2024-05-02T16:12:49.858Z

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Michael Wagner war schnell von den Qualitäten des jungen Trainerkandidaten Lerandy (rechts) überzeugt und wurde dafür mit einem unerwarteten Titelgewinn belohnt. | Foto: Alexandra Buss
Michael Wagner war schnell von den Qualitäten des jungen Trainerkandidaten Lerandy (rechts) überzeugt und wurde dafür mit einem unerwarteten Titelgewinn belohnt. | Foto: Alexandra Buss

Vertrauen in Marc Lerandy wird beim Offenburger FV belohnt

Trainernovize Lerandy gelingt mit dem Offenburger FV der Titelgewinn

Es ist gar nicht so lange her, da mussten sich die Fans des Offenburger FV sorgen, ob ihr Lieblingsverein nicht doch noch in den Abstiegsstrudel der Verbandsliga abrutschen könnte. Mitte April 2015 stand der OFV auf dem zehnten Rang, mit 30 Punkten aus 24 Spielen nicht weit entfernt von den Abstiegsrängen. Das kann man sich heute kaum noch vorstellen angesichts der Souveränität, mit der sich der Traditionsverein den Titel in Südbadens höchster Spielklasse erspielte. An der Offenburger Badstraße, wo das Karl-Heitz-Stadion steht, hat sich offenbar einiges getan.
Das hat vor allem mit Marc Lerandy zu tun. Davon ist Michael Wagner, Sportvorsitzender beim OFV, überzeugt: „Er war ausschlaggebend für den Erfolg, den wir in dieser Form nicht erwartet hatten.“ Der Ex-Profi, der schon beim SC Pfullendorf und dem 1. FC Saarbrücken, zuletzt beim Bahlinger SC kickte, hat einiges bewegt. Dabei ist der OFV seine erste Trainerstation. Ihm trotz dieses offenkundigen Mangels an Erfahrung den Neuaufbau der Mannschaft an die Hand zu geben, war eine mutige Entscheidung. Eine Reihe von „namhaften Kandidaten“, so Wagner, habe sich angeboten. Lerandy überzeugte ihn in einem Gespräch, das auf eine halbe Stunde angesetzt war, dann aber zweieinhalb Stunden dauerte. „Das hat sofort gepasst“, sagt Wagner, Polizist im Hauptberuf und zudem Diplom-Fußballmanager. Natürlich gab es Bedenken. Wagner formuliert das so: „Extern wurde ihm nicht so viel zugetraut. Er hat sehr viele überrascht, mich hat er einfach nur glücklich gemacht.“ Lerandy sagt: „Die Mannschaft und das Umfeld sind mir als dem Neuen offen entgegen gekommen. Sie haben mich machen lassen und haben mir vertraut.“

„Trainer Marc Lerandy war ausschlaggebend für den Erfolg.“ Sportvorsitzender Michael Wagner

Lerandy, der von Beginn an sehr selbstbewusst und offensiv auftrat, schaffte es, aus guten Einzelspielern ein respektables Team zu schaffen, das zum logischen Meister der Verbandsliga wurde. Er pflegte seinen eigenen Stil im Umgang mit den jungen Fußballern, der sich aus eigener, schmerzvoller Erfahrung entwickelt hat. Bei seiner Vorstellung vor etwas mehr als einem Jahr sagte er lässig: „Ich kann euch nur sagen, solche Trainer, wie ich sie in meiner Karriere hatte, wollt ihr nicht haben.“ Dabei war der Titel kein Muss, wie Wagner beteuert. Für ihn und seine Vorstandskollegen sei es in erster Linie darum gegangen, die Mannschaft und die Fußballszene in Offenburg wieder zu beleben. Wahrscheinlich kommt auf den OFV jetzt aber die schwierigere Aufgabe zu: Sich in der Oberliga zu etablieren. Denn dies hat der stolze Verein, Deutscher Amateurmeister des Jahres 1984, bisher nicht geschafft. Tatsache ist: Seit der Jahrtausendwende hat der OFV lediglich drei Spielzeiten in der Oberliga, deren zwölf in der Verbandsliga und eine sogar nur in der Landesliga gegen den Ball getreten. Das ist viel zu wenig angesichts der hohen Ansprüche. Die Verbandsliga ist dem anspruchsvollen Publikum in Offenburg nur schwer zu verkaufen, ebenso wie die Tatsache, dass der OFV im Ortenaukreis zuletzt nur noch die Nummer drei hinter dem Kehler FV und dem vergleichsweise kleinen SV Oberachern war. „In der Jugendarbeit sind wir das Non-Plus-Ultra in der Region, bei der ersten Mannschaft kann man davon nicht unbedingt reden, da gab es ein paar andere Vereine, die zuletzt mehr geleistet haben“, räumt Lerandy ein. Das will er ändern.

