2024-05-10T08:19:16.237Z

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Der in Fürth lebende Toni Winkler (Mitte) in seinem Element: Auf seiner dreiwöchigen Reise durch China machte er sich ein Bild von der Nachwuchsarbeit in dem riesigen Land und erntete dafür das Lächeln dieser jungen Spielerinnen. Fotos: privat
Der in Fürth lebende Toni Winkler (Mitte) in seinem Element: Auf seiner dreiwöchigen Reise durch China machte er sich ein Bild von der Nachwuchsarbeit in dem riesigen Land und erntete dafür das Lächeln dieser jungen Spielerinnen. Fotos: privat

Toni Winkler: Aus Fürth ins Reich der Mitte

Er trainierte schon in Feucht, Erlangen und Laubendorf - inzwischen sammelt der Coach im Fußball-Boomland China viele Eindrücke

China schickt sich an, die neue Macht im Fußball zu werden. Davon zeugen nicht nur die Millionen-Angebote für Stars wie Lukas Podolski in dieser Win­tertransferperiode. Der Fürther Toni Winkler (60) war für das „Deutsche Fußball-Internat“ Bad Aibling vor Ort, um sich ein Bild von der dortigen Ent­wicklung zu machen.

Fünf Wochen lang ist der Fürther Fußballtrainer Toni Winkler mit seinem dreiköpfigen Team durch das Land gereist, das gerade dabei ist, in fußballerischer Hinsicht aufzurüs­ten. Die Chinese Super League, das Pendant zur deutschen Bundesliga, machte in den vergangenen Transfer­perioden vor allem durch die Ver­pflichtung von Stars auf sich aufmerk­sam.

Dabei gaben die Vereine im vergan­genen Winter mehr Geld aus als die der englischen Premier League. „Da wird sich was tun“, weiß der 60-jähri­ge Winkler und meint damit auch die erst im November beschlossene Koope­ration zwischen dem Deutschen Fuß­ballbund (DFB), der Deutschen Fuß­ball- Liga (DFL) und dem Verband Chinas. Auch die deutsche und die chi­nesische Regierung haben sich auf eine Zusammenarbeit für die nächs­ten fünf Jahre geeinigt.

Dass gerade Winkler sich auf die Spuren des spannendsten Projekts in der momentanen Fußballwelt machen darf, ist seiner Vita geschuldet: Der gebürtige Wilhelmsdorfer gilt als abso­luter Fachmann. Als Torhüter hatte er großen Anteil am Aufstieg des TSV Vestenbergsgreuth bis in die Bayern­liga, saß beim 1.FC Nürnberg auf der Bank und ließ die aktive Karriere bei der SG Quelle Fürth ausklingen.

Als Trainer stand er beim BSC Erlangen, 1.SC Feucht und im Junio­renbereich der Sp Vgg Greuther Fürth an der Seitenlinie. Seine letzten bei­den Stationen waren die Sportfreun­de Laubendorf und die Frauenmann­schaft des Kleeblatts. Derzeit ist er im „Bund deutscher Fußballlehrer“ und im Trainerstab der U16 der SpVgg.

Und nun war er für das „Deutsche Fußball-Internat“ in Bad Aibling (DFI) in China. Nach dieser Reise sieht er im Konstrukt der ersten chine­sischen Liga lediglich „ein Geschäft“, das als Zugpferd zwar gut geeignet sei. „Für die Langfristigkeit benötigt man aber unbedingt eine Basis.“ An dieser Stelle setzt die Arbeit seines Teams an.

Begeisterung ist spürbar

Der Fußball ist auch wegen des Engagements der Regierung an Kin­dergärten, Schulen und Universitäten angekommen. „Die Fußballbegeiste­rung ist durchaus zu spüren“, berich­tet Winkler. Doch reicht die Begeisterung allei­ne nicht aus. Fehlende Infra- und Ver­bandsstrukturen sowie wenige Wett­bewerbe sind die größten Probleme bei der Entstehung eines organisier­ten Fußballbetriebs in diesem riesigen Land. Zwar besäße nahezu jede Schu­le einen Fußballplatz, doch seien die nicht mit dem zu vergleichen, was hier­zulande als Fußballplatz gilt.

