Sportchef Keller hat nach eigener Aussage mit der Kritik gerechnet: „Ich bin mir bewusst, dass diese Entscheidung bei einigen Fans auf Unverständnis stoßen wird. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass es der richtige Schritt für die Entwicklung des Vereins ist. Der Weg mit dem geringeren Widerstand wäre es gewesen, mit dem Trainer zu verlängern.“ Mit dem Laufpass für Stratos wurde gleichzeitig die Messlatte für dessen Nachfolger ziemlich hochgelegt und ein Thema geschaffen, das die Kritiker auf den Plan ruft. „Es ist traurig“, „wie das jetzt abgelaufen ist“, sagt Stratos. Überrascht sei er von der Entscheidung aber nicht mehr gewesen. Der Deutsch-Grieche will dies schon in den letzten Tagen gespürt haben: „Man konnte das den Verantwortlichen im Klub die ganze Zeit über schon im Gesicht ablesen.“
Thomas Stratos im Gespräch mit TVA
Dabei hat der 47-jährige Ex-Bundesligaprofi mit dem Klassenerhalt und der damit verbundenen Planungssicherheit vorzeitig alle internen Vorgaben erfüllt. Stratos, ein Liebhaber des eleganten Kurzpassspiels, hat der Mannschaft ein klares System eingeimpft und lässt attraktiven Fußball spielen. Dennoch gab es seitens des Vereins kein Signal für eine Vertragsverlängerung. Manche Unterredungen mit Sportchef Keller seien meist nur ein unverbindlicher Austausch von Gedanken gewesen, erzählt Stratos, „nie war von Zukunftsplanung die Rede“.
Erst beim finalen Gespräch am Dienstagabend, als für Stratos das Aus kam, sei es konkret geworden. Stratos hätte indes aus mehrerlei Gründen schon vorgewarnt sein müssen. Denn er ist nach eigener Aussage nicht darüber informiert worden, bei welchen Spielern auslaufende Verträge verlängert werden. Außerdem habe er nichts davon gewusst, dass Sportchef Keller mit Stephan Lobouè, dem Keeper des Ligakollegen Wacker Burghausen, für die neue Saison verhandelt.
Trotz allem, so sagt der Coach, werde er Regensburg mit der Erinnerung an „eine schöne Zeit“ verlassen. „Ich behalte eine gute Mannschaft im Gedächtnis und nette und tolle Leute aus dem Umfeld des Vereins.“ Was das Restprogramm betrifft, so werde er bis zum Saisonende vernünftig weiterarbeiten. „Die Jungs sollen weiter Spaß am Fußball haben. Ich will mit ihnen gemeinsam noch ein paar Punkte mehr holen.“ Auf die Frage, wie die Mannschaft darauf reagiert habe, erzählte der Trainer, „dass einige Spieler, darunter auch welche, die ihren Vertrag bereits verlängert haben, nachdenklich wirkten und es nicht verstehen können“. Zu seiner eigenen Zukunft meinte Stratos: „Jetzt kann ich ja links und rechts schauen. Ich warte mal ab, welche Angebote von anderen Vereinen für mich kommen.“
Auf einer Pressekonferenz am Mittwochnachmittag erläuterte Keller seine Entscheidung persönlich. Zunächst stimmte er ein umfassendes Loblied auf Stratos an. Dieser habe tolle Arbeit abgeliefert und auch menschlich habe es mit ihm gepasst. Die Frage, warum es dann dennoch nicht dem Coach weitergeht, wollte Keller allerdings auch hier nicht beantworten: „Das bleibt intern, alles andere wäre unprofessionell.“ Entlocken ließ er sich nur, dass Gespräche mit dem Trainer ergeben hätten, „dass wir bei den Vorstellungen über die Zukunft des Jahn nicht zusammenkommen“.
Keller räumte auch von Vereinsseite mit den Gerüchten auf, dass Stratos noch keinen Trainerschein habe. Ende Mai gehe Stratos’ Ausbildung zu Ende, sagte Keller, „und dann hat er aller Voraussicht nach den Fußballlehrerschein“. Bislang habe Stratos, wie im Profifußball üblich, während der Ausbildung dank einer Ausnahmegenehmigung vom Verband arbeiten dürfen. Völlig anderer Ansicht sind Keller und Stratos allerdings über die Inhalte ihrer persönlichen Gespräche. Der Sportchef sagte, dass der Trainer sehr wohl über Personalplanungen informiert wurde und diese auch mit ihm abgestimmt wurden.
Keller erklärte, dass der Jahn noch mit keinem anderen Trainer Vertragsgespräche geführt habe: „An den aktuellen Spekulationen ist gar nichts dran.“ Er lässt sich bei der Trainersuche ohnehin noch etwas Zeit. Spätestens zum Trainingsstart für die neue Saison am 15. Juni soll der neue Coach vorgestellt werden, sagte der Sportchef. Keller gibt sich übrigens kämpferisch. Dass ihn persönlich nun die ganze Kritik treffen wird, wenn es in der kommenden Saison nicht läuft, sei ihm bewusst, meinte er. Das dicke Fell dazu habe er aber: „Das muss ich auch haben, sonst wäre ich hier fehl am Platz.“