Von einer Fußballhochburg auf halbem Weg zwischen Freiburg und Karlsruhe träumen sie immer wieder in Offenburg. Was auch dazu geführt hat, dass der OFV sich finanziell gründlich übernahm und Mitte der 1990er Jahren sogar haarscharf die Auflösung verhinderte. Wagner, der aus Haslach im Kinzigtal stammt, kennt die Tradition des Vereins: „Es geht darum, die Balance zu finden.“ Er meint jene zwischen Anspruch und Realität. Lerandy geht gelassen mit den Erwartungen im Umfeld um: „Kein Problem: Ich finde auch, dass der OFV mindestens in der Oberliga spielen muss.“

Kontinuierlich soll sich der OFV entwickeln, das sagen Wagner und Lerandy. Naturgemäß sehen sie der kommenden Saison positiv entgegen. „Eine schwere Aufgabe, aber ich bin davon überzeugt, dass die Mannschaft mit den Verstärkungen oberligafähig ist“, sagt der Fußballmanager. „Wir wollen uns Schritt für Schritt weiter entwickeln. Ich bin optimistisch“, erklärt der Trainer.

Eine Lehre aus den Fehlern der Vergangenheit ist die Fokussierung auf den Nachwuchs. „Es geht darum, aus eigenen Spielern eine gute Mannschaft zu formen, nicht mehr so viele externe Spieler zu holen“, sagt der Trainer, der in der Jugend der Spvgg. Lahr mit dem Kicken begann.

„Ich will einen Fortschritt sehen. Mit Stillstand bin ich nicht zufrieden.“ Trainer Marc Lerandy

Die Jugendabteilung des OFV profitiert sehr von der Kooperation mit dem SC Freiburg und der daraus folgenden Wahrnehmung, ein begabter Kicker müsse einfach zum OFV kommen, wenn aus ihm etwas werden soll. So lockt der Traditionsverein zahlreiche Talente aus dem Ortenaukreis an die Badstraße. Wenn die A-Junioren in die Oberliga Baden-Württemberg aufsteigen, wofür derzeit Vieles spricht, kicken A-, B- und C-Junioren in der zweithöchsten Spielklasse. Auf diese Qualität wollen Lerandy, Wagner und die Vorstandskollegen die sportliche Entwicklung gründen.

Der Gedanke, dass die Oberliga nicht die Endstation auf dem Weg des Vereins sein soll, begleitet die Protagonisten beim ehemaligen Deutschen Amateurmeister. „Vielleicht spielen wir auch mal etwas höher“, sagt Lerandy. „Ich will einen Fortschritt sehen. Mit Stillstand bin ich nicht zufrieden.“

Kompakt: Am Samstag, 15.30 Uhr, erwartet der OFV zum Saisonabschluss im Karl-Heitz-Stadion den Tabellensiebten, SV Endingen. Ein Gegner, der sich durchaus auf Augenhöhe mit dem Gastgeber messen wird. „Zwischenzeitlich hat sich der SV Endingen zu einer Topmannschaft entwickelt, wobei Fabian Spiegler, der in der kommenden Saison für den Offenburger FV spielen wird, als drittbester Torjäger der Liga mit 21 Treffern maßgebenden Anteil am Aufschwung dieser Mannschaft hat“, sagt Trainer Lerandy. Dem Meister der Verbandsliga fehlen die Verletzten Manuel Vollmer und Rachid Gueddin.
Aufrufe: 019.5.2016, 22:00 Uhr
Uwe Schwerer (BZ)Autor