2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview der Woche
Bretzenheimer Aufstiegsheld: Simon Höss erzielte in Bad Dürkheim den Ausgleich und schoss die TSG damit in die Landesliga.
Bretzenheimer Aufstiegsheld: Simon Höss erzielte in Bad Dürkheim den Ausgleich und schoss die TSG damit in die Landesliga.

"Weiß bis heute nicht, wie der Ball zu mir kam"

Aufstiegsheld Simon Höss im Interview der Woche +++ Torschütze zum 2:2 über das Mannschaftsgefüge in Bretzenheim und die Feierlichkeiten nach dem gelungenen Aufstieg

Als sich in Bad Dürkheim am vergangenen Sonntag alle schon auf ein drittes Spiel um den Landesliga-Aufstieg einstellten, fiel Simon Höss nach einer Ecke in der letzten Aktion des Spiels der Ball vor die Füße. Der Rest ist schon jetzt Vereinsgeschichte bei der TSG Bretzenheim, denn der 24-jährige Stürmer schoss nach dem 2:1-Sieg im Hinspiel den 2:2-Ausgleich und hievte die 46er damit zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in die siebthöchste deutsche Spielklasse.

Zwei seiner 16 Saisontore gelangen Höss damit in den beiden Aufstiegsspielen. Im Interview der Woche erzählt der Knipser, wie er sein historisches Tor erlebte und was danach ganz sprichwörtlich alles auf ihn hereinprasselte.

Simon, Glückwunsch zum entscheidenden Tor! Wie ging es denn seither weiter?

Erstmal sind alle Bretzenheimer Zuschauer aufs Feld gelaufen, wir sind ja mit zwei Bussen angereist, es waren 100 Fans da. Direkt nach dem Tor war das Spiel zu Ende. Erst haben wir auf dem Feld gefeiert, dann in der Kabine, dann auf der Rückfahrt mit ordentlich Bier im Bus. Gegen 22 Uhr sind wir in Bretzenheim angekommen, da standen im Vereinsheim bereits Essen, Kuchen und natürlich diverse Getränke bereit. Da ging es bis nachts, vier Uhr, weiter.

Und das vor einem Arbeitstag, das kann wohl nur eine Studentenmannschaft sich erlauben...

Das auf jeden Fall. Die paar wenigen, die normal berufstätig sind, haben in weiser Voraussicht Urlaub genommen. Es gab am Montag auch noch ein Weißwurstfrühstück, da lag ich aber noch im Bett.

Zur Krönung gibt es noch die Abschlussfahrt nach Portugal.

Ja, die Mannschaftsfahrt nach Lissabon bis Montag. Da werden die Jungs sicher nochmal auf den Putz hauen. Ich muss leider am Freitag arbeiten, habe den Brückentag nicht frei bekommen. Ich studiere Sportwissenschaften und arbeite nebenher in einem Gesundheitszentrum. Vermutlich hätte ich frei bekommen, wenn ich unbedingt gewollt hätte, aber ich sitze im Moment noch an meiner Bachelor-Thesis und studiere parallel schon im Master-Studiengang, das ist alles zeitlich ein bisschen knapp. Da hat die Vernunft gesiegt.

Wie kamst Du zur TSG?

Durch einen Freund aus dem Studium, Phil Adams, der mittlerweile in der zweiten Mannschaft spielt. In meinen ersten zwei Jahren in Mainz habe ich hier nicht Fußball gespielt. Noch immer habe ich eine Doppelspielerlaubnis für die TSV Eschach, meinen Heimatverein in der Nähe von Ravensburg. Eine Zeitlang bin ich jedes Wochenende dorthin gefahren, aber das war irgendwann zu zeitaufwendig. Vor zwei Jahren habe ich bei der TSG angefangen und habe mich von Anfang an wohl gefühlt, hatte aber direkt einen Meniskusriss. Daher ist es jetzt im Prinzip meine erste richtige, komplette Saison hier.

Nach Ravensburg pendelst Du aber nicht mehr, oder?

Normalerweise nicht. Aber lustigerweise hat mich gerade heute der Trainer angerufen, ob im am Wochenende komme, sie spielen gegen den Abstieg. Ob ich es zeitlich packe, weiß ich aber noch nicht.

Als Du in Bretzenheim angefangen hast, konntest Du Dir da schon vorstellen, so schnell in der Landesliga zu landen?

Ehrlich gesagt nicht, weil ich das Niveau der Liga nicht kannte. Ich wusste, dass wir eine super Truppe mit viel Potenzial, guten Individualisten und einem guten Zusammenspiel haben. In der Hinrunde, als wir einige Spiele verloren haben, dachte ich mir schon, dass wir das in ein, zwei Jahren schaffen können. So, wie es dieses Jahr gelaufen ist, ist es natürlich ein Traum.

Bleibst Du angesichts Deiner zeitlichen Belastung an Bord?

Ja, auf jeden Fall, der Trainingsaufwand ist für mich machbar.

Ist Fußball schon immer reines Hobby gewesen oder hattest Du auch mal höherklassige Ambitionen?

Es ist für mich reines Hobby. Als C-Jugendlicher war ich am Stützpunkt, aber die große Lust auf ein zusätzliches Training pro Woche war dann doch nicht so da. In der B-Jugend habe ich in Ravensburg gespielt, die mit den Aktiven zurzeit in der Oberliga sind, aber nach einer Saison bin ich zu meinem Heimatverein zurückgekehrt. Fußball ist für mich die schönste Nebensache der Welt.

Wie hast Du Dein entscheidendes Tor erlebt?

Erst mal habe ich es gar nicht realisiert, ich weiß eigentlich bis heute nicht, wie der Ball nach der Ecke zu mir gekommen ist. Ich habe einfach intuitiv gehandelt. Danach war es verrückt, alle Fans sind ja direkt aufs Spielfeld gelaufen und ich lag plötzlich unter einem großen Haufen. Erst habe ich befürchtet, das Spiel wird vielleicht abgebrochen. Als der Haufen dann weg war, kam unser Kapitän Steffen Acker zu mir und sagte, dass das Spiel zu Ende ist. Da konnte ich mich dann auch richtig freuen.

Im Hinspiel einen Rückstand gedreht, jetzt das 2:2 in der allerletzten Aktion – ohne Drama geht es bei der TSG nicht...

Ja, in den letzten drei Spielen und auch einigen zuvor haben wir es unnötig spannend gemacht. Aber okay, so bekommen die Fans was geboten.

Welche Ziele hast Du in der Landesliga?

Auch hier kann ich nicht einschätzen, wie gut die Gegner sind. Erstmal wollen wir die Klasse halten und uns etablieren. Ich glaube, dass wir mithalten können.

Setzt Du Dir persönliche Ziele, etwa was eine Torquote angeht?

Nein, überhaupt nicht, mir geht es nur um den Erfolg des Teams.

Aufrufe: 04.6.2015, 06:30 Uhr
Torben SchröderAutor