2024-05-08T14:46:11.570Z

Interview

Trainerduo vom Bischofswerdaer FV 08 im Gespräch

Der BFV auf dem Prüfstand - Cheftrainer Erik Schmidt und Co-Trainer Mirko Ledrich durchleuchten den Verein kritisch.

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Die Macher des neuformierten BFV-Teams kommen zu Wort. Dabei möchten wir mit euch jedoch nicht nur über die 1. Mannschaft sprechen sondern die Entwicklung des Gesamtvereins beleuchten.

Nach dem personellen Umbruch im Sommer hat die Mannschaft eine erfolgreiche Hinrunde hingelegt, dennoch wart ihr speziell mit der Spielweise und dem Anspruchsdenken der Spieler nicht immer zufrieden. Inwieweit konnte die lange Winterpause dazu beitragen, dass diese Stellschrauben zum Positiven gedreht wurden?

Erik Schmidt:
"Wir haben uns in der Winterpause deutlich gesteigert. Die Mannschaft macht jetzt im Training in allen Bereichen einen verbesserten Eindruck. Wir müssen trotzdem aufpassen, dass wir nicht in alte Muster zurückfallen. In der Hinrunde waren die Ergebnisse gut, doch das muss nicht automatisch bedeuten, dass die Leistungen so wie gewünscht waren. Dasselbe gilt auch im umgekehrten Fall. Um aber stabil zu werden, müssen wir mit Leistung in den Spielen auch eine gewisse Souveränität bekommen und dafür ist die Entwicklung eben sehr wichtig. Das haben wir in die Hinrunde nicht immer optimal im Training umgesetzt und daher habe ich auch gesagt, dass der Anspruch an unsere Spielweise höher werden sollte. Das Potential ist in der Mannschaft ausreichend vorhanden, doch es gibt vor dem Ziel auch den Weg dahin und ist in der Regel anstrengend."

Mirko Ledrich:
"Ich glaube, dass wir durch die drei Neuverpflichtungen den Konkurrenzkampf im Team nochmal ein Stück weit verschärft haben. Zudem haben wir in der Vorbereitung wieder große Umfänge trainieren können. Das Trainingslager war optimal, um unsere taktischen Ideen in die Mannschaft zu tragen und in vielen Einzelgesprächen haben wir den Spielern klargemacht, was wir von jedem Einzelnen in der Zukunft erwarten. Wir sind gut vorbereitet und ich bin gespannt, wie sich die Jungs in der Rückrunde präsentieren."

Die aktuelle Saison soll als Konsolidierungsjahr verstanden werden, wobei die Entwicklung der Spieler im Vordergrund steht. Mittelfristig will der Verein jedoch in der viertklassigen Regionalliga spielen. Ist der BFV-Kader schon gewappnet für Duelle mit Energie Cottbus, BFC Dynamo Berlin oder Wacker Nordhausen?

Erik Schmidt:
"Wenn man so einen großen Umbruch hinter sich hat, dauert es nun mal seine Zeit bis alle Räder ineinander greifen. Daher ist es völlig normal, dass man dann erst einmal von einem Konsolidierungsjahr spricht. Alles Andere würde den Druck zu sehr steigen lassen und wäre nicht realistisch. Dann geht es schnell in die andere Richtung und es ist eben besser erst einmal eine gute Entwicklung einzuschlagen und danach richtig anzugreifen. Das ist auch unser primäres Ziel. Auf der anderen Seite muss man im Sport eben auch jede sich bietende Möglichkeit nutzen. Da ist jetzt die Mannschaft gefragt so ein Fußballwunder weiter am Leben zu erhalten. Aufzusteigen in die Regionalliga ist aus meiner Sicht anspruchsvoller als dort nicht abzusteigen. In der Spitze der Oberliga sind mit Halberstadt, Chemie Leipzig, Plauen u.s.w. genügend Mannschaften, die hohes Potential haben, was auch nicht schlechter ist, als ein Teil der Regionalligisten."

Mirko Ledrich:
"Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Erstmal ist ein Aufstieg in die Regionalliga ein wahnsinnig schweres Unterfangen. Sollte die Mannschaft über den Sommer hinaus im Großen und Ganzen zusammen bleiben, dann gehören wir in der nächsten Saison sicher wieder zu den Teams, die um den Aufstieg mitspielen. Trotzdem sollte sich jeder vor Augen halten das Vereine wie Halberstadt, Chemie Leipzig oder auch der VFC Plauen eine ganz andere Strahlkraft besitzen und mit ganz anderen Voraussetzungen arbeiten als wir. Ein Aufstieg käme meiner Meinung nach schon einer Sensation gleich. Trotzdem leben wir diesen Traum und wir werden Alles versuchen diesen wahr werden zu lassen."

