2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligavorschau
Sommer am Birkenberg: Tim Kuhn (hinten) und die übrigen Spieler des Bezirksligisten FC Leverkusen kennen die Tücken ihres in die Jahre gekommenen Aschenplatzes., Foto: Uli Herhaus
Sommer am Birkenberg: Tim Kuhn (hinten) und die übrigen Spieler des Bezirksligisten FC Leverkusen kennen die Tücken ihres in die Jahre gekommenen Aschenplatzes., Foto: Uli Herhaus

Sommer mit hoher Handy-Rechnung

Der FC Leverkusen hat kurzfristig den Trainer gewechselt und will in die Spitzengruppe

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Leverkusen. Jetzt, mit ein paar Tagen Abstand, kann Michael Kunz über die Ereignisse des vergangenen Monats schmunzeln. Auch wenn es ihm immer noch eine Menge Selbstironie abverlangt. Vor einigen Wochen sah das noch anders aus. Im Griechenland-Urlaub erreichten den Vorsitzenden und Mäzen des Fußball-Bezirksligisten FC Leverkusen alles andere als gute Nachrichten

Die Ferien-Stimmung war dahin, als er ohne große Vorwarnung erfuhr, dass gleich sieben fest eingeplante Spieler seines Kaders den Klub verlassen beziehungsweise nie im Leverkusener Trikot auflaufen würden: Nermin Celikovic, der nicht nur als Spieler, sondern auch als Co-Trainer beim FC tätig war, Granit Rama, Oliver Noster, Daniel da Silva und Abraham Tedros hatten sich abgemeldet, die vereinbarte Verpflichtung von Calar Bahadori (Sportfreunde Troisdorf) und Keeper Patrick Boley (SC West Köln) war hinfällig geworden. „Das war eine nette Überraschung. So etwas habe ich bislang noch nicht erlebt”, sagt er, „mir war schnell klar, dass der Mann, der diese Jungs geholt hat, davon wissen musste, mich aber nicht informiert hat.”

Der Mann, den Kunz meint, ist Coach Ali Meybodi, der selbst erst vor wenigen Monaten das Erbe von Marcus Feinbier angetreten hatte. Das Vertrauensverhältnis war dahin. Kunz feuerte Meybodi und erfuhr kurz darauf, dass dieser, wie auch die meisten der genannten Spieler, binnen kürzester Zeit beim Landesligisten Hilal Maroc Bergheim eine neue Heimat gefunden hatte. „Mit kann keiner erzählen, dass das Zufall war. Das war von langer Hand geplant”, sagt er. Kunz widmete Meybodi eine letzte, wie er sagt, offene Mail und seitdem herrscht Funkstille zwischen den beiden. Ruhe aber kehrte nicht ein. Noch im Urlaub begann der Vorsitzende damit, die Weichen neu zu stellen. „Das waren hektische Tage und meine Handy-Rechnung ist ganz schön hoch”, sagt er. Doch mit dem Ergebnis seiner Bemühungen ist er zufrieden.

Udo Dornhaus, der zuvor vier Jahre den SC Reusrath betreute, übernahm das Team. „Er stand kurzfristig zur Verfügung und passt perfekt zu uns”, sagt Kunz über den Neuen an der Seitenlinie. Erfahren, sachlich, ein Liebhaber ausgefeilter Taktiken sei Dornhaus und vor allem ruhig. Ohnehin sei auch durch den Abschied der in der Winterpause verpflichteten Meybodi-Fraktion im Kader (nur Etienne Fanga-Essindi und Abdullah Yildizlar sind geblieben) wieder Ruhe eingekehrt. „Da war es eine glückliche Fügung für uns, dass wir Dornhaus holen konnten.”

Die Vorschusslorbeeren werden den neuen Trainer des FC Leverkusen freuen. Doch letztlich wird sich Dornhaus, der einst für Union Solingen in der Zweiten Liga spielte, an den unverändert ehrgeizigen Zielen seines Chefs messen lassen müssen. „Wir wollen um den Aufstieg mitspielen”, betont Kunz.

