2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines

Urteil: Spielordnung von höherem Verband ist irrelevant

Schiedsgericht im Fußballverband Rheinland sorgt mit Entscheidung für Verwirrung im Fußball

Ein Schiedsspruch der letztmöglichen sportrechtlichen Instanz im Fußballverband Rheinland sorgt für Verwirrung im Amateurfußball. Die Richter aus Koblenz haben zwei Urteile von Spruchkammern aufgehoben und damit die Spielordnung eines höheren Verbands im Geltungsbereich des unteren Verbands quasi für Nichtig erklärt. Die Entscheidung wird als Grundsatzurteil gesehen.

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Koblenz/Salmrohr.
Wer hat festzulegen, ob ein Spieler Stammspieler einer Oberligamannschaft ist? Der höhere Verband, der den Oberligaspielbetrieb ausrichtet oder der untere Verband in dem die zweite Mannschaft des Vereins in einer Kreisliga spielt, in der der betreffende Spieler in einer Meisterschaftspartie eingesetzt werden soll? Um diese Frage ging es im Kern bei einer schriftlichen Schiedsgerichtsverhandlung im Fußballverband Rheinland.

Jener Verband als Ausrichter der Kreisligen war davon ausgegangen, dass man sich an den Regelungen des oberen Verbands zu orientieren habe und hatte in Urteilen seiner Kreisspruchkammer und der Bezirksspruchkammer einen Antrag des Vereins SV Monzelfeld aus dem Fußballspielkreis Mosel abgewiesen, ein A-Liga-Spiel aus dem vergangenen Mai gegen den FSV Salmrohr II zugunsten des SV Monzelfeld zu werten. Monzelfeld argumentierte, Salmrohr II habe in jenem Spiel Spieler eingesetzt, die als Stammspieler der ersten Mannschaft nicht in der unteren Mannschaft hätten spielen dürfen.

Und da lag die Krux: In wesentlichen Punkten unterscheiden sich die Spielordnungen des Fußballverbands Rheinland und des höheren Fußballregionalverbands Südwest, der die Oberliga ausrichtet. Nach der Ordnung des Regionalverbands waren zwei Spieler keine Stammspieler der Oberligamannschaft, nach der Ordnung im Verband Rheinland aber schon. In einer Spielordnung werden beispielsweise Pokalspiele als Pflichtspiele zur Errechnung der Stammspielereigenschaft mit einbezogen, in der anderen nicht.

Der Fußballverband Rheinland war der Auffassung, die höhere Ordnung habe Vorrang vor der eigenen. Und genau diese Auffassung erklärte das ständige Schiedsgericht im Fußballverband Rheinland nun für rechtlich falsch.

Der Verband Rheinland sei in allen Belangen autonom für die Veranstaltung der Fußballspiele verantwortlich und dessen Regularien hätten Bestand. Eine andere Spielordnung könne nicht übergeordnet werden. Das Gericht gab dem Antrag des SV Monzelfeld statt und urteilte damit gegen den Verband. Es wertete das Spiel gegen den FSV Salmrohr II zugunsten des SV Monzelfeld.

Norbert Weise, Rechtswart des Fußballverbands Rheinland, musste das Urteil der letztmöglichen sportrechtlichen Instanz im Verband hinnehmen. Er hatte die andere Auffassung vertreten: „Natürlich müssen wir regeln, wie Stammspieler höherer Mannschaften eingesetzt werden. Das tun wir mit unserer Spielordnung ja auch sehr detailliert und genau. Aber wir können doch nicht festlegen, wann ein Spieler in einem höheren Verband Stammspieler ist. Das muss doch der jeweilige Verband entscheiden. Und der Regionalverband hatte entschieden, dass die beiden keine Stammspieler waren“, sagte Weise im Gespräch mit FuPa Rheinland.

Faktisch hat das Gericht zumindest im Punkt der Stammspieler die Stammspielerordnung des höheren Regionalverbandes im Bereich des Fußballverbands Rheinland außer Kraft gesetzt. Oberligavereine können sich also nicht – wie geschehen – auf die Freigabe der Spieler seitens des Regionalverbands verlassen. Der höhere Verband wurde durch das Urteil ausgehebelt.

Der Schiedsspruch wird mittlerweile als Grundsatzurteil gesehen mit weitreichenden Folgen. So hat der Regionalverband beispielsweise zu dieser Saison in der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar erstmals eine Spielersperre für eine Gelb-Rote Karte eingeführt, die auch für den Einsatz in unteren Mannschaften gelte. Nach Auffassung einiger Funktionäre dürfe diese Sperre nun nicht im FV Rheinland gelten, da sie nicht in der Spielordnung verankert sei.

Der FV Rheinland hat zumindest angekündigt, in den Rechtsgremien nun über eine Anpassung der eigenen Spielordnung zu beraten. Man werde prüfen, die Ordnung an die des höheren Verbands anzupassen, die detaillierten Regelungen also zu vereinfachen und zu kürzen. Dann würden beispielsweise Pokalspiele nicht mehr in die Stammspielerberechnung einfließen.

Das Urteil hat also weitreichende Auswirkungen. Ganz abgesehen davon, dass das Urteil, das nach Beginn der neuen Saison gesprochen wurde und durch den Punktabzug erhebliche Folgen für den Spielbetrieb der Kreisliga A Mosel hatte (die Liga musste Aufgestockt werden, da Salmrohr nun in der Abschlusstabelle der Vorsaison punktgleich mit dem ersten Absteiger war – dieser Absteiger darf nun doch in der A-Liga spielen). Und womöglich hat das Gericht auch noch einen groben Rechenfehler begangen, wie der FSV Salmrohr meint. Damit wären Teile des Urteils sachlich falsch.

Sportrechtlich kann das Urteil nicht mehr angefochten werden. Auf einen Klageweg im Zivilrecht werden Verband und Vereine verzichten, kündigten sie an.


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Aufrufe: 029.8.2016, 16:25 Uhr
Sven EisenkrämerAutor