2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview der Woche
Der neue Coach des SV Italclub Thomas Eberhardt im Interview der Woche F: Peter Claus
Der neue Coach des SV Italclub Thomas Eberhardt im Interview der Woche F: Peter Claus

"Wenn Eier gefragt waren, war ich da"

Neuer Italclub-Trainer Thomas Eberhardt im Interview der Woche +++ Keine Scheu, Mombach-Spieler abzuwerben +++ "Weiß, dass es gut ist, was ich mache"

Mainz. Seine Trainerstation Nummer drei dürfte viele überrascht haben. Ende vergangener Woche wurde Thomas Eberhardt als neuer Chefcoach des SV Italclub Mainz vorgestellt. Nachdem er den VfB Bodenheim und Fortuna Mombach in der Landesliga übernommen und jeweils in die Verbandsliga geführt hatte, heuert der 34-Jährige nun erstmals in der Bezirksliga an. Doch die Italiener haben Großes vor, wie der Münster-Sarmsheimer im „Interview der Woche“ berichtet.

Thomas, das ging schnell. Es gab eine ganze Reihe Glückwünsche zum neuen Job. Keine Lust gehabt, mal ein halbes Jahr durchzuschnaufen?

Du, das Problem ist: Ich hatte es eigentlich vor, aber wenn Du Anfragen bekommst und dann etwas Interessantes dabei ist, dann machst Du Dir Deine Gedanken. Manchmal kommt es anders, als man es plant, aber das ist ja nichts Neues. Der Italclub hatte mich ja schon vor einem Jahr kontaktiert, und als in der Zeitung stand, dass wir in Mombach den Vertrag aufgelöst hatten, kamen sie sofort auf mich zu. Wir hatten sehr gute Gespräche. Eigentlich war geplant, dass ich mir die Mannschaft angucke, mir eine Meinung über die Spieler bilde und dann im Sommer einsteige. Doch Guiseppe Tafuro, der das Training geleitet hatte, hat gesagt, dass er beruflich zu sehr eingespannt ist und gerne kürzer treten möchte. Da wollte ich ihnen entgegen kommen. Für mich ist es natürlich ein Abenteuer und eine Herausforderung, gerade nachdem Amir Hodzic gesagt hat, dass er aufhören will. Insgesamt haben vier Stammspieler den Verein verlassen. Da jetzt noch Ersatz zu finden, ist nicht so einfach. Bis zum 31. Januar sind wir noch sehr intensiv mit vielen Spielern in Gesprächen. Unser Plan ist, dass wir uns personell noch verstärken.

In Mombach wolltest Du nicht unterhalb der Verbandsliga trainieren. Warum gehst Du nun zu einem Bezirksligisten?

Ich hatte nur gesagt, dass ich mit Mombach nicht zurück in die Landesliga gehe. Ich hatte den Verein als Abstiegskandidat übernommen, in die Verbandsliga geführt, fast den Durchmarsch in die Oberliga geschafft und dann zweimal die Klasse gehalten. Da wollte ich nicht wieder dorthin zurück, wo wir hergekommen sind. Das ist alles, über andere Vereine habe ich mir keine Gedanken gemacht. Mir ist wichtig, welche Ziele ein Verein hat. Beim Italclub ist das einfach gegeben. Die Aussagen von Giovanni Cianciotti bei euch haben mir sehr gut gefallen.

Was sprach für den Italclub, was willst Du erreichen?

Es hat sich alles sehr gut angehört, der Weg nach oben ist geebnet. Wer mich kennt, weiß, dass ich gern um Aufstiege spiele. Die Bezirksliga ist für mich Neuland, ich habe nie unter Landesliga gespielt oder trainiert. Aber man sieht, dass auch dort ordentlicher Fußball gespielt wird. Mir ist wichtig, wo ich mit dem Verein hin kann. Die Zeit, die ich investiere, soll sich im sportlichen Erfolg widerspiegeln. Für mich zählt nur das Maximale, und das ist der Aufstieg, da will ich gar nicht drum herum reden. Die Mannschaft werde ich zur Rückrunde und auch vor allem zur neuen Saison entsprechend zusammenstellen.

Hast Du da freie Hand?

Im Prinzip schon, ja. Im Amateurbereich weiß ich, wie es abläuft. Mich kennen viele, ich kenne auch viele Leute. Wir wollen uns gemeinsam mit unserem Teammanager Soufian El Gourari und unserem gesamten Team optimal aufstellen.

Auch finanziell hast Du freie Hand?