Sein neuer Trainer weiß um die Ambitionen des Klubs, bemüht sich aber, den Druck für Spieler und sich selbst nicht allzu groß werden zu lassen: „Nach diesem Ereignissen müssen wir uns erst einmal als Mannschaft finden und diese Phase unbeschadet überstehen. Ich kann jedenfalls nicht nachvollziehen, wenn andere in meiner Elf jetzt schon einen Titelanwärter sehen.”

Von der Klasse seiner Mannschaft ist er indes grundsätzlich überzeugt. Auch wenn der Kader nur noch 21 Akteure umfasst und er selbst auf die Personalplanung keinen Einfluss mehr nehmen konnte. „Die Frage ist nur, ob und wann es gelingt, das Potenzial abzurufen”, sagt der 53-Jährige. Bei diesem Unterfangen hat er einige Schwierigkeiten ausgemacht.

Der schlechte Aschenplatz am Birkenberg, die fehlenden Räumlichkeiten für Teambesprechungen, die zeitlich begrenzten Kapazitäten bei der Nutzung der Anlage. „Das sind alles keine leichten Bedingungen. Wir finden kaum Gegner, die Lust haben, auf unserem Platz ein Testspiel zu bestreiten und die Verletzungsgefahr ist groß, aber das alles war mir ja vor meiner Zusage bekannt und damit muss ich klarkommen”, erklärt Dornhaus.

Auf der anderen Seite hat das Engagement in Leverkusen auch seine guten Seiten: Im Gegensatz zu seinem bisherigen Klub aus Reusrath hat der Trainer beim FC den Willen der Verantwortlichen ausgemacht, das Team in die Landesliga zu führen.

Dazu will Dornhaus mittelfristig seinen Teil beitragen, auch wenn er betont, dass zum Aufstieg mehr als gute Einzelspieler und große Ambitionen der Klubführung nötig sind: „Da muss einiges passen, die Spieler müssen gesund bleiben, variabler werden, sich disziplinierter verhalten und natürlich eine Einheit bilden.”

Der einstige Zweitliga-Akteur bezeichnet sich selbst als Anhänger des Offensivfußballs, „aber ich will, dass jeder auch mit nach hinten arbeitet”, sagt er. Bislang ist er mit der Umsetzung verhältnismäßig zufrieden. Die nächste Chance, weitere Fortschritte beim taktischen Verhalten zu erzielen, kommt am Sonntag. Dann steht ein Testspiel beim Ex-Klub in Reusrath (13 Uhr) an.

Einige Ligakonkurrenten sieht er noch im Vorteil — insbesondere den Lokalrivalen SV Schlebusch. „Dieses Team ist für mich der Favorit Nummer eins”, sagt er über den Klub, der ausgerechnet von einem Kollegen betreut wird. SV-Coach Stefan Müller ist nämlich wie auch Dornhaus für den Leverkusener Energieversorger tätig. Damit hat der Trainerwechsel in Leverkusen mindestens eine gute Seite: das Derby gegen Schlebusch erhält ein wenig zusätzliche Brisanz.

Kader:

Zugänge: Stelios Kalatoudis (TFC Köln), Thomas Betz (Gencler Opladen).
Abgänge: Alexander Baulig (1. FC Niederkassel), Nermin Celikovic, Granit Rama, Oliver Noster, Daniel da Silva (alle Hilal Maroc Bergeheim), Abraham Tedros (unbekannt).

Torwart: Fabian Mettke, Thomas Betz.

Abwehr: Velibor Colovic, Tim Kuhn, Etienne Fanga-Essindi, Alexandros Leontaridis, Kevin Luginger, Papi Ndombele, Sami Saad.

Mittelfeld: Hajredin Bedzeti, Joschka Cürten, Stelios Kalatoudis, Aristote Mambasa Masudi, Keisuke Morikami, Erkan Öztürk, Lesley Petekrey, Ibrahim Rama, Chrisovalantis Tsaprantzis, Schams Scharifi.

Angriff: Ayhan Atar, Hasan Aydin, Abdullah Yildizlar. Trainer: Udo Dornhaus.

Aufrufe: 07.8.2015, 19:51 Uhr
Kölner Stadt-Anzeiger / Wolfram KämpfAutor