Neben dem Kader sollen auch die Strukturen des Vereins professionalisiert werden. Dazu wurden bereits jetzt zusätzliche Stellen geschaffen und interne Abläufe optimiert. Betrachtet man die sportliche Situation scheint im Verein eine Aufbruchsstimmung zu entstehen. Dennoch musste man in der vergangenen Woche lesen, dass es Veränderungen im Präsidium des Vereins gegeben hat. Werfen solche Schlagzeilen den Verein zurück?

Erik Schmidt:
"Es ist sehr bedauerlich. Jens Ulbricht ist ein wichtiger und sehr geschätzter Ansprechpartner. Er ist sicher unbequem aber zielstrebig und konsequent. Außerdem genießt er auch die Rückendeckung von uns, wie auch alle anderen Präsidiumsmitglieder. Seit vier Jahren basteln wir gemeinsam unermüdlich am Aufbau dieses Vereines. Jens Ulbricht war, wie viele andere, maßgeblich an dem Erfolg beteiligt. Diese Baustelle nützt jetzt überhaupt niemanden. Die Einzigen, die in die Hände klatschen sind die Konkurrenten. Wir haben alle die gleichen Ziele und daher hoffe ich, dass sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen, miteinander kommunizieren und dann wieder die wesentlichen Dinge verfolgen. Wir müssen uns alle deutlich machen, dass wenn wir nicht zusammenhalten am Ende alle als Verlierer vom Platz gehen. Der Verein hat jetzt eine richtig große Chance, die wir nur einmal bekommen und auf dessen Moment über Jahre hingearbeitet wurde. Wir sollten diese Chance gemeinsam nutzen."

Mirko Ledrich:
"Ich finde er sehr schade, dass mit Jens Ulbricht eine der mit entscheidenden Personen des Aufschwungs der letzten Jahre aus dem Präsidium zurückgetreten ist. Allerdings kenne ich die Hintergründe nicht. Auch der Verlust von Sascha Dietze als Geschäftsstellenleiter ist sehr ärgerlich. Ich glaube, der Verein ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. Der Erfolg der 1.Mannschaft und die seit Sommer hervorragende Öffentlichkeitsarbeit haben den BFV wieder über die Stadtgrenzen hinaus ins Rampenlicht gerückt. Trotzdem ist der Prozess der Professionalisierung bei weitem noch nicht abgeschlossen. Ich hoffe sehr, dass alle Verantwortlichen den eingeschlagenen Weg weiter konsequent verfolgen."

Innerhalb der Fanszene hört man oftmals die Kritik, dass abgesehen von Cornelius Gries kein Bischofswerdaer Eigengewächs mehr im Kader der 1.Männermannschaft steht. Trotz einer eigenen Nachwuchsphilosophie kam in den letzten Jahren kein Nachwuchsspieler mehr im Oberliga-Kader an. Wie bewertet Ihr die Nachwuchsarbeit im Verein und wo seht Ihr Potenziale für die Zukunft?

Erik Schmidt:
"Wie überall sind bei uns viele Nachwuchstrainer, die sich ehrenamtlich enorm engagieren. Ich denke, dass wir in vielen Bereichen die Trainingsqualität deutlich erhöht haben. Da ist hervorragend. Spieler für die Oberliga auszubilden wird sehr schwer, da es dafür eine leistungssportliche Ausbildung bedarf. Es ist aber nicht unmöglich. Das beweist Cornelius Gries, der aber auch den Willen besitzt und sich da durchbeißen möchte. Er hat in den letzten Jahren eine unglaubliche Entwicklung genommen. Um weitere „Grieser“ auszubilden, müssen wir diesen Willen der jungen Spieler wecken. Die erste Mannschaft in Bischofswerda betreibt Leistungssport. Wer dort angekommen ist, bekommt einige Vorteile, muss aber auch mindestens 4 Trainingseinheiten in der Woche absolvieren und hat auch schon in der Vergangenheit viel investiert. Das gilt auch für die Trainer. Jeder hat die Chance sich nach oben zu arbeiten, muss aber auch auf dem Weg dahin auf viel verzichten. Dafür gibt es dann ein paar Vorteile, aber auch deutlich mehr Druck. Wer es nicht will, muss eben auch in seinem Umfeld mit Abstrichen klar kommen. Ich kann nicht 2x die Woche locker trainieren und dann die identische Ebene einfordern. Das muss auch jeder im Nachwuchs verstehen. Wenn es uns gelingt, die Motivation der Spieler für den Leistungssport zu erzeugen, dann wird der Nachwuchs auch seinen Stellenwert weiter ausbauen."

