2024-05-02T16:12:49.858Z

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Eine Saison voller Enttäuschung für den SC Pfullendorf, die mit dem Abstieg in die Landesliga endet: Patrick Onuoha (li.) und Amadou Marena (re.) sitzen nach einem Spiel deprimiert auf dem Rasen.  SZ-Archiv: Felix Stöldt
Eine Saison voller Enttäuschung für den SC Pfullendorf, die mit dem Abstieg in die Landesliga endet: Patrick Onuoha (li.) und Amadou Marena (re.) sitzen nach einem Spiel deprimiert auf dem Rasen. SZ-Archiv: Felix Stöldt
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Das Flaggschiff ist gesunken

Umfrage zum Abstieg des SC Pfullendorf in die Landesliga Südbaden III

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Pfullendorf - Der Abstieg des SC Pfullendorf in die Landesliga Südbaden steht seit Sonntagnachmittag fest. Beim FC Auggen unterlag die Mannschaft von Trainer Marco Konrad mit 1:2. Der rettende Platz 14 ist somit bereits vor dem letzten Spiel der Saison (Samstag, 15.30 Uhr, zuhause gegen Mitabsteiger Solvay Freiburg) in unerreichbare Ferne gerückt. SZ-Redakteur Oliver Kothmann fragte mal quer durch die regionale Fußballszene, wie der neuerliche Abstieg des Traditionsclubs aufngenommen wurde.

Manfred Vobiller war von 1976 bis 2011 Geschäftsführer des SCP, erlebte die goldenen Zeiten, die im Beinahe-Zweitliga-Aufstieg 2000 gipfelten, hautnah mit: "Das sind für mich jetzt keine schönen Tage. Ausschlaggebend war aus meiner Sicht, dass der Mannschaft einfach die Qualität für den Klassenerhalt gefehlt hat. Es waren zwar ein paar ordentliche Spiele dabei, aber insgesamt war das zu wenig. Jetzt muss der Verein Geld in die Hand nehmen, um wieder hoch zu kommen. Sonst geht es beim SCP langsam aber sicher Richtung Breitensport."

Martin Moßbrucker, Geschäftsführer des neuen Hauptsponsor Extragames, stellt nochmal klar: "Der Abstieg hat keine Auswirkungen auf unser Engagement. Wir investieren in die Zukunft des Vereins. Als SCP-Fan blutet mir natürlich schon ein wenig das Herz. Der Abstieg ist sehr schade für den Verein. Aber er bietet auch Chancen: Vieles kann man jetzt von der Pike auf neu gestalten."

Ex-SCP-Trainer Jörg Goldmann hat auch in dieser Saison wieder zahlreiche Spiele des Sportclubs gesehen, unter anderem das 0:0 bei Meister FC 08 Villingen im Februar: "Da hat Pfullendorf ganz hervorragend gespielt und ich dachte: So steigen die nie ab. Aber es war wohl auch eines der besten Spiele, die sie abgeliefert haben. Sie haben dieses Niveau nicht halten können. Dafür trägt natürlich auch der Trainer die Verantwortung. Jetzt muss im Verein alles auf den Prüfstand, man kann ja nicht einfach so weitermachen wie bisher. Sie müssen neue Spieler holen. Dafür musst du viel unterwegs sein und viele Gespräche führen. Was sind wir früher beim SCP dafür durch die Gegend gefahren. Ich habe nicht unbedingt das Gefühl, dass die das heute auch so intensiv machen."

Ralf Burth, Vorstand Events beim kommenden Derby-Gegner FV Walbertsweiler/Rengetsweiler, sagt: "Ich freue mich zwar auf die Derbys, mir wäre es aber trotzdem lieber gewesen, wenn der SC Pfullendorf nicht schon wieder abgestiegen wäre. Die Vereine in der Region haben ja auch immer von einem starken SCP profitiert, weil er Zugkraft hatte und viele kompetente Leute in die Gegend brachte und auch hier hielt, wie zum Beispiel Patrick Hagg. Das Flaggschiff ist jetzt leider gesunken."