„Ein Platz mit Rasen ist die Ausnah­me – und dann ist das auch kein Rasen, wie wir ihn kennen. Die kunst­rasenähnlichen Beläge sind hart wie Beton. Die Größe der Felder ist schlichtweg vom Platz abhängig, der zur Verfügung steht“, beschreibt Winkler. Zudem kämen einige Jugend­liche mit Jeans zum Training, Umklei­dekabinen seien oft nicht vorhanden. Als Schiedsrichter fungieren die Trai­ner, und Vereinsorganisationen seien ebenfalls nicht gegeben.

Das muss nicht überall so sein: Die Unterschiede innerhalb Chinas sind groß. Die Stadt Ürümqi mit 2,6 Millio­nen Einwohnern in der Provinz Xing Jiang im Nordwesten des Landes ist für Winkler und sein Team, das vor Ort ständig von Übersetzern begleitet wurde, ein positives Beispiel für die Entwicklung einer fußballerischen Infrastruktur.

Ein Strukturproblem

„Dort haben wir noch relativ viel Struktur vorgefunden. Verbandsähnli­che Organisationen und von Schulen veranstaltete Wettbewerbe im Jugend­bereich beispielsweise“, sagt er und schränkt gleichzeitig ein. „Das ist nicht der Normalfall.“ Auch das sport­liche Niveau ist für Winkler ausbaufä­hig. „Vereinzelt waren Jungs dabei, die es hier vielleicht in der Landesliga oder der Bayernliga schaffen wür­den.

Auffällig sei gewesen, dass die Jugendlichen im technischen Bereich und der Ballbehandlung Anlagen gezeigt haben, die durchaus für eine „gute technische Grundausbildung“ sprechen. „Wo es erhebliche Probleme gibt, ist vor allem das taktische Ver­ständnis – das geht gegen Null – oder beim Passspiel und beim Torab­schluss“, schätzt er den fußballeri­schen Stand ein. Mit dem ersten Besuch in China solle neben dem sport­lichen auch das organisatorische Wis­sen vermittelt werden.

„Es ging uns zunächst einfach dar­um, zu erklären, wie der Sport in Deutschland organisiert ist, und einen Überblick zu geben. Stützpunktsys­teme, Verbandsstruktu­ren, Trainingsmethoden, Spieler- und Traineraus­bildung – wir wollen unser theoretisches und praktisches Knowhow weitergeben“, fasst er die Arbeit vor Ort zusam­men. Nicht zuletzt durch seine Tätigkeiten beim „Bund deutscher Fuß­ball- Lehrer“ und am Nachwuchsleistungszen­trum des Kleeblatts ist er mit den organisatori­schen und didaktischen Entwicklungen im modernen Fußball ver­traut.

Als Entwicklungshilfe möchte Winkler die Arbeit jedoch nicht ver­standen wissen. Systeme seien nicht übertragbar – auch China müsse seinen eigenen Weg finden. „Dabei wollen wir einfach hel­fen.“ Hilfreich sei dabei, dass sich die chi­nesischen Verantwortlichen des eige­nen, geringen Niveaus bewusst und für jede Information dankbar seien. „Der Weg in China ist grundsätzlich der richtige. Die Kombination aus Interesse, Begeisterung und der politi­schen und finanziellen Förderung ist eine gute Voraussetzung.“ Jener Besuch in China war für Wink­ler nur der Anfang. 2017 möchte der pensionierte Verwaltungswirt wieder dorthin reisen und die Zusammen­arbeit stärken. „In einem zweiten Schritt soll es dann konkreter werden. Trainer- und Spielerausbildungen vor Ort, Kooperationsverträge und letzt­endlich auch das Scouting auf diesem neuen Markt werden in Zukunft in Angriff genommen“, blickt er voraus und freut sich auf die „beiderseitige Bereicherung, die die Sprache Fuß­ball leisten kann“.

Aufrufe: 03.1.2017, 11:44 Uhr
Bastian Perlitz (Fürther Nachrichten)Autor