2024-05-08T14:46:11.570Z

Ligavorschau
Ailton im Binger Trikot: Hier läuft der "Kugelblitz" Eintrachtler Pascal Missal davon. Rechts: Glody Kuba, damals Bingen, heute SGE.
Ailton im Binger Trikot: Hier läuft der "Kugelblitz" Eintrachtler Pascal Missal davon. Rechts: Glody Kuba, damals Bingen, heute SGE.

Ein Derby mit Geschichte(n)

Unser Blick zurück auf eine besondere Derby-Tradition +++ Tausende Fans, viele Tore, große Namen: Duelle zwischen Eintracht und Hassia sorgen für Schlagzeilen

BAD KREUZNACH / BINGEN. Für die meisten ist es das Derby: Eintracht gegen Hassia – so heißt es auch am Freitag um 19 Uhr wieder auf dem Kunstrasen in Winzenheim. Der Blick in die Fußball-Geschichtsbücher zum emotionsgeladenen Nachbarschaftsknaller zwischen den aktuellen Verbandsligisten aus Bad Kreuznach und Bingen lohnt sich immer wieder. Von Gernot Gaul über Jürgen Wilhelm oder Thomas Reichenberger bis hin zu Jörg Cevirmeci und Gürkan Satici – viele Fußballgrößen der Region trugen schon beide Trikots. Und wenn die Lokalrivalen aufeinandertrafen, lockte es regelmäßig viele Fans ins Stadion.

Der dreifache Sovtic und einmal Ailton

Das jüngste Duell ist noch vielen in Erinnerung – besonders Enes Sovtic: Ausgerechnet der ehemalige Eintrachtler markierte im Hinspiel der laufenden Runde – ebenfalls an einem Freitagabend – alle drei Tore zum vermeintlich deutlichen Binger 3:1-Sieg am Hessenhaus.
Davor hatte man sich aber längere Zeit aus den Augen verloren. In sieben Jahren trafen die beiden Kontrahenten nur einmal im Verbandspokal aufeinander, die Traditionsklubs hatten doch ein heftiges sportliches Auf und Ab durchlebt. In der Saison 2013/14 schoss Ailton die Hassia im Moebusstadion mit 1:0 in die dritte Pokalrunde.

Satici trifft sechsfach in zwei Spielen

In der Verbandsliga spielten beide Rivalen letztmals 2008/09 eine gemeinsame Saison. Es war für die Bad Kreuznacher eine rabenschwarze Spielzeit, an deren Ende die Eintracht sang- und klanglos (zwölf Punkte in 30 Spielen) aus der Verbandsliga abstieg. Sieben Tore gab es seinerzeit im Moebusstadion zu sehen. Zweimal war die SGE – trainiert damals noch von Gerd Menne, der später von Stefan Seidel abgelöst worden war – durch Tim Hulsey und René Mecking in Führung gegangen, um am Ende doch 2:5 zu verlieren. Hassia-Torschützen waren damals noch jüngere, inzwischen alte Bekannte: Gürkan Satici (2), Beytullah Kurtoglu, Sven Petry und Lulzim Krasniqi. Im Rückrundenspiel am Hessenhaus triumphierten die Binger durch vier Treffer von Satici und einem Tor von Christopher Bernabe sogar mit 5:0. Satici spielt heute in Blau. Damals kickte der Torjäger aber in Hassia-Rot – wie auch der aktuelle Binger Trainer Nelson Rodrigues.

Rodrigues geht gegen Bingen leer aus

Der gebürtige Bad Kreuznacher Rodrigues hat natürlich auch eine Eintracht-Vergangenheit, nicht nur Anfang der Neunzigerjahre in A- und B-Junioren-Südwestliga: Der heute 38-Jährige verlor als Aktiver in der Oberliga-Saison 2004/05 allerdings mit der SGE ausgerechnet beide Duelle gegen die Hassia (1:2 und 2:4), jedoch blieb Bad Kreuznach in den drei gemeinsamen Oberliga-Spielzeiten der Neuzeit zwischen 2003 und 2006 in der Abschlusstabelle immer vor den Bingern.
Von den insgesamt sechs direkten Vergleichen gewannen beide je drei. Und es war immer für klare Verhältnisse gesorgt. Unentschieden? Fehlanzeige! 2003/04 endeten die Duelle jeweils 3:0 für die Heimmannschaft. Zwei Jahre später holten die Bad Kreuznacher holten daheim 2:1 und in Bingen 4:0 alle Punkte. Im Jahre 2006 stieg die Hassia aus der Oberliga ab, die Bad Kreuznacher folgten zwei Jahre später.

Nelson Rodrigues im Duell mit David Holste und Lulzim Krasniqi in der Oberliga-Saison 2004/05.

1954: Das Wunder von Bad Kreuznach

Schon im vergangenen Jahrtausend stand in regelmäßigen Abständen das Rhein-Nahe-Derby auf dem Plan. Ein Duell von vielen, das in Erinnerung bleibt, ist ein Meisterschaftsspiel der Ersten Amateurliga 1954. Und das birgt durchaus Motivationscharakter für die SG Eintracht: Die spielte nämlich im Jahr des „Wunders von Bern“ um den Aufstieg in die Oberliga, die höchste deutsche Klasse. Am 13. Februar gewann die SGE mit sage und schreibe 7:1. Die AZ titelte „In vier Minuten war Hassias Schicksal besiegelt“, denn die Kreuznacher waren zwischen der achten und zwölften Minute durch Tore von Jung, Müller und Rockenbach mit 3:0 in Führung gegangen.

An die Schlagzeile oben erinnern sich die Kreuznacher sehr gerne, die Binger weniger: Die Eintracht gewann ihr Heimspiel in der 1. Amateurliga 1954 mit 7:1.


Im Jahr nach dem Abstieg der Bad Kreuznacher aus der Zweiten Bundesliga etwa bestimmte die Eintracht mit der Hassia und der Wormatia ab Sommer 1976 das Geschehen in der dritthöchsten deutschen Spielklasse. Meister der 1. Amateurliga Südwest wurde seinerzeit Worms vor Bingen und Bad Kreuznach. Drei Plätze dahinter übrigens: der FSV Mainz 05. Nette Randnotiz: In dieser Runde 1976/77 ging es aber auch gegen den VfR Kirn um Herrmann und Oliver Holste, die beide heute wieder beim Heimatverein im Moebusstadion in der sportlichen Verantwortung stehen. Man lese und staune, damals war Fußball in der Nahe-Region Publikumsmagnet: Im Moebusstadion sahen 5000 (!) Zuschauer ein 1:1 zwischen der SGE und dem VfR. Am Freitag wird man in Winzenheim schon mit 500 zufrieden sein. Aber auch, wenn es weniger Fans sind: An Reiz hat das Derby nichts verloren.

Drei Kreuznacher Fußballgrößen im Hassia-Trikot: Florian Sohler, Thomas Reichenberger und Irk Halter (von links) Mitte der Neunziger-Jahre, als Fußball an der Nahe noch in Schwarz-Weiß gespielt wurde. Fotos in diesem Artikel: Luge (3) / Kaster (1)

Aufrufe: 027.4.2017, 16:00 Uhr
Mario LugeAutor