Mitgefühl zeigt auch Gebhard Restle, Vorstand des Bezirksliga-Vierten SV Denkingen: "Das tut mir echt leid. Ich denke, die Gründe für den Abstieg sind letztlich finanzieller Natur. Um die Verbandsliga halten zu können, braucht es gewisse Summen, die dem SC Pfullendorf einfach nicht zur Verfügung standen. Ich finde es aber gut, dass sie nur das Geld ausgegeben haben, was sie hatten und sich nicht finanziell übernommen haben."

Ex-SCP-Mittelfeldspieler Ingo Backert, Spielertrainer bei Bezirksligist FC Kluftern, sieht die Ursachen ähnlich: "Wenn das Geld fehlt, dann kriegst du nicht die Spielerqualität, die du eigentlich brauchst, um deine Ziele zu erreichen. Jetzt haben sie ja einen guten Hauptsponsor, da schaffen sie es bestimmt, wieder aufzusteigen. Ganz so hoch wie früher wird es meiner Meinung nach zwar nicht mehr gehen, aber ich denke, dass der SCP sich bald wieder auf Oberliga-Niveau bewegen wird."


Kommentar von Oliver Kothmann

Der Abstieg in die Landesliga stellt den Tiefpunkt in der fast 100-jährigen Geschichte des SC Pfullendorf dar. Gründe für das sportliche Desaster finden sich auf allen Ebenen: Spieler, Trainer, Management.

Die Mannschaft hätte das Potenzial gehabt, um in der Liga zu bleiben. Doch die Spieler müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie es zu selten abriefen.

Trainer Marco Konrad machte es dem Team aber auch nicht immer leicht. Zu oft mussten zu viele Spieler auf unterschiedlichen Positionen ran. Auch das taktische Konzept blieb oft unklar: Eine offensive Formation (4:4:2) wurde im Kreativzentrum permanent mit defensiv veranlagten Spielern besetzt. Konrad fehlte der Mut, offensiver zu agieren. Spiele, die auf der Kippe standen, endeten so oft remis, allein vier der sechs letzten Partien 1:1.

Sportchef Robert Hermanutz trat als Korrektiv-Instanz kaum in Erscheinung. Und setzte für den noch relativ unerfahrenen Konrad (bis dato erst eineinhalb Jahre Cheftrainererfahrung beim FV Ravensburg) mal eben das Leistungsprinzip außer Kraft, als er ihm mitten im Abstiegskampf den Vertrag verlängerte, statt dafür den Klassenerhalt zur Bedingung zu machen.

Pech hatte der Sportclub, dass Torjäger Omar Jatta in der Winterpause einfach spurlos verschwand, wie er es zuvor schon beim FV Ravensburg und FC 08 Villingen getan hatte. Mit einem Jatta in der Form der Vorrunde hätte es für den Klassenerhalt wahrscheinlich gereicht.

Positiv ist, wie gut beim SCP im wirtschaftlichen Bereich gearbeitet wird. Seit Januar 2016, als das jetzige Vorstandsteam um Präsident Dr. Jobst-Michael Florus die Vereinsgeschicke übernahm, sank der Schuldenberg rapide. Dieser Tüchtigkeit und dem Umstand, dass die Pfullendorfer Firma Extra Games 2016 die Lizenzierung für Sportwetten erhielt und diesen neuen Geschäftszweig nun auch im Amateurfußball bewerben will, verdankt der SCP jetzt einen Vertrag mit dem wohl potentesten Sponsor, den der Verein je hatte.

Die Basis für erfolgreiche kommende Jahre ist trotz des neuerlichen Betriebsunfalls Abstieg also vorhanden. Jetzt müssen Sportchef Hermanutz und Trainer Konrad aber auch zeigen, dass sie die Richtigen sind, um den SC Pfullendorf auf ein angemessenes Niveau zurückzuführen. Bislang sind sie diesen Beweis schuldig geblieben.

Aufrufe: 016.5.2017, 09:05 Uhr
szAutor