2024-05-08T14:46:11.570Z

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Marcel Gebhart (links, im Derby gegen die FSG Wartenberg/Salzschlirf) ist ob seiner Qualitäten eine der Stützen im Team von Trainer Sebastian Schmidt. 	Foto: Zinn
Marcel Gebhart (links, im Derby gegen die FSG Wartenberg/Salzschlirf) ist ob seiner Qualitäten eine der Stützen im Team von Trainer Sebastian Schmidt. Foto: Zinn

Es gibt wichtigere Dinge im Leben als Fußball

KOL FULDA MITTE: +++ Marcel Gebhart von der SG Lauter hat Knochenmark für 18-jährigen US-Amerikaner gespendet +++

Lauterbach. Am Samstag kämpft Marcel Gebhart erstmals in diesem Jahr wieder mit seinen Teamkameraden der SG Lauter in der Fußball-Kreisoberliga Fulda Mitte im Heimspiel gegen die FSG Dipperz/Dirlos um Punkte. Der Grund, weshalb der 26-jährige Innenverteidiger Teile der Vorbereitung und die ersten Restrundenspiele verpasste, ist ein außergewöhnlicher. Der Student hat sich Ende Februar einer Operation unterzogen, um Knochenmark an einen Leukämiepatienten zu spenden.

Die Vorgeschichte liegt drei Jahre zurück. Seinerzeit fand im Eichhofkrankenhaus in Lauterbach eine Typisierungsaktion der DKMS (Deutsche Knochenmarkspenderdatei) für eine an Blutkrebs erkrankte Frau aus dem Vereinsumfeld des TV Maar statt. Für Marcel Gebhart und seine Mitspieler der damaligen SG Maar/Heblos/Wallenrod war es eine Selbstverständlichkeit, seinerzeit geschlossen als Team an der Aktion teilzunehmen. „Ich kann mich noch daran erinnern, wie wir damals alle in unseren Trainingsanzügen im Krankenhaus zum Blutabnehmen waren“, berichtet der Student für Wirtschaftsingenieurswesen. Alle Spieler des Kreisoberligisten bekamen einen Spenderpass. Danach hat er lange Zeit nichts mehr von der Sache gehört, bis plötzlich Mitte Dezember eine Mail der DKMS ins elektronische Postfach des Lauterbachers flatterte. Es sei möglich, dass er der genetische Zwilling eines an Leukämie erkrankten Patienten sei. Mit den alsbald zugeschickten Röhrchen ging es zum Hausarzt, wenig später folgte die Bestätigung: Marcel Gebhart kam als Spender infrage, seine Merkmale stimmten mit denen des um sein Leben kämpfenden Menschen überein. Um wen es sich handelt, erfahren die Spender erst einen Tag nach dem Eingriff. „Ich war völlig perplex, weil ich damit nicht gerechnet hatte, doch ich musste nicht lange überlegen und habe sofort der Knochenmarkentnahme zugestimmt.“

Dann ging es schnell: Vorabcheck und schließlich die eigentliche Operation in der Frankfurter Uniklinik. Unter Vollnarkose wurden dem 1,87 Meter großen Marcel Gebhart 1,2 Liter Knochenmark aus dem Beckenkamm entnommen. „Ich hatte keine Schmerzen, habe nichts gespürt, und auch die beiden Einstiche sind fast gar nicht zu sehen, es waren nur zwei kleine Einstiche zu sehen“, berichtet der Student. Obwohl ihn keine Schmerzen plagten, bekam er Sportverbot auferlegt. Auch Schwimmbad- oder Saunabesuche waren in den ersten Tagen tabu, das Blutbild musste sich erst regenerieren. „In den ersten Tagen war ich abends immer recht schnell müde, hab mich nach kleinster Belastung gleich schlapp gefühlt, doch das hat sich dann schnell gelegt.“

Seine Mitspieler der SG Lauter und Trainer Sebastian Schmidt mussten jedoch einige Zeit auf eine Stütze in der Abwehr verzichten. Gebhart kurierte sich in Darmstadt vollständig aus, da er an seinem Studienort auch am besten seine Masterarbeit schreiben konnte. „Natürlich ist es bitter, auf einen solch wichtigen Spieler verzichten zu müssen, doch seine Entscheidung hat größten Respekt verdient“, sagt Sebastian Schmidt. „Aus der Mannschaft habe ich nur positive Resonanz vernommen“, erzählt Marcel Gebhart.

Als er ein paar Tage nach der Operation erfährt, wem sein Knochenmark transplantiert werden soll, war das Gefühl über die eigene gute Tat noch ein Stück weit größer und intensiver. Beim Leukämiepatienten handelt es sich um einen 18-Jährigen aus Amerika. „Die Nachricht war ein Gänsehautmoment für mich. Ich habe mich sehr gut und auch ein wenig stolz gefühlt, obwohl ja nicht feststeht, ob der junge Mann geheilt werden kann. Ich habe aber zumindest als gesunder Mensch einen Beitrag dazu geleistet, dass er die Chance darauf hat.“ Bald wird Marcel Gebhart erfahren, ob das Übertragen des Knochenmarks erfolgreich war, ob der Körper des jungen Amerikaners die Stammzellen annimmt.

„Es ist schlimm, wenn ein junger Mensch so schwer erkrankt. Ich drücke ihm alle Daumen, dass er wieder gesund wird“, betont der Fußballer der SG Lauter, der sich gut vorstellen kann, zu einem späteren Zeitpunkt Kontakt zu seinem genetischen Zwilling aufzunehmen. Auf dem Sportplatz will er nun auch wieder helfen – und zwar seiner SG Lauter, damit diese nach zwei Niederlagen zum Auftakt der Restrunde das Abrutschen in die Abstiegsregion der Kreisoberliga Fulda Mitte verhindert. Eines ist Marcel Gebhart in den letzten Wochen jedoch bewusst geworden: Es gibt im Leben wichtigere Dinge als Fußball.



Aufrufe: 025.3.2017, 06:00 Uhr
Lauterbacher AnzeigerAutor