2024-05-08T11:10:30.900Z

Interview der Woche

"Nachspielzeit" mit Etienne Portmann

Der Offensivspieler der TuS Marienborn spricht im Interview der Woche vom Taktik-Training unter Ali Cakici und über den möglichen Landesliga-Aufstieg +++ „Erlebnis statt Ergebnis“

Mainz. Das Geschenk war ein Volltreffer. Etienne Portmann, 19-jähriger Offensivspieler der TuS Marienborn, hatte seinem Trainer Ali Cakici unlängst zum Fünfzigsten ein T-Shirt mit der Aufschrift „Erlebnis statt Ergebnis“ geschenkt. Wenn irgend ein Satz zu Cakicis Fußball-Philosophie passt, dann wohl dieser. Am Sonntag bei Fontana Finthen werden Portmann und seine TuS-Teamkollegen gleichwohl besonders auf das Resultat achten: Ein Sieg, und sie sind Bezirksliga-Meister. In unserer Interview-Rubrik "Nachspielzeit" berichtet der Marienborner Ideengeber davon, wie das T-Shirt bei seinem Chefcoach ankam, was Taktik-Training unter Ali Cakici bedeutet und wie es nach dem höchst wahrscheinlichen Landesliga-Aufstieg bei der Lach- und Schießgesellschaft in „MRNBRN“ weitergehen wird.

Es gibt neue T-Shirts von euch.

Ja! „MRNBRN“, meinst Du das? Das Shirt ohne Vokale, das hat sich Matteo Trapp ausgedacht. Und jetzt gibt es noch eins, „Erlebnis statt Ergebnis“. Das war eigentlich ein Geburtstagsgeschenk für unseren Trainer Ali Cakici, der vergangenen Freitag 50 geworden ist. Er ist total auf den Spruch abgefahren.

Wer hatte die Idee zu diesem Geschenk?

Die Idee kam von mir. Den Spruch habe ich vor zwei, drei Jahren aufgeschnappt. Freunde von mir, die in der untersten Liga gekickt haben, haben gesagt, es geht mehr um das Erlebnis als das Ergebnis. Wir sagen uns in Marienborn auch, dass wir eher für die Entwicklung arbeiten und weniger, um Ergebnisse zu erzielen. Daran versuchen wir uns immer wieder selbst zu erinnern, auch wenn das im Punktspielbetrieb nicht immer ganz einfach ist. Mit dem T-Shirt haben wir das Motto wieder aufgegriffen.

Wie stellt sich das im Alltag dar?

Wir reden viel miteinander, tauschen uns aus, unsere Sitzungen sind immer ziemlich lustig. Natürlich geht es auch mal um was Taktisches, aber wir sagen auch viel, was wir denken, und leben unsere Individualität aus. Ali meint, wenn man Spaß an dem hat, was man macht, sich auf seine Mitspieler freut und die Menschlichkeit lebt, kommen die Ergebnisse von alleine.

Geht das Shirt nun in Serie? Ali hatte das auf Facebook angedeutet.

Bis jetzt gibt es nur das eine „Erlebnis statt Ergebnis“-Shirt. Das war von ihm wohl eher als Gag gemeint. Aber ich weiß nicht, was er vor hat, Ali ist nicht so leicht auszurechnen.

TuS-Coach Ali Cakici in "seinem" Shirt und der „MRNBRN“-Crew.

Hattest Du schon mal einen vergleichbaren Trainertyp?

Nee, ich muss ehrlich sagen, bisher noch nicht. Ich hatte viele gute Trainer und das Glück, gut ausgebildet zu werden. Aber Ali lässt uns so viel Spielraum für unsere Individualität, gibt uns nur ganz leichte Anweisungen. Jeder kann etwas anderes gut, das sollen wir einbringen. Wir spielen einfach.

Taktik-Anweisungen an der Tafel gibt es aber doch?

Wir gehen ziemlich detailliert in den Spielformen darauf ein, wie wir spielen wollen und wie wir uns bewegen müssen. Da unterbricht Ali immer wieder. Wir sitzen weniger vor der Taktiktafel, aber das muss auch mal sein. Wir versuchen, uns nicht zu sehr auf den Gegner einzustellen, sondern unseren Fußball zu spielen.

Taugt diese Herangehensweise auch für die Landesliga?

Da bin ich zuversichtlich. Unsere Mannschaft hat sich seit der vergangenen Saison, wo wir gut mitgespielt und nur wenige Punkte gefehlt haben, nicht grundlegend verändert. Wir sind seither gereift und haben uns weiterentwickelt. Ich denke, dass wir in der Landesliga gut mitspielen können.

