Markus Weinzierl lächelt. Gerade eben hat er das Trainingsspiel beendet und seine Spieler zum Auslaufen geschickt: ,,Jeder zwei Runden." Und danach hat er es plötzlich, ohne jede Vorwarnung, angeknipst: Dieses Lächeln, das zu Markus Weinzierl gehört wie sein Vorname. Breit grinsend spaziert er quer über den Trainingsplatz zum Ausgang. Dort gibt er ein paar Interviews und ein paar Autogramme. Es ist ein herrlicher Frühlingstag. Jetzt, zur Mittagszeit, strahlt die Sonne aus dem Süden wie eine Energielampe auf Spieler, Coach und das kleine Völkchen aus Fans, das zum Training gekommen ist. Hier ist die Welt in Ordnung. Und da spielt es auch keine Rolle, dass das Vereinsgelände im Stadtsüden unter der Woche nicht gerade zum Picknicken einlädt. Am Horizont ragt die moderne Augsburger Fußball-Arena in die Höhe. Drumherum gibt es nur einen riesigen und heute komplett leeren Parkplatz. Außer einer Fabrikhalle als Nachbar ist hier nichts. Doch im Fußball ist Seele da, wo der Erfolg ist. Der FC Augsburg hat davon derzeit ganz viel.
Markus Weinzierl lächelt. Er sitzt in einer der VIP-Logen des Stadions. Ganz oben, direkt unterm Dach. Er schenkt sich Kaffee ein und redet über Heimat. Am 28. Dezember 1974 wurde er in Straubing geboren. ,,Und klar, Straubing, das ist meine Heimat", meint er - und dann wird sein Lächeln noch breiter: ,,Aber gleich dahinter kommt Regensburg."Weinzierl war Fußballer. Ein Jahr gehörte er sogar zum Profiteam des großen FC Bayern. Später kickt er für die Stuttgarter Kickers und die SpVgg Unterhaching. Sein letzter Verein als Spieler ist der SSV Jahn Regensburg. Doch sein Knie spielt da schon nicht mehr richtig mit. Mit 30 Jahren hört er auf - und muss sich nun mächtig strecken, um den Sprung ins ,,normale" Leben zu schaffen. Er wird Co-Trainer beim SSV Jahn und beginnt parallel ein Lehramtsstudium. Die Aussicht auf eine sichere Zukunft beim Staat ist nach den Wanderjahren als Fußballer verlockend - nur der Fußball spielt nicht mit.Markus Weinzierl lächelt nicht. Sein FC Augsburg spielt gerade in Mönchengladbach. Mittlerweile ist der junge Trainer ein beliebtes Motiv der Kameramänner. Millionen Zuschauer können dann beobachten, was er an der Seitenlinie treibt - und das hat es in sich. Sobald der Schiedsrichter anpfeift, schaltet Weinzierl in den Kampfmodus. Für diesen verwendet er von allen gängigen Trainermarotten ein bisschen was. Manchmal springt er auf und dirigiert, manchmal brüllt er, manchmal sitzt er nur da. Und am Ende entlädt sich die Anspannung beim Sprung in die Höhe. Sein FCA hat wieder mal gewonnen. 2:1 beim hohen Favoriten in Gladbach. Der FCA gewinnt derzeit so oft, dass es einem Trainer fast Angst machen könnte. Doch nicht Weinzierl.
