2024-05-02T16:12:49.858Z

Aufreger der Woche
Bisher Weggefährten, nun  Gegner? Gerd Andrae (links) und Werner Bartel. Foto: Archiv Stefanie Käfferlein
Bisher Weggefährten, nun Gegner? Gerd Andrae (links) und Werner Bartel. Foto: Archiv Stefanie Käfferlein

Spvgg Möhringen: Andrae wirft hin

Möhringens Fußballchef wirft das Handtuch - wie geht es nun weiter?

Der Fußballchef der Spvgg Möhringen zieht nach internen Meinungsverschiedenheiten über die Ausrichtung der Abteilung seine Konsequenzen. Der vermeintliche Gegenspieler Werner Bartel zeigt sich "sehr überrascht".

Vor knapp drei Jahren, der 100. Geburtstag der Sparte Fußball im Verein stand kurz bevor, hat Gerd Andrae seine Langzeitverbundenheit zur Spvgg Möhringen und die Besonderheit seines Clubs wie folgt erklärt: ,,Die Atmosphäre ist familiär. Jeder arbeitet Hand in Hand." Es darf angenommen werden, dass er diese Sätze heute nicht mehr so formulieren würde. Klar ist: in der ,,Familie" sind Risse entstanden. Nun ist es zum Zerwürfnis gekommen: Andrae hat seinen sofortigen Rücktritt als Abteilungsleiter erklärt - dies nach 17 Jahren im Amt. Was hinter den Kulissen vorgefallen ist, darüber gehen die Darstellungen auseinander.

Unstrittig notieren lässt sich, dass es interne Meinungsverschiedenheiten über die Ausrichtung der Abteilung gab. Auf der einen Seite war Andrae, für den feststand: weiter wie bisher. Das heißt: bescheiden, bodenständig und bemüht im Rahmen der vorhandenen Mittel. Letztere, daraus hatten die Möhringer nie einen Hehl gemacht, sind an der Hechinger Straße knapp. ,,Wir haben nun einmal nicht die finanziellen Grundlagen wie viele Konkurrenten. Und so lange wir die nicht haben, muss die Bezirksliga als Spielklasse reichen", sagt Andrae. Schließlich wolle er nicht mit abenteuerlichen Aktionen irgendwann zum Totengräber des Vereins avancieren. Eben in der Stuttgarter Bezirksliga kickt die erste Mannschaft seit 2006 ohne Unterbrechung, auch in der aktuellen Saison wieder mit dem primären Ziel Klassenverbleib.

Dem Abteilungsleiter fehlt es an Visionen

Auf der anderen Seite hat sich eine Fraktion der Kritiker gebildet, die sich mit dieser aus ihrer Sicht demonstrierten Ergebenheit in die Situation offenbar nicht länger abfinden wollte und will. Deren, wenn auch nicht selbst ausgesprochenes Motto: graue Maus Spvgg Möhringen - warum eigentlich? Der von Andrae wahrgenommene Vorwurf: ihm fehle es an Visionen. Es sei nur ein Auf-der-Stelle-Treten statt Fortschritt zu erkennen. Offen konfrontiert wurde Andrae damit nach eigener Aussage erstmals vor rund drei Wochen. Seitdem habe er ,,ständige Nadelstiche verspürt, die zuletzt auch ins Persönliche gingen". ,,Das hat sehr weh getan und war sehr enttäuschend", sagt der 51-Jährige, der in seiner Demission die nötige Konsequenz sieht. ,,Jetzt sollen die anderen zeigen, dass sie es besser können."

So zumindest hat Andrae die Dinge empfunden - dies freilich zur ,,großen Überraschung" der Frontfigur jener erwähnten ,,anderen", namentlich Werner Bartel. Selbiger war bis Mitte Oktober noch erfolgreicher Möhringer Fußball-Jugendleiter, bekleidet den Posten seitdem kommissarisch und spricht von einem ,,stets sehr guten und loyalen Verhältnis", das man gehabt habe. Niemand habe Andrae angreifen wollen. Und niemand habe gefordert, ,,dass die Erste jetzt plötzlich in der Landesliga kicken muss". Die Probleme und die zugleich großen Aufgaben sieht Bartel in einem ganz anderen Bereich. ,,Wir haben in der Jugend ungeheuer expandiert und tolle Erfolge gefeiert, sind aber mit den Strukturen hinterher", sagt er. Beispiel Platzsituation. Beispiel Zahl der engagierten Trainer. Beispiel dann natürlich auch Finanzen, sprich Sponsorengelder. Dies seien die anzupackenden Herausforderungen, nicht zuletzt, um den eigenen Talenten eine Perspektive bieten zu können.

Kein kompletter Schlussstrich

Was man sich fragen darf: wäre Andrae nach Bartels Einschätzung und der seiner Mitstreiter hierfür weiter der Richtige gewesen? Gab es womöglich eben doch ein indirektes Rütteln am Stuhl des Amtsinhabers? Bartel sagt es so: ,,Es ist schade, dass sich der Gerd durch diese Themen so in eine Ecke gedrängt gefühlt hat" - und er schließt nicht aus, dass er nun selbst für die vakant gewordene Stelle kandidiert. Neuwahlen sollen im Januar sein. Bis dahin übernimmt Steffen Müller die Verantwortung interimsweise. Er, zugleich stellvertretender Vereinsvorsitzender und Torjäger des Bezirksliga-Teams, hält sich einstweilen ,,lieber bedeckt". Man wolle jetzt alles erst einmal in den eigenen vier Wänden klären - so weit das in Anbetracht der bereits unliebsam an die Öffentlichkeit gedrungenen Begebenheiten halt noch möglich ist.

Andrae gedenkt es aus der Distanz zu verfolgen, allerdings keiner allzu großen. Ein kompletter Schlussstrich? Nein, das wäre ihm doch zu heftig. Ebenfalls als Vereinsvizechef sowie Co-Trainer und Betreuer der Fußballer bleibt er seiner Spvgg Möhringen bis auf Weiteres erhalten. So viel unverändert familiäre Verbundenheit nach insgesamt gar 30 Jahren im Verein dann doch.

Aufrufe: 026.11.2014, 11:00 Uhr
Filder-Zeitung / Franz StettmerAutor