltweit geltender Fußballexegese: Gelb-Rot (theoretisch müsste es "Gelb-Gelb = Rot" heißen.
Der,,Casus knaxus", der dem ATSV aufstößt, liegt in der 32. Minute. Da hätte nicht Schlauderer, sondern sein Kelheimer Mitspieler Florian Brehler Gelb gesehen. Weshalb es in der 85.Minute erst die erste Gelbe für Schlauderer gegeben hätte - und er folglich auf dem Platz hätte bleiben können. Der Verein erhob Einspruch gegen die Partie beim Fußballkreis-Sportgericht. Dieses bat verschiedene Seiten um Stellungnahmen und entschied: alles in Ordnung, zweimal Gelb gekriegt, damit Gelb-Rot. Akte zu.

Funktionär bestätigt Kelheimer

Für den Kreisliga-Spitzenreiter ist der Deckel aber längst nicht drauf. ,,Es geht uns weniger um die drei Punkte, als viel mehr um die Wahrheit", erklärt ATSV-Pressewart Martin Birkl, der die Berufung gegen das Urteil namens der Abteilungsführung formuliert und ans Bezirkssportgericht geleitet hat. ,,Die Darstellung des Schiedsrichters und eines Assistenten ist aus unserer Sicht einfach falsch. Tobi hat keine gelbe Karte gesehen und war daher in der 85. Minute auch nicht auszuschließen."

Delikat wird die Angelegenheit, weil laut ATSV ein Schiedsrichter-Funktionär, der bei dem Spiel am 7.September zufällig anwesend war, und ein Schiri-Beobachter (Anm.: Alle Namen der Red. bekannt) bestätigen: Gelb sah Brehler, nicht Schlauderer. Und auch ein Assistent an der Linie hatte auf seinem Karton die Nummer 7 notiert - und das ist Brehler. ,,Wir haben im Anschluss ans Spiel mit dem Funktionär und dem Beobachter gesprochen. Beide gaben uns Recht, Schlauderer hatte keine Karte bekommen", so Birkl.

Und überdies hätten beide mit dem Unparteiischen geredet und dann den Kelheimern erklärt: ,,Das Gespann ist sich in seiner Entscheidung nicht sicher." So lauten die Einlassungen des Vereins aus der Kreisstadt. Das Kreissportgericht hat in seinem Verfahren den Schiedsrichter-Funktionär und den Beobachter gehört. In der Abweisung des ATSV-Einspruchs heißt es in der Urteilsbegründung etwas kryptisch: ,,Die Stellungnahmen ... konnten die widerspruchsfreien Einlassungen des Schiedsrichters und des Assistenten nicht entkräften."

Der zweite Linienrichter machte keine Angaben, weil er sich im Zuge des Vorfalls Richtung aufgebrachter Fans orientierte. Er habe sich darauf konzentriert, was hinter dem Rücken des Spielleiters geschehe. Um das Wirrwarr verstehen zu können, muss man die ominöse 32. Minute aufdröseln. Ein ATSV-Spieler wurde an der Außenlinie gefoult. Der Schiedsrichter entschied auf Freistoß für Kelheim - und gab Florian Brehler ,,unverständlicherweise" Gelb, obwohl ,,dieser an der Situation nicht beteiligt war", so der Verein. Diese Angabe der Kelheimer wird durch die unmittelbare Reaktion eines Assistenten bestätigt: Er lief ins Feld und wies den Referee auf seinen Fehler hin. Dieser zeigte dann dem Oberglaimer Spieler, der das Foul begangen hatte, den gelben Karton. Brehlers Verwarnung konnte er nicht mehr zurücknehmen. Schlauderer war in den gesamten Vorgang gar nicht involviert. Brehler selbst und ATSV-Co-Trainer Florian Schinn fragten den Schiri in der Halbzeitpause, ob er die Karte nicht widerrufen könne. Der verneinte mit dem Verweis auf eine Tatsachenentscheidung. Der Referee wusste also laut den Kelheimern ganz klar, ,,dass er dem Spieler Brehler die gelbe Karte gezeigt hatte".

,,Beim Notieren der Karten vertan"

Der Spielberichtsbogen weist dagegen aus: Gelb für einen Oberglaimer, Gelb für - Tobias Schlauderer. Als dieser in der 85. Minute ein Foul beging und erneut verwarnt wurde, war er folgerichtig vom Platz zu stellen. Die Kelheimer wollen dem Schiri keine bewusst falsche Aktion unterstellen. ,,Aus unserer Sicht hat er sich beim Notieren der Karte vertan. Er trug die Rückennummer 6 statt der 7 für Brehler ein. Er hat Brehler auf dem Platz auch als ,Nummer 6\' angesprochen. Das aber ist Tobi Schlauderer", führt der Pressewart aus.

Einer der Assistenten soll auch die 7 auf seinem Karton vermerkt haben. Dies sei nach der Partie zutage getreten, als einige Kelheimer mit dem Schiedsrichter-Gespann sprachen. Der Hauptschiri hatte die 6 eingetragen. Die widersprüchlichen Notizen hätte auch der Schiri-Funktionär bestätigt. Auch der Beobachter habe die 7 (Brehler) notiert gehabt. Für den ATSV ist in den vorliegenden Akten auffällig, dass in den Ausführungen von Schiri und Assistent fürs Sportgericht ,,die ersten Sätze wortgleich formuliert sind. Dies legt nahe, dass es sich hier nicht um zwei unabhängig voneinander verfasste Stellungnahmen handelt, sondern dass man sich hier abgesprochen hat." Der Verein wertet das als ,,klare Unsicherheit in ihrer Entscheidung". Für alle Angaben rund um das Spiel benennt der Kreisligist Zeugen, vor allem ATSV-Kicker und Coach.Schlauderers ,,irrtümlicher" Platzverweis ist nur ein Teil des ganzen Falls. Der ATSV verweist auf die Folgewirkung. ,,Ab der 82. Minute hatte Oberglaim nach einer Hinausstellung nur noch zehn Spieler. Durch den Ausschluss von Schlauderer in der 85. Minute wurde uns der Vorteil geraubt, am Ende in Überzahl auf den Ausgleich drängen zu können", argumentiert Birkl. Kelheim lag 1:2 zurück (so endete die Partie auch). Tatsächlich waren es nicht nur wenige Minuten gewesen, sondern ganze zwölf - ,,die Nachspielzeit betrug sieben Minuten".

Forderung: Neuaustragung

Ergo: Der Platzverweis hatte ,,mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit" Folgen für den Spielausgang. Deshalb beantragt der Klub eine Spiel-Wiederholung. Das Kreissportgericht hat die Folgewirkung anders eingeschätzt. Vorsitzender Albert Kiel erklärte im MZ-Gespräch: ,,Wir haben den Einspruch aufgrund der Angaben der beiden Schiedsrichter abgewiesen. Und dass der Ausgleich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, die gegebenen sein muss, gefallen wäre, sehen wir bei der verbliebenen Spielzeit nicht."

,,Wir können auch ohne diese drei Punkte unsere Saisonziele erreichen. Uns geht es vorrangig darum, dass wir es nicht akzeptieren wollen, dass man die Wahrheit so leicht unter den Teppich kehren kann. Wir haben größten Respekt vor der Riege der Schiedsrichter und jedem kann ein Fehler passieren, aber dann sollte man dazu stehen." Ob die Fußballjustiz die ,,Wahrheit" des ATSV teilt, entscheidet jetzt das Bezirkssportgericht.

Aufrufe: 025.10.2013, 16:19 Uhr
Martin RutrechtAutor