2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Jaroslav Wlodarz.
Jaroslav Wlodarz.

»Fußball in der Breite verkümmert«

JAROSLAV WLODARZ TSV Armsheims Vorsitzender erkennt den Trend bereits bei den Junioren

Armsheim. Jaroslav Wlodarz prognostiziert dem Breitenfußball im Alzeyer Land eine schwere Zukunft. Ursachen dafür sieht der Vorsitzende des TSV Armsheim unter anderem beim Südwestdeutschen Fußballverband, aber auch im Jugendförderzentrum des TSV Gau-Odernheim.

Herr Wlodarz, Sie prognostizieren dem Alzeyer Breitenfußball eine schwere Zukunft?

In den nächsten Jahren wird dem Breitenfußball der Nachwuchs verlorengehen. Dieses Problem sehe ich auf die A-, B- und C-Klassemannschaften zukommen. Ich habe das Gefühl, dass das schon voll im Gange ist.

Was werden die Folgen sein?

Das führt dazu, dass der Trend noch mehr zu Spielgemeinschaften geht und immer weniger Mannschaften gemeldet werden können. Dadurch sinkt das sportliche Niveau und dadurch verlieren die Zuschauer auch die Identifikation zu den Heimatvereinen. Das ist jetzt schon im Juniorenbereich zu erkennen.

Hierfür machen Sie drei Ursachen aus ....

Ja, sicherlich ist das auch dem demographischen Wandel geschuldet und der Tatsache, dass die Kinder immer mehr Auswahl haben, ganz viel andere Dinge machen können. Es gibt unbegrenzte Möglichkeiten außer Fußball.

Jedoch gibt es in Ihren Augen auch zwei Beschleuniger dieses Prozesses. Einer ist der Südwestdeutsche Fußballverband?

Die Professionalisierung des Fußballs wird immer extremer und ist schädlich für die kleineren Vereine. Diese negative Entwicklung hat mit der Einführung der D-Junioren-Verbandsliga begonnen. Außerdem tragen solche neuerlichen Änderungen, wie die Erlaubnis für Wechsel von E-Juniorenspielern in der Winterpause, ohne dass eine Zustimmung des abgebenden Vereines notwendig ist, zu dieser negativen Entwicklung bei. Das ist eine falsche Politik und widerspricht dem DFB-Gedanken. Man lernt in jedem Lehrgang, dass die Spieler so lange wie möglich in ihrem Heimatverein spielen sollen.

Diese Änderungen machen sich diverse Vereine zunutze. Im Kreis Alzey ist da sicherlich der TSV Gau-Odernheim zu nennen. Wieso ist der Klub aus Ihrer Sicht kein Gewinn für alle?

Ich respektiere, was Gau-Odernheim im Juniorenbereich geschaffen hat. Das ist schon eine Leistung. Aber sie sind kein Gewinn für alle – das stimmt einfach nicht. Was vielen positiv erscheint, hat heftige Auswirkungen. Sie sind nur für ambitioniertere Vereine wie RWO Alzey ein Gewinn. Den kleineren Vereinen machen sie es schwer. Mittlerweile fangen sie schon bei den E-Junioren an, Spieler abzuwerben. Das ist Wahnsinn. Von solchem Verhalten halte ich nichts.

Auch der Vorgang, wie die Fußballer an den Petersberg gelockt werden, ist nicht gerade in Ihrem Sinne.

Oft werden die Spieler unter anderen Voraussetzungen von einem Wechsel nach Gau-Odernheim überzeugt. Es wird ihnen ausreichend Spielzeit versprochen, doch das Ergebnis sieht dann meistens anders aus. Der Kader ist zu groß, die Spielpraxis fehlt und diese Fußballer hören dann aus Frust auf. Und diese Fußballer fehlen dann den anderen Ortsvereinen.

Deshalb wünschen Sie vor allem mehr Solidarität?

Ja. Ich hoffe, dass sie in der Zukunft ein bisschen mehr Rücksicht nehmen und einen Kader mit einer realistischen Zahl zusammenstellen, den Kader nicht unnötig aufblähen. Dann hätten andere Vereine nicht so viele Schwierigkeiten.

Macht es einen Ex-Verein aber nicht stolz, wenn ein Spieler sich bei Gau-Odernheim etabliert?

Nein, ich wäre stolz, wenn ein Spieler den Sprung zum 1.FC Kaiserslautern oder FSV Mainz 05 packt. Sie brauchen den Zwischenschritt nach Gau-Odernheim nicht unbedingt. Wenn einer gut ist, schafft er es auch so. Da kann ich Urfan Nassery (FSV Mainz 05 U14) und Nick Fügen (FSV Mainz 05 U10) als Beispiele anführen, die direkt vom FJFV Wiesbach dorthin gewechselt sind.

Manche Vereine wie der FJFV Rheinhessen-Mitte und die SG Dautenheim-Esselborn haben eine Kooperation mit Gau-Odernheim. Warum ist das für den FJFV Wiesbach keine Option?

Eine Kooperation sollte in beide Richtungen gehen. Im Fall des TSV Gau-Odernheim aber ist es eine Einbahnstraße. Sie ziehen die besten Spieler, geben aber die Schwächeren nicht an die Kooperationspartner ab. In der Theorie ist das ein schöner Gedanke, aber in der Praxis schwer umsetzbar.

Wie ist Euer Verhältnis zum TSV?

Angespannt. Die Konsequenz davon ist, dass wir keine Freundschaftsspiele mehr gegen Gau-Odernheim austragen. Außerdem lädt Gau-Odernheim uns nicht mehr zu ihren Turnieren ein und wir sie nicht zu unserem Turnier.

Die Philosophien sind auch grundverschieden. Was liegt dem FJFV Wiesbach besonders am Herzen?

Der Unterschied ist einfach: Wir versuchen, dass jeder Fußball spielt. Wir gehen nicht nur nach Leistung. So wollen wir auch bleiben. Wir wollen nicht um jeden Preis in der Landesliga spielen.


Zur Person

Jaroslav Wlodarz (48) ist seit über 25 Jahren im Fußball engagiert- Aktuell ist der Diplomingenieur Vorstandsvorsitzender beim A-Ligisten TSV Armsheim, Jugendkoordinator beim FJFV Wiesbach und Trainer der FJFV-C1-Junioren.

Aufrufe: 025.4.2017, 08:00 Uhr
Nico BrunettiAutor