2024-05-02T16:12:49.858Z

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So kennen die Fans ihren Holger Betz: im laubfrosch-grünen Dress, den Ball stets im Blick. Seit 20 Jahren spielt er als Aktiver im Tor der Spatzen.  Foto: Horst Hörger
So kennen die Fans ihren Holger Betz: im laubfrosch-grünen Dress, den Ball stets im Blick. Seit 20 Jahren spielt er als Aktiver im Tor der Spatzen. Foto: Horst Hörger

Ein Vizeweltmeister der anderen Art

Spatzen-Oldie Holger Betz steht als Aktiver seit 20 Jahren im Ulmer Tor

Er ist meist der Letzte, der aufs Spielfeld läuft, eine Minute bevor der Schiedsrichter die Partie anpfeift. Das hat sich Spatzen-Torhüter Holger Betz als Altgedienter verdient. Er spielte schon im Ulmer Team, als beispielsweise Pierre Fassnacht, Volkan Celiktas oder Vinko Sapina, Mitglieder des momentanen Regionalligateams des SSV Ulm 1846, noch gar nicht geboren waren. Seit 24 Jahren trägt Betz, der am 16. Mai 39 geworden ist, das Trikot der Spatzen und das seit 20 Jahren im Aktivenbereich. Als aktiver Spieler länger immer ohne Pause im gleichen Verein ist – zumindest in den höheren Ligen – weltweit nur einer: Mittelfeldspieler Christos Pogiatzi vom zypriotischen Erstliga-Klub Ethnikos Achnas. Der hat es gemäß einer Statistik auf der Internetseite www.transfermarkt.de (Wettbewerbe/Die treuesten Spieler) nun schon auf 22 Jahre gebracht.

Ach, wie viel Aufsehen gab es, als kürzlich der Mittelfeldspieler von AS Rom, Daniele de Rossi, seinen Profivertrag um zwei Jahre bis 2019 verlängert hat. Nun ja, der Italiener ist seit 15 Jahren Profi bei seinem Verein – eine lange Zeit. Aber was ist das gegen die 20 Jahre, die Holger Betz ein SSV-ler ist? Ganz zu schweigen von den 22 Jahren von Christos Pogiatzi in Achnas. Von diesen vereinstreuen Spielern spricht – fast – keiner. Nun, Betz und Pogiatzi haben jeweils nur einen Marktwert von 25.000 Euro. Da spielt die Nummer drei der Treuen, der 38-jährige Japaner Mitsuo Ogasawara (200.000) schon in einer anderen finanziellen Liga. Die richtig teuren Spieler aber kommen in der Rangliste der Vereinstreuen erst weiter unten. Der Spanier Andrés Iniesta (FC Barcelona/30 Millionen Euro) wird zum Beispiel mit 16 Jahren an Position 24 geführt, Daniele de Rossi (drei Millionen) an 46.

Der argentinische Nationalspieler Lionel Messi (120 Millionen) ist aber immerhin auch schon seit dreizehneinhalb Jahren beim FC Barcelona. Ein anderer weltbekannter Spieler, Wayne Rooney (Manchester United/20 Millionen), bringt es auf 13 Jahre ständige Vereinszugehörigkeit und der Torhüter-Kollege von Holger Betz, der Italiener Gianluigi Buffon, wie der Ulmer 39 Jahre alt und noch zwei Millionen Euro wert, auf 16 Jahre bei Juventus Turin (Rang 27). Samstag will er gegen Real Madrid Champions-League-Sieger werden.

Die prominenten deutschen Spieler werden bis auf eine Ausnahme nicht in der Liste der 150 vereinstreuesten Spieler geführt. Roman Weidenfeller, ebenfalls Torhüter, spielt jetzt schon seit 15 Jahren für den just gekürten deutschen Pokalsieger Borussia Dortmund. Der Marktwert des 36-Jährigen beträgt noch eine Million. Philipp Lahm zum Beispiel hätte es bei Bayern München auch auf 15 Profijahre gebracht, wenn er nicht von 2003 bis 2005 von den Bayern an den VfB Stuttgart ausgeliehen worden wäre. Von den deutschen Spielern kommt Frank Steigelmann, Torwart beim Ligarivalen der Spatzen, FK Pirmasens, Betz am nächsten. Er steht bei seinem Verein seit 19 Jahren zwischen den Pfosten. Während der Ulmer Keeper seinen Vertrag bis 2018 verlängert hat, ist der von Steigelmann jetzt ausgelaufen. Cristiano Ronaldo (Marktwert 100 Millionen Euro), um zu den Weltstars zurückzukommen, hat in der Bestenliste der Vereinstreuen keinen Platz. Verbrachte er seine Jugend und das erste Profijahr bei Sporting Lissabon, wechselte er 2003 zu Manchester United, blieb dort sechs Jahre und kickt jetzt seit 2009 für Real Madrid. Auch schön.

Warum bleibt ein Spieler eigentlich so lange bei ein und demselben Verein? Holger Betz, der seine Stärken auf der Linie hat, der viele Jahre Kapitän der Mannschaft war und der alle Höhen und Tiefen wie Bundesliga-Auf- und -Abstieg, Insolvenzen und WFV-Pokalgewinne erlebt hat, gibt darauf Antwort: „Also zunächst muss man das gar nicht so publik machen. Die Fans machen sich eine Gaudi draus, für mich ist das eigentlich nicht wichtig. Die Motivation, zu einem anderen Verein zu gehen, war nie wirklich da. Ich bin auf einer anderen Schiene gefahren. Ich habe hier im Verein eine Ausbildung angefangen und habe inzwischen einen Führungsposten als kaufmännischer Leiter im Fitnesscenter des SSV.“

Irgendwann war der Profifußball, den Betz, als Jugendlicher vom SV Tiefenbach nach Ulm gekommen, in der zweiten Liga 1998/1999 als zweiter Torhüter hinter Philipp Laux und nach dem Abstieg aus der Bundesliga 2000/2001 hinter dem Schweizer Andreas Hilfiker hautnah erlebte, kein Thema mehr. Betz war dann bei den Spatzen seit 2001 fast immer die Nummer eins im Tor. Heute sagt er: „Ich fühle mich fit und habe Spaß mit dem Team. Aber den Spieler aus Zypern muss ich nicht übertreffen.“ Sein Trainer Stephan Baierl weiß genau: „Auf Holger ist immer Verlass.“

Aufrufe: 04.6.2017, 12:42 Uhr
Neu-Ulmer Zeitung / Stefan KümmritzAutor