Weiter mit Dir an Bord?

Ja, kommendes Jahr werde ich auf jeden Fall in Marienborn bleiben.

Seit wann bist Du eigentlich in „MRNBRN“, wie kam's?

Ich bin vor drei Jahren aus Gonsenheim gekommen. Ich war dort als älterer Jahrgang in der U16-Verbandsligamannschaft und bin dann zur A-Jugend nach Marienborn gewechselt. Es stand bei mir überhaupt nicht zur Debatte, in Gonsenheim in die U19 übernommen zu werden. Außerdem hatte ich mir noch den Knöchel gebrochen, wir sind umgezogen – es kam einiges zusammen. Dann hat Marco Jantz mich nach Marienborn geholt. Ihm habe ich zu verdanken, dass ich schon in meinem zweiten A-Jugend-Jahr in die erste Mannschaft reinschnuppern konnte.

Eine bemerkenswerte Entwicklung in wenigen Jahren – worauf führst Du das zurück?

Ich war immer einer der drei kleinsten, schmächtigsten Spieler im Team. Bis heute bin ich nicht der Schnellste. Fußballerisch hatte ich nie Probleme, mitzuhalten. In Marienborn war vielleicht ein bisschen der Druck weg. Ich konnte einfach spielen, ohne im Hinterkopf zu haben, dass ich mich für eine höhere Liga empfehlen muss. Es hat mir vielleicht gut getan, in eine tiefere Liga zu wechseln, wo ich wichtiger bin.

Was zeichnet Marienborn als Verein aus?

Die Menschlichkeit. Das hört man oft, wenn die fußballerische Qualität nicht so im Vordergrund steht. Aber bei uns stimmt sie, und wir gehen trotzdem wahnsinnig gut miteinander um. Ich habe das Gefühl, dass jeder im Verein Lust auf den anderen hat. Wir treffen uns vor dem Training schon eine halbe Stunde früher, um Schnicken zu spielen. Wir unternehmen privat viel zusammen, und es ist egal, ob da ein Altersunterschied ist. Jeder kümmert sich um jeden.

Wohin kann das noch führen, mit dieser Philosophie und diesem Spielerstamm?

Wir gucken einfach, wohin es uns führt. Wir wollen weiter unseren Fußball spielen. Ich denke, jeder Fußballer will an seinem Limit spielen.

Hattest Du einmal den Traum, Profi zu werden, oder Fußball immer schon als Hobby angesehen?

Ich finde, man sollte Fußball spielen, um so hoch zu kommen, wie es das Talent erlaubt. Als kleiner Junge habe ich natürlich davon geträumt, Profi zu werden. Aber spätestens in der U16 habe ich gemerkt, dass es nicht reicht und viele besser sind als ich.

Was machst Du abseits des Sportplatzes?

Im Sommer beende ich die Schule in Wörrstadt mit der Fachhochschulreife und beginne in Alzey bei Creusen + Scherer eine Ausbildung zum Automobilkaufmann. Ich bin mir noch nicht sicher, dass ich das mein Leben lang machen möchte, aber ich interessiere mich für Autos und kann relativ gut mit Geld umgehen.

Gibt es so viel Geld in Marienborn, mit dem Du umzugehen hast?

Wenn man mit dem Hobby Fußball Geld verdienen will, sollte man nicht in Marienborn spielen.

Wo, denkst Du, steht Ihr in drei Jahren mit der TuS?

Das ist eine Frage wie beim Bewerbungsgespräch. Puh. So weit denke ich eigentlich gar nicht. Momentan ist alles perfekt und macht so einen Spaß, dass ich gar nicht an die Zukunft denke.

Damit ist euer Motto ja voll erfüllt. Am Wochenende steht eventuell die Meisterschaft an. Das wäre aber schon ein Ergebnis, das euch wichtig ist, oder?

Ja klar. Das wäre cool, wenn es klappt, aber Finthen ist eines der spielstärksten Teams unserer Liga, und sie haben einen wirklich guten Trainer. Ich denke nicht, dass es ein Selbstläufer wird.

Gibt es schon ein Meister-Shirt?

So weit ich weiß nicht, aber ich bin mir sicher, dass die ganzen Leute, die im Hintergrund aktiv sind, schon etwas geplant haben.

Aufrufe: 027.4.2017, 18:00 Uhr
Torben SchröderAutor