Wenige Minuten nach dem Abpfiff lächelt er wieder. Entspannt gibt er Interviews und redet darüber, wie man sich neue Ziele setzt, ohne abzuheben. Das ist übrigens eines seiner Lieblingsthemen.Im Fußball gibt es große Motivatoren, große Taktiker und große Denker. ,,Ich weiß, dass Trainer gerne in Schubladen gesteckt werden", sagt Weinzierl in der VIP-Lounge. Er selbst hat (noch) kein öffentliches Etikett. Er hat nur Erfolg. ,,Ich will auch gar kein Etikett, das ist mir nicht wichtig", sagt er. Er wolle einfach er selbst bleiben. Und wer ist er selbst? ,,Ich würde mich als ehrlich, bodenständig und ehrgeizig beschreiben", sagt er - und lächelt.Am Boden bleiben - das war für Weinzierl zuletzt gar nicht einfach. Von allen Seiten hagelte es Lob für seine Arbeit. Und da ist er am Ende doch nur ein Mensch: Das alles schmeichle ihm schon, gibt er zu: ,,Klar, tut es das, da würd\' ich ansonsten lügen."Nun ist Weinzierl angekommen. Er ist wahrhaft mittendrin statt nur dabei. Wie ist das eigentlich, wenn man zum ersten Mal Jürgen Klopp oder Pep Guardiola als Kollege begegnet? ,,Wir sind alle per Du, das ist völlig locker und auf Augenhöhe", plaudert Weinzierl aus der Schule. Besonders gefreut hat ihn, dass ihn sein einstiger Coach Otmar Hitzfeld bei einem gemeinsamen TV-Auftritt das Du anbot - mit den Worten. ,,Du gehörst zu uns."Markus Weinzierl gehört jetzt auch zu Augsburg. Taxifahrer Markus Russ weiß das. Er schildert, welche Euphorie der Coach in der Stadt ausgelöst hat. Knapp 300000 Menschen leben in Augsburg. ,,Für die Größe ist es aber eigentlich sehr ruhig bei uns", erzählt Russ. An Wochentagen, da sei die Innenstadt nachts wie leergefegt. Der Trubel um den FCA tue da gut. ,,Es ist einfach was los, wenn der Klub spielt." Und da profitiere auch ein Taxiunternehmer davon, erzählt er mit einem Augenzwinkern. Obwohl: Er habe ja selbst eine Dauerkarte. Da stehe er manchmal vor der schwierigen Frage, ob er für den Stadionbesuch auf ein gutes Geschäft verzichte. ,,Wenn ich einen Ersatzfahrer habe, passt\'s sowieso", meint er. Und wenn nicht? ,,Ach, dann muss ich eben mal schauen", sagt er und lässt mit einem Augenrollen durchblicken, dass er dann wohl dennoch ins Stadion geht.
Gibt es sie in Augsburg wirklich, die heile Fußball-Welt? Was läuft hinter den Kulissen dieses Erfolgsmodells ab? Ein Trainer kann noch so oft gewinnen, aufstellen kann er immer nur elf Spieler - den anderen muss er wehtun. Markus Weinzierl lächelt. Nein, da gebe es keine Geheimnisse, keine Leichen im Keller, meint er. Das Wichtigste sei, dass man eine gemeinsame Front bilde. Er brachte sein Team aus Regensburg mit. Auf das könne er sich genauso verlassen wie auf die Vereinsführung. Kein Spieler könne sich da hinter seinem Rücken über ihn ausweinen - und das wisse jeder. Entscheidungen zu treffen, das habe er sowieso bereits beim SSV Jahn , als er ins kalte Wasser geschmissen wurde, gelernt: ,,Mit einigen meiner damaligen Spieler stand ich vorher noch selbst auf dem Platz, manche waren sogar älter als ich. Wenn du denen dann sagen musst, dass sie nicht spielen, ist das hart. Aber es geht eben nicht anders."Markus Weinzierl steht auf - mit einem Lächeln. ,,So, jetzt ist dann wieder Training." Durch die Katakomben des Stadions geht es hinaus auf diesen riesigen, leeren Parkplatz. Doch halt, nur eine Frage noch: Wenn im Fußball nichts unmöglich ist, dann könnte das Fußball-Märchen in Augsburg ja auch böse ausgehen. Ein Ende, wie es Weinzierls Kumpel Thomas Schneider beim VfB Stuttgart erlebt hat. Gemeinsam mit Schneider, der ebenfalls in Straubing wohnt, hat er den Fußballlehrerschein gemacht. Sie sind eine Trainer-Generation. Für Schneider ging es eben in den Wochen, als es für Weinzierl steil bergauf ging, steil bergab. Am vergangenen Sonntag wurde Schneider vom VfB beurlaubt. Er habe ihn gleich angerufen, erzählt Weinzierl, schließlich fühle man da mit. Das Lächeln ist aus seinem Gesicht verschwunden, nun wirkt Weinzierl beinhart: ,,Aber so ist eben dieses Geschäft. Es kann ganz schnell gehen."
24. Sa. 08.03.14 15:30 A Borussia Mönchengladbach 1:2 25. Fr. 14.03.14 20:30 H FC Schalke 04 1:2 26. Sa. 22.03.14 15:30 A VfL Wolfsburg 27. Mi. 26.03.14 20:00 H Bayer 04 Leverkusen 28. Sa. 29.03.14 15:30 A FSV Mainz 05