Mirko Ledrich:
"Das Leistungsniveau bei uns ist in den letzten Jahren besonders nach dem Oberligaaufstieg noch einmal extrem gestiegen. Die Jungs aus dem Oberligateam sind die einzigen beim BFV, die unter Leistungssport-Aspekten arbeiten. Das bedeutet 4-5 Training pro Woche inklusive vieler Entbehrungen. Unsere Spieler kommen aus den Leistungszentren der großen Vereine. Sie sind dieses Pensum seit klein auf gewöhnt. Bei uns im Nachwuchs wird zwei- höchstens dreimal trainiert. Unsere C- und B-Jugenden spielen in der Landesklasse und unsere A-Jugend gar nur auf Kreisebene. Das Leistungsniveau ist viel zu gering. Der Sprung in den Oberliga-Kader ist da sehr groß. Trotzdem glaube ich, dass unser Verein in den letzten Jahren auch im Nachwuchs wieder einen Schritt nach vorn gemacht hat. Unser Ziel muss es sein, in absehbarer Zeit alle Mannschaften im Großfeldbereich in die Landesliga zu führen. Unsere besten Talente sollten aber den Weg in die NLZ nach Dresden, Chemnitz oder Leipzig suchen. Diese Ausbildung kann der BFV einfach nicht bieten. Und wer weiß, ob dann nicht der ein oder andere als Männerspieler wieder zu seinen Wurzeln zurück findet. Aber die Zeiten als der BFV Kader aus Spielern der eigenen Jugend und den umliegenden Gemeinden bestand, sind vorbei. Trotzdem steht die Tür für junge talentierte und willige Spieler immer offen."

Im Wintertrainingslager im türkischen Belek wurde die Mannschaft von mehr als 25 Sponsoren begleitet. Können das weitreichende Netzwerk und der starke Zusammenhalt der BFV-Sponsorenfamilie in Zukunft ein entscheidender Vorteil gegenüber Mitkonkurrenten sein?

Erik Schmidt:
"Das Trainingslager dokumentiert diesen Zusammenhalt jedes Jahr auf das Neue. Es ist jedes Mal ein schönes Erlebnis, dass uns so viele begleiten. Es wäre ohne diese Sponsorengruppe eigentlich auch langweilig und ich hoffe Sie bleiben uns treu und kommen in Zukunft auch wieder mit. Jeder Sponsor ist für uns sehr wichtig und wir müssen alles dafür tun, diese Unterstützung auch zu rechtfertigen. Deshalb war und ist es sehr wichtig, dass wir weiterhin unsere Professionalität in diesem Bereich ausbauen. Tommy Klotke und Frank Lippmann arbeiten intensiv daran und diesen Weg sollten wir unbedingt weiter fortführen."

Mirko Ledrich:
"Es ist sicherlich eine außergewöhnliche Konstellation beim BFV das der Zusammenhalt unter den Sponsoren so eng ist. Das man sich auf einen so großen Pool an Unterstützern verlassen kann, ist auf jeden Fall kein Nachteil. Dabei war ja nur ein kleiner Teil unserer Sponsoren mit in der Türkei. Aber wie gesagt, um das Ziel Regionalliga anzugehen müssen wir in allen Bereichen zulegen. Ich denke da besonders an das Bereitstellen von Ausbildungsplätzen und Arbeitsverhältnissen für unsere Spieler aber auch für Trainer und Talente aus dem Nachwuchs."


Mit Chemie Leipzig, Merseburg, VFC Plauen und Germania Halberstadt hat euer Team in den nächsten Spielen gleich vier Schwergewichte der Oberliga vor der Brust. Wie gefährlich ist dieses Auftaktprogramm für den weiteren Saisonverlauf?

Erik Schmidt:
"Theoretisch ist es egal in welcher Reihenfolge die Gegner kommen. In der Hinrunde
waren alle Spiele für uns eine Herausforderung. Es gab nur schwere Spiele. Wir müssen uns dieser Herausforderung stellen. Unabhängig vom Gegner baut man sich am Anfang das Selbstvertrauen auf. Jedes Jahr gibt es in allen Ligen Beispiele von Mannschaften, die am Anfang etwas Glück hatten und dann plötzlich ein positives Ergebnis nach dem Anderen erzielen, obwohl man Ihnen das gar nicht zugetraut hat. Diese Beispiele gibt es natürlich auch im negativen Sinn. Wenn wir gegen diese oberen Mannschaften gut mithalten und Punkte erzielen können, dann werden wir das Selbstvertrauen für die kommenden Spiele aufbauen. Das muss trotz der starken Gegner unser Ziel sein. Wir haben die Qualität gegen Jeden zu bestehen."

Mirko Ledrich:
"Ich glaube nicht, dass es ein Nachteil ist gleich gegen die direkte Konkurrenz antreten zu müssen. So sind die Sinne gleich zu Beginn geschärft. Ändern können wir es eh nicht, da der Spielplan nun mal so ist. In den letzten beiden Testspielen gegen Bautzen und Neugersdorf hat unsere Mannschaft gezeigt, dass man mit individuell stärkeren Teams mithalten kann. Wir können doch ohne Druck in diese Duelle gehen. Ich sehe uns gegen diese Mannschaften nicht in der Favoritenrolle. Trotzdem werden wir versuchen unsere beste Performance auf den Platz zu bringen und dann wird man sehen."

Vielen Dank für das angenehme Gespräch.

Aufrufe: 025.2.2017, 09:34 Uhr
PM BFV 08Autor