Es ist immer schwierig, in der Zeitung über das Finanzielle zu reden. Ich weiß, was bezahlt wird, weil ich schon mit fast allen Spielern, die interessant sind, gesprochen habe. Aber, wie der Giovanni schon gesagt hat: Ich habe sehr viel Rückendeckung, man wird mich in allen Bereichen unterstützen.

Der sportliche Leiter Giovanni Cianciotti sprach selbst davon, dass der Verein noch einiges an Struktur gebrauchen kann. Worin wird diesbezüglich Deine Aufgabe bestehen?

Deswegen haben sie mich auch geholt. Sie haben gesagt: Wenn ich komme, ist das mega-geil, das fehlt hier noch. Ich bin nicht nur als Trainer dort tätig, sondern will Struktur reinbringen, den Disziplin und den Respekt, den ich nach Bodenheim und auch nach Mombach gebracht habe, um den Verein nach außen so hinzustellen, wie ich es auch in Mombach gemacht habe. Du siehst ja selbst die Resonanz, nachdem ich zum Italclub gewechselt bin. Das ist ein Gesprächsthema, und wenn der ein oder andere Neuzugang noch präsentiert wird, wird das sicher noch mehr.

Nach oben seien, sagte Cianciotti außerdem, keine Grenzen gesetzt. Der Verein will aufsteigen, und das wohl auch nicht nur einmal. Passt zu Deiner Herangehensweise, oder?

Genau, deswegen hat es mich gereizt. Hier stimmen die Voraussetzungen und die Perspektive. Nur irgendwo zu kicken und den Leuten zu zeigen, wie es besser geht, das macht für mich keinen Sinn. Ich will Ziele haben.

Gab oder gibt es bis zum 31. Januar noch weitere Transfers?

Ich gehe davon aus, ja. Noch ist nichts spruchreif, aber wir sind mit vielen Spielern in Gesprächen. Wir wollen in der Rückrunde noch einmal angreifen, aber wenn es nicht klappt, akzeptieren wir das so, spielen die Runde bestmöglich zu Ende. Zur neuen Saison werde ich mir meine Mannschaft mit den Verantwortlichen so zusammenstellen, dass es den Weg nach oben ebnet.

Manch einer rechnet damit, dass der ein oder andere Spieler Dir aus Mombach folgen wird. Oder gibt es da ein Agreement, wie beispielsweise zwischen Guardiola und den Bayern, dass man eine gewisse Zeit lang niemanden vom Ex-Verein anwirbt?

Nö. Ich werde die Spieler zu mir holen, die ich haben will, egal woher sie kommen. Die Jungs, die ich verpflichten möchte, werden wir mit Sicherheit verpflichten können. Einige Spieler sind wegen mir dahin gekommen, weswegen sollen sie nicht wegen mir auch woanders hin wechseln?

Gab es intensiveren Kontakt zum Italclub schon, als Du noch Trainer bei Fortuna Mombach warst?

Ja, schon, aber das kam für mich noch nicht in Frage, weil ich damals mit Mombach die Klasse gehalten hatte und versucht habe, dort in die Spur zu finden. Nach dem Klassenerhalt haben wir dort eine junge, qualitativ hochwertige Mannschaft zusammengestellt. Aber das ist Vergangenheit, Fußball ist ein Tagesgeschäft. Wir werden sehen, wer in Zukunft das Trikot des SV Italclub überziehen wird.

Du sagtest, Du hättest einige Angebote vorliegen. War das vom Italclub demnach das höchstklassige?

Dazu will ich keine Aussage treffen, das wäre auch unfair gegenüber anderen Trainerkollegen, die im Amt sind. Ich würde auch nicht gern über mich lesen wollen, dass noch andere im Gespräch waren. Dazu will ich nichts sagen, das wäre nicht korrekt.

In den letzten zweieinhalb Jahren bist Du in Mombach im Abstiegskampf stecken geblieben, weit hinter den eigenen Ambitionen. Kreidest Du Dir das selbst an?

Ich bin immer selbstkritisch und kreide mir die Dinge immer selbst an. Aber man muss auch sagen, dass wir im ersten Jahr gegen den Abstieg eine Truppe zusammen hatten, in der zu viele Persönlichkeiten drin waren. Danach hatten wir eine Mannschaft für die Landesliga zusammengestellt, die den Klassenerhalt gepackt hat. Anfang dieser Saison hatten wir viele junge, talentierte Spieler aus der Mainzer Gegend verpflichtet. Dass das Potenzial noch nicht ausgereift ist, der Meinung bin ich nach wie vor. Dass sie den Klassenerhalt schaffen werden, da bin ich mir absolut sicher.

Ein Wort zu Deinem bisherigen Co-Trainer und Nachfolger Daniel Kittl?

Der Kittl ist fünfeinhalb Jahre mein Co-Trainer gewesen, über ihn werde ich nichts Negatives sagen. Ich wünsche ihm, wie den anderen auch allen, viel Erfolg und, dass sie den Klassenerhalt packen. Was war, das war, ich habe keinerlei Negativ-Gedanken. Er hat eine gute Mannschaft beisammen und kann seinen Stil verwirklichen.

Das Verhältnis zu Abteilungsleiter Johann Grabowski und Manager Mirko Vorih wirkte zuletzt zerrüttet, Betreuer Uwe Köth zog sich nach einem Streit mit Dir zurück (und ist jetzt wieder da). Dazu schienen Deine Abnutzungskämpfe mit den Unparteiischen euch nicht unbedingt zu mehr Wohlwollen zu verhelfen. Kurzum, die Trennung wirkte überfällig, oder siehst Du das anders?

Mit Mirko und Johann habe ich keine Probleme, wir können ganz normal reden und uns die Hand geben. Ich habe mir ja nichts zu Schulden kommen lassen. Was die Schiedsrichter betrifft: Ich habe die letzten zwei Jahre keine einzige Strafe bekommen. Aber natürlich habe ich mir selbst zuzuschreiben, dass der ein oder andere Schiri mich nicht unbedingt umarmt. Aber da habe ich mich schon gebessert und lerne noch weiter dazu. Ich bin ja auch nur ein Mensch und probiere, aus meinen Fehlern zu lernen. Diese Schublade sollte man zulassen. Ob die Trennung überfällig ist – klar, ich habe mir auch meine Gedanken gemacht. Die Aussagen vom Verein waren ja, dass es nicht an mir liegt. Den Spielern muss ich Dankeschön sagen, sie haben alles probiert. Wenn Du gut bist, bekommst Du immer neue Angebote.

Wann, glaubst Du, wirst Du wieder ein Punktspiel gegen die Fortuna bestreiten?

Die Rest-Rückrunde ist für mich ein Abenteuer, ich werde viel improvisieren. Es gibt keine Testspiele, keinen Vorbereitungsplan, nichts. Es ist eine echte Herausforderung, der Fokus liegt ganz klar auf der nächsten Saison. Ich kann ja nur von mir reden, daher ist das schwierig zu beantworten. Ich weiß es nicht. Vielleicht ja bald im Pokal?

Nach Krystian Borowskis Abgang aus Mombach hast Du Dir seinerzeit „feinere Charaktere“ gewünscht, Thomas Strohmeier hattest Du implizit vorgeworfen, zu wehleidig zu sein, und Amin Ouachchen und Dein Betrieb trafen sich sogar vor dem Arbeitsgericht. Drei Beispiele für Streitigkeiten mit Spielern, die Du nun wieder trainierst. Gab es da eine Aussprache?

Amin hatte ich danach ja sogar nach Mombach zurückgeholt. Man hat sich ausgesprochen. Es ist wichtig, dass man Dinge, die vielleicht ein bisschen hochgejubelt worden sind, auch wieder vergessen kann. Das ist halt Fußball, Amateursport, das darf man alles nicht so eng sehen. In den vier Vereinen, in denen ich war, habe ich – in Gonsenheim und Waldalgesheim als Spieler – immer etwas Historisches erreicht und war mit die Hauptattraktion. Wenn Eier gefragt waren, war ich da. Das wird so bleiben.

Hast Du Dir vorgenommen, beim Italclub irgendetwas anders zu machen als bisher?

Ich war von meiner Arbeit immer überzeugt und weiß, dass es gut ist, was ich mache. Natürlich ändert man Kleinigkeiten, aber was die Art und Weise oder das Sportliche betrifft, da werde ich nichts ändern. Thomas Eberhardt ist Thomas Eberhardt, der soll kein Liebling sein. Bei ihm weiß man, dass er sagt, was er denkt, und dass er hart, aber fair ist. An meiner Linie werde ich definitiv nichts ändern, und das ist auch der Grund, warum der Italclub mich unbedingt wollte. Wenn man die Spieler nur in den Arm nimmt, bringt das einen nicht weiter. Und auf der Nase herumgetanzt ist mir noch niemand.

Das Gespräch führte Torben Schröder.

Aufrufe: 025.1.2017, 15:00 Uhr
Torben